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Der Wille hat ein Gewissen

Der Wille treibt uns voran, er formt sogar unsere Person. Damit er etwas wollen kann, braucht er Orientierung, die erhält er nicht allein durch den Verstand, also durch erkennen und Nachdenken, sondern durch das Gewissen, das wie eine Stimme in uns spricht.

Ich bin noch ohne Gewissen in der Welt angekommen

Als Baby habe ich noch kein Gewissen. Ich brauche es auch noch nicht, denn ich bin total abhängig von den Erwachsenen. Sie entscheiden über mich, mein Wohlergehen, mein Überleben. Ich kann mich noch nicht richtig artikulieren, nichts entscheiden, denn dafür müsste ich erst einmal verstehen. Ich weiß auch noch nichts über mich selbst. Ich bin noch ein unschuldiges, allein von seinen Bedürfnissen getriebenes Wesen. Das ändert sich mit meinem älter werden.

Wie kommt das Gewissen zustande?

Erst wenn ich mein Ich zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr entdecke lerne ich zu unterscheiden, zwischen dem was angemessen ist und dem was ich nicht tun soll. Ich kann aber noch nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden, sondern erst zwischen angenehm-hilfreich und unangenehm-widerständig. Ich entdecke aber meinen Willen. Mir wird bewusst, dass ich etwas bewirken, etwas auslösen kann. Ich beginne auch, schrittweise meine kleine Welt zu verstehen, denn meine kognitiven Fähigkeiten entwickeln sich jetzt rasant weiter. Ich frage meine Eltern Löcher in den Bauch, will alles erkunden. Ich bin neugierig. Mit meinen Aktivitäten bin ich mitten im Geschehen. An den Reaktionen anderer spüre ich, dass ich etwas auslöse. Eltern, andere Kinder reagieren auf meine Handlungen oder auch nicht. Durch diese Reaktionen lerne ich mich zu orientieren. Was ist erlaubt was wird sanktioniert. Was kann ich und wo zeigen mir die Umstände oder andere Menschen mir meine Grenzen auf.

Die Wirkung von Handlungen

Die Erkenntnis von Gut und Böse braucht aber immer noch Zeit. Sie entwickelt sich mit zunehmendem Verstand, Erfahrungen und den Reaktionen meines Umfeldes auf mein Verhalten. Irgendwann erkenne ich, dass es Regeln für das Miteinander gibt, die eingefordert werden auch wenn ich sie noch nicht ganz verstehe. Auch spüre ich die Möglichkeit, durch mein Verhalten anderen weh zu tun. Diese Erkenntnis führt dazu, dass ich meine Überlegenheit bewusst einsetzen kann. Da spielt das Gewissen noch eine schlummernde Rolle. Ich brauche nämlich zur Unterscheidung die Fähigkeit mich in den anderen zu versetzen, zu erkennen, dass ich etwas tue, das den anderen in der eigenen Person verletzt.

Martin 2 Jahre spielt im Sandkasten. Dafür braucht er die Schippe von Marion. Sie ist auch erst zwei Jahre. Sie hat die Schippe in Gebrauch, will sie deshalb nicht hergeben und schlägt Martin damit auf den Kopf. Martin hat eine Platzwunde am Kopf und schreit fürchterlich. Er läuft zu seiner Mutter. Diese schimpft mit Marion. Marion versteht zwar, dass sie Martin körperlich verletzt hat, sie sieht ja das Blut, aber sie fühlt sich nicht schuldig, denn es ist ihre Schippe. Sie kann diese Handlung noch nicht auf der ethischen Ebene einordnen. Sie erkennt auch noch nicht, dass Martin als Person in seiner Würde angegriffen wurde.

Emphatische Fähigkeiten ermöglicht die Unterscheidung von Gut und Böse 

Erst wenn ich einen Zugang zu meinem Gegenüber entwickle, mich in den anderen hineinversetzen kann, spüren kann, was ich auslöse. Erst dann kann ich erkennen, dass ich dem anderen nicht nur schade, sondern eine Grenze überschreite. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, dass ich Gut und Böse unterscheiden kann. Es sind die emphatischen Fähigkeiten, die mir helfen, mein soziales Verhalten zu entwickeln, indem ich mein Gewissen ausbilde.
Langsam wird mir deutlich, dass es einen ethischen Grundkonsens für das Miteinander gibt, auf den ich vertrauen kann. Das setzt die Erfahrung voraus, dass der andere mich nicht schädigt, mich nicht verletzt, mich nicht einfach tötet. Von jetzt an bin ich gefordert, mein Verhalten mit meinem Gewissen abzugleichen. Ab jetzt meldet sich mein Gewissen deutlicher, wenn ich etwas tun will was „böse“ ist.  

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