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Frieden mit der Natur materialistisch kaum möglich

Die Menschheit hat sich in Krisen gestürzt, Weltkriege, Finanzkrisen, Gesundheitskrisen. Jedes Mal stand nicht nur die Wirtschaft, oder die Gesundheit aller auf dem Spiel, sondern der Mensch. Die Menschen waren aus diesen Erfahrungen heraus fähig, es anders zu machen. Warum bahnt sich das nach Covid-19 wohl nicht an:

Corona zeigt uns, dass wir vom Biologischen um uns herum abhängig sind. Dieses mit uns Lebendige, ein winziger Virus, geht eine Symbiose mit der von uns entwickelten Technik ein. Covid-19 nutzt unsere technischen Systeme erfolgreicher als wir selbst für seine Verbreitung. Was keine der Finanzkrisen vermochte, das Virus kann unsere ganze technische Welt lahmlegen. Flugzeuge bleiben am Boden, wir müssen Masken tragen und wir betreiben unser Homeoffice. Das Virus, wenn es durch einen Impfstoff in die Schranken gewiesen wird, hat nur unsere Aufmerksamkeit und viel Geld gekostet, sonst lässt uns mit den Fragen von vorher zurück- vielleicht nachdenklicher geworden:
Wie wollen wir damit leben, dass der Krieg zwar in Europa ein Auslaufmodell geworden ist, aber weltweit der Waffenhandel immer lukrativer wird. Dass wir überall auf der Welt Urlaub machen können, ohne zu verhindern, dass der CO2-Gehalt der Luft weiter ansteigt. Wir beliebig viel Geld drucken können, aber spätere Generationen das abbezahlen müssen? Unser Empfinden scheint nicht entscheidend verändert. Es ist schon 5 Jahre her, dass Papst Franziskus ein Lehrschreiben zur Umweltfrage auf den Weg zu den Köpfen und die Herzen gebracht hat. Es traf auf eine große Empfangsbereitschaft. Anderes als andere päpstliche Lehrschreiben fand es weitgehend Zustimmung und hat der folgenden Klimakonferenz Rückenwind gegeben. Diese Konferenz und viel andere enden damit, dass wir, die Menschen es in der Hand haben, etwas zu ändern. Es fehlt aber etwas, das nicht nur zu Beschlüssen, sondern auch zu deren Umsetzung führt

Wir sind die einzigen, die über die Welt bestimmen

Corvid-19 empfinden wir nicht als Schicksal, das uns eine himmlische Macht eingebrockt hat, sondern als Aufgabe, die der Mensch bewältigen muss und das auch kann. Auch für Gläubige muss Gott nicht handeln, sondern nur die Kraft zum Handeln geben. Ähnlich sehen wir es nicht mehr als Aufgabe einer höheren Macht, die Klimakatastrophe abzuwenden. Wir brauchen auch niemanden, denn wir sind diejenigen, die es ändern können. Wir scheinen nicht mehr von der Natur abhängig zu sein, sondern jede Pflanze und jedes Tier muss uns anflehen, noch leben zu dürfen. Es läuft auf unsere Entscheidung zu, wie es mit dieser Erde weitergeht und damit kommt unsere Freiheit neu in den Blick, denn der Verstand hat alles beigebracht, was wir brauchen. Er weiß sehr wohl, zu welchen Entscheidungen sich unsere Freiheit aufraffen muss.

Wir könnten, aber können wir? 

Wir könnten, wenn wir uns tatsächlich unserer Freiheit bewusst wären. Wir könnten unsere Technischen Systeme und die Wirtschaftskreisläufe so umbauen, dass die Schwalben weiter Nahrung finden und die Wale überleben. Die Störche sind ja schon zurückgekehrt. Aber die Bäume brennen weiter, die doch gehegt werden müssten, weil sie am effektivsten das Kohlendioxyd aus der Atmosphäre entfernen. Wir können das weder an Schimpansen weitergeben noch irgendwelche Bakterien oder Viren bitten, den Klimakollaps abzuwehren. Was fehlt uns, dass wir dieses für den Menschen entscheidende Vermögen, Entscheidungen zu treffen, nicht einsetzen?

Die Wissenschaft weiß genug

Wir sind heute in einer anderen Situation als im 14. Jahrhundert die Pest Europa heimsuchte. Damals wussten die Menschen nicht, dass ein Bakterium die Ursache war, welches über Flöhe zum Menschen gelangte. Erst 1894 wurde „Yersina pestis“ identifiziert. Über Covid-19 wussten wir schnell, dass es ein Virus ist, dass dieser einen "Schlüssel" besitzt, um sich Eingang in die Zellen zu verschaffen, um diese für seine Vermehrung umzuprogrammieren. All das und Vieles mehr hat unser Verstand herausgefunden. Seit den babylonischen Astronomen, den ägyptischen Ärzten und Mathematikern, seit der im Mittelalter entwickelten Dreifelderwirtschaft und die Erfindung der Brille haben wir unsere Lebenssituation durch den Verstand ständig verbessert. Bereits im 13. Jahrhundert entwickelten wir die Universitäten als Werkstätten, in denen Wissen generiert wird. Nach dem Ende der Konfessionskriege begann dann der systematische Aufbau der Naturwissenschaften. Alles, was wir wissen müssen, stellt die Wissenschaft bereit. Der Impfstoff gegen Covid-19 ist bereits in der Pipeline. Der Verstand, mit dem wir das alles zustande gebracht haben, ist für die Probleme, gerüstet, wir bleiben aber im "Könnten" stecken. 

Wir können, wenn wir uns dafür frei machen

Unser Verstand reicht offensichtlich aus, um einen Impfstoff zu entwickeln, Demokratie zu betreiben, Atomwaffen zu entschärfen. Aber verfügen wir heute noch über die Gestaltungskraft, z.B. aus Kriegsgegnern eine Europäische Union zu bauen? Die Wurzel der EU war nicht die Wirtschaft, sondern Kohle und Stahl wurden der nationalen Kontrolle entzogen und deshalb der Montanunion unterstellt, damit kein Mitglied dieses Verbundes noch in der Lage ist, seine Rüstungsindustrie hochzufahren, um einen Dritten Weltkrieg vorzubereiten. Das war der am 9. Mai 1950 proklamierte Schumannplan. Eine vergleichbare Behörde, die den Kohlendioxydausstoß reguliert und damit den nicht endenden „Krieg“ gegen das Sterben der Bäume doch beendet, könnten wir haben. Ist das nicht Krieg, wenn in Sibirien und am Amazonas die Wälder abgebrannt werden? Offensichtlich sind wir nicht so frei, den Umbau zu stemmen.

Parlamentarismus und EU versprachen ein Mehr

Als die Adelsherrschaft von den Bürgern abgeschafft wurde und 150 Jahre später die Kriegsgegner ein Europa wollten, dass nicht durch Rüstungswettlauf bedroht wird, war die bisherige Ordnung obsolet geworden. Es gab Aussicht auf Besseres. Das ist im Krieg gegen die Artenvielfalt und die Bäume als Rückverwandler von CO2 nicht gegeben. Die Nachkriegs-Generationen haben hart gearbeitet, um eine funktionierende Technik aufzubauen und den daraus fließenden Wohlstand genießen zu können. Die Vierzig- und Fünfzigjährigen arbeiten sich an den Wünschen ab, die sie selbst als Konsumenten an das Waren-, Reise- und Dienstleistungsangebot haben. Allee unsere Energien fließen doch in die technischen und digitalen Systeme. Dabei kommt uns nicht in den Sinn, dass wir im Krieg mit der Natur stehen und die neue Welt, die aus einem Frieden mit der Natur erwachsen wird, uns viel mehr bietet als dieses technische Gehäuse, in dem wir jetzt leben. Auch deshalb kommt der ökologische Umbau nur schleppend voran, weil die Ökologiepartei nicht mit der Schönheit der Natur winkt, sondern mit Verboten und einer humorlosen Moral.  

Eigentlich hätten die Christen andere Bilder aus ihrer Tradition. Der Garten als Urbild eines friedvollen Zusammenlebens mit der Natur gehört ebenso zu ihrem Inventar wie die Achtung vor jedem Lebewesen. Denn wenn es von Gott geschaffen ist, dann gehört es nicht dem Menschen, er kann es nicht zum Unkraut erklären, ohne den Schöpfer zu beleidigen. Eine Spiritualität, die sich den Frieden mit der Natur widmet, könnte andere Befriedigungen als Konsum vor die Augen der Menschen stellen. Materialismus kann eben nur Materielles versprechen.   

Jutta Mügge zeigt auf, wie Natur "geht": Natur - unser Lebensraum

   

 

 


Kategorie: Analysiert

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