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Noch mehr Gewalt, wenn Gott eingreift, Theodizee 3

„Gott rettet den Armen und den Verfolgten.“ So steht es hundertfach in der Bibel. Die Menschen fragen sich aber: Wenn Gott so mächtig und gerecht ist, weshalb lässt er so viel Leid und Elend in unserer Welt zu. Weshalb greift er bei diesem schrecklichen Krieg in Syrien nicht ein. Tausende von unschuldigen Kindern müssen sterben, das Land wird verwüstet. Kulturschätze werden zerstört. Unmenschlichkeit regiert. Was macht Gott? Weshalb schafft er, der so mächtig sein soll, nicht Frieden und unterbindet diese Grausamkeiten?

Was könnte Gott tun?

Wenn ich darüber nachdenke, was Gott tun könnte, fällt mir nicht viel ein, was gerecht wäre. Wie sollte er es machen, dass nur die Schuldigen bestraft werden? Oder wie sollte er verhindern, dass so etwas überhaupt passiert? Wenn er eingreift, wo fängt er damit an? Er müsste auch in den kleinsten Einheiten der Familie eingreifen. Da, wo Ungerechtigkeit, Gewalt und Leid passieren. Er müsste uns ständig vor dem bewahren, was das Leben zerstört. Denn die Grausamkeiten im Kleinen wie im Großen sind Menschenwerk und nicht von Gott gemacht. Die Kriege in der Welt und die Kriege in den Familien, die Gewalt auf der Straße - sie stehen in der Verantwortung der Menschen. Wir haben die Wahl,  nicht Gott. Es ist unsere Freiheit und damit unsere Verantwortung. Denn wenn er eingreifen würde, was wäre dann die Folge: Noch mehr Gewalt?

Er nimmt die Freiheit weg

Gott hat uns in die Freiheit gesetzt und damit auch in die Verantwortung, uns für das Gute zu entscheiden. Das Gute, das dazu beiträgt, dass das Leben unterstützt wird und wir uns als Menschen weiter entwickeln können. Unser Gewissen leitet uns zu erkennen, was dem Leben dient und was es zerstört. Wir sind täglich aufgerufen, uns für das Leben und damit für das Gute zu entscheiden. Dennoch gibt es Entscheidungen gegen das Gute, indem das Leben anderer gemindert wird.
Da wird über Leute schlecht geredet, es werden Autos manipuliert, am Fiskus vorbei die Steuern unterschlagen, Erpressung knebelt so manchen Gaststättenbesitzer, es gibt Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr, Mobbing am Arbeitsplatz, Missbrauch von Kindern, und vieles andere mehr. Müsste Gott da eingreifen?
Er kann gar nicht in unsere unseligen Machenschaften eingreifen, ohne uns der Freiheit zu berauben. Er würde uns entmündigen. Denn mit dem Geschenk der Freiheit ist auch der verantwortliche Umgang mit dem Leben verbunden. Freiheit nicht verstanden als "jeder kann machen was er will", sondern als Notwendigkeit der Wahl. Ich kann mich im Leben zwischen dem entscheiden was das Leben unterstützt aber auch was es vernichtet. Diese Wahlmöglichkeiten setzen voraus, dass ich unterscheiden kann. Wenn es keine Alternative gibt, gibt es auch nichts zu entscheiden, dann bleibt aber auch Entwicklung auf der Strecke.

Wenn Gott in die Freiheit eingreift

Würde Gott jedes Mal eingreifen oder sogar verhindern, dass Fehlentscheidungen passieren, wir würden unsere Freiheit verlieren. Wir würden zu Marionetten Gottes und könnten unsere Selbstbestimmung an den Nagel hängen. Wir würden dann zu Beobachtern unserer inneren Vorgänge, die von jemand anderem gesteuert werden und wären nicht mehr Urheber unserer Handlungen. So mancher könnte sagen, „aber das wäre besser als dieser sinnlose Syrienkrieg, der alles vernichtet“. „Was haben wir von der Freiheit, wenn sie so in Gewalt umschlagen kann“? Ja, diese Äußerung ist sogar verständlich, denn Freiheit ist auch Last, fordert verantwortliches Handeln. Sie fordert von uns, erwachsen zu werden und mit dem Gut der Freiheit so umzugehen, indem wir unsere Freiheit gegenseitig schützen. Würden wir aber dieser Freiheit beraubt, könnten wir unser Leben nicht mehr eigenständig führen. Wir wären am Gängelband. Was wär das für ein Leben?

Gott würde die logischen Konsequenzen außer Kraft setzen

Jede Handlung, jedes Verhalten hat Wirkung, hat Konsequenzen. Beim Kleinkind sind es die logischen Konsequenzen, die dem Kind helfen, sich zu entwickeln und sich in der Welt zurecht zu finden. Auch für die Erwachsenen gilt: Die logischen Konsequenzen sind es, durch die wir Erkenntnisse gewinnen, mit denen wir in dem jeweiligen Ordnungssystem, in dem wir leben, Orientierung finden. Wir erfahren was geht und was nicht geht. Wo wir den anderen in seiner Freiheit eingrenzen, wo wir aber auch für den anderen hilfreich sind. Konsequenzen sind dazu da, um daraus zu lernen.
Fehlen die logischen Konsequenzen in unserem Leben, fehlt auch der Widerhall auf das, was wir tun. Würde Gott die Folgen unseres Verhaltens abmildern oder sogar den ganzen Schaden wegnehmen, gäbe es keine Orientierung, was für das Leben gut ist. Das Böse würde zunehmen. Denn wenn lebensmindernde Handlungen keine lebensmindernden Konsequenzen hätten, dann würde das Böse erst recht um sich greifen. Jeder könnte unbeschadet Gewalt und Grausamkeiten verüben, den Ungerechtigkeiten würden nichts mehr entgegenstehen, ihnen wären endgültig Tür und Tor geöffnet, weil Gott ja verhindert, dass sich Böses auswirkt. Mit seinem Eingreifen würde Gott uns ein Erfahrungsfeld nehmen, das zu unserer Weiterentwicklung unbedingt notwendig ist. Für viele Vergehen haben wir Menschen Gesetze gemacht, die dafür Sorge tragen, dass es Konsequenzen gibt und gerechte Urteile gesprochen werden können. Möglicherweise brauchen wir auch für solche Fälle wie in Syrien ein unabhängiges Weltgesetz, das dann in Kraft treten könnte. Zumindest sind wir Menschen so von Gott ausgestattet, dass es möglich wäre, wenn da nicht das Böse in uns sich immer wieder Bahn brechen würde. Es kann sich Bahn brechen, weil wir wegschauen, nicht unsere Freiheit nutzen, um dem Bösen entgegenzutreten.

Folgerung: Noch mehr Gewalt

Wenn wir von Gott erwarten, dass er das Übel der Welt abschafft, läuft das darauf hinaus, dass die Freiheit abgeschafft wird. Erwarten wir von Gott, dass er die Folgen des Bösen aufhebt, würden noch mehr Gewalttaten verübt und die Unterdrückung noch weiter getrieben. Wir sind als Menschen gefordert, der Freiheit den Tribut zu leisten, indem wir die Verantwortung für unser Tun übernehmen. 

Link:

Wie aus den Übeln in der Welt auf die Nichtexistenz Gottes geschlossen wird



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