Blick auf Moskau - werden sie in den Krieg ziehen Foto: hinsehen.net E.B.

Putin 3: Russland und die Folgen

Ein Krieg verändert und meist nicht so, wie der Angreifer es sich vorgestellt hat. Der Theoretiker der Kriegsführung Carl v.Clausewitz hat das am Russlandfeldzug Napoleons aufgezeigt. Die Karten werden neu gemischt. Wer zieht den Joker? Was ist heute schon abzusehen, auch wenn alle Überlegungen vorläufig bleiben

Folgen für die Zukunft Russlands
1. Russland wird als bedrohliche Macht aus dem Krieg hervorgehen. Die Chancen, die es aus dem Neuanfang nach dem Ende der Sowjetunion hatte, erhält es nicht so schnell wieder, nämlich die Vorteile, in einer globalen Weltwirtschaft mitzuspielen.
2. Da Russland keine technische Hilfe des Westens erwarten kann und für seine Rohstoffe nur in wenigen westlichen Ländern kaum noch Abnehmer finden kann, wird es auf China angewiesen sein. Das wird eine einseitige Beziehung sein, denn Russland wird nicht auf gleicher Höhe mit China verhandeln können. Es wird in dem Maße auf Einnahmen aus dem Export von Gas und Erdöl verzichten müssen, je mehr die Welt auf Sonnen- und Windenergie umstellen.
3. Der als Föderation strukturierte Staat könnte zerfallen, auch deshalb, weil für die Bevölkerung kein Politiker zu erkennen ist, der das Land zusammenhalten könnte.

Der Bevölkerungsrückgang wird durch den Krieg verstärkt
1. Russland verliert zu viele Menschen. Es sterben junge Männer, die keine Kinder mehr großziehen werden. Da die Soldaten noch vom Rande des Landes kommen, haben diese keine Bedeutung für die Entwicklung der Industrie und des kulturellen Selbstverständnisses.
2. Russland ist ein unterentwickeltes Land. Das Knowhow, welches die Filialen westlicher Firmen mitgebracht hatten, ist wieder abgezogen worden. Russland hat die Erlöse aus dem Verkauf seiner Bodenschätze nicht in die industrielle Entwicklung investiert, sondern in den Konsum. Um im Westen die Parteien zu unterstützen, die durch Nationalismus und Populismus die EU-Staaten schwächen, haben die Geheimdienstler 8 Milliarden Dollar und die Oligarchen weitere Milliarden außer Landes geschafft. Das Ziel, mit dem Geld antidemokratische Parteien zu unterstützen.
3. Die technische und kulturelle Elite hat zu einem guten Teil das Land verlassen. Etwa 300.000 arbeiten jetzt für die Nato-Staaten.

Den westlichen Lebensstil fernhalten
1. Der Einmarsch in die Ukraine hatte auch das Motiv, dem westlichen Lebenskonzept den Einfluss auf die russische Gesellschaft zu verwehren. Diesen Einfluss hätte die politische Elite, faktisch der Geheimdienst, nicht mehr von Russlands fernhalten können, wenn die Ukraine sich endgültig dem Westen zugewandt hätte. Das wird wahrscheinlich auch dann nicht gelingen, wenn Russland die Ukraine unter seine Kontrolle bringen kann. Nicht nur stammen die technischen Verfahren, die Russland unbedingt braucht, bisher aus dem Westen, sondern Putins Oligarchen wollen im Westen leben. Anstatt sich jedoch dort an Start-ups für neue Technologien oder an Fintechs zu beteiligen, haben sie ihr Geld in Segelyachten und Immobilien investiert. Der westlichen Bazillus ist bereits in den Köpfen infiltriert.
2. Die Zustimmung der Russen zu der militärischen Intervention bleibt fraglich, denn erst wenige Russen kämpfen- Wenn der Krieg noch Monate weitergeht, müssen Rekruten aus den Großstadtregionen Moskau und Petersburg eingezogen werden. Diese konnten sich bisher dem Kriegsdienst entziehen. Da mehr Rekruten eingezogen werden müssen, werden die Russen erst dann hautnah mit der Tatsache des Krieges konfrontiert. Jetzt können sie noch den von Armut gezeichneten Randgebieten des Landes und damit meist Mitgliedern sibirischer Völker die Last des Krieges aufbürden.

Russland und die Ukraine
Russland müsste die Ukraine wieder aufbauen. Wenn es diese zur russischen Provinz gewordenen Staat nicht in Armut versinken lassen, sondern für seine Großmachtstellung einsetzen will.

Das Ende der Großmachtambitionen führt zur Abhängigkeit von China
Ohne Hilfe, von außen wird Russland gegenüber dem Westen und China weiter zurückfallen. Da militärische Auseinandersetzungen schon jetzt auch durch Algorithmen entschieden werden, wird Russland gegenüber den Waffen des Westens immer mehr in die Defensive geraten. Schon jetzt ist es in Strategie und Taktik der Ukraine unterlegen. Die Russen werden sich nicht mehr als überlegene Großmacht fühlen können und noch weniger eine Erweiterung des Machtbereiches auf die Größe der Sowjetunion erwarten.

Welche Idee soll die Föderation Zusammenhalten
Eine Großmacht, die keine Idee mehr hat, welche die Bevölkerung zusammenhält, wird allein wegen des Bevölkerungsrückgang zu einer Mittelmacht zurückfallen. Die zu niedrigen Geburtenzahlen werden durch die Kriegsopfer noch weiter zurückgehen.
Hatte die Sowjetunion eine Idee, die eine neue Gesellschaft versprach, scheint das postsowjetische Russland nur die Absetzung vom Westen als Anker seiner Identität zu haben.

Die Folgen für die Orthodoxie
Die meisten Ukrainer gehörten der Kirche mit ihrem Patriarchen in Moskau an. Nur im Westen des Landes gibt es einige Bistümer, die die orthodoxe Liturgie weiter feiern, aber den Papst anerkennen. Dieses Band, das die Völker der Rus, neben der Ukraine auch Belarus verband, ist zerschnitten. Der Anspruch Moskau zum Zentrum der Orthodoxie zu werden, ist zerstöret. Nicht nur die 1918 gegründete Kirche der Ukraine, sondern auch die anderen Kirchen z.B. in Rumänien, werden nicht einen Patriarchen anerkennen, der eine Regierung unterstützt, die ihr Land besetzen könnte. Der Patriarch in Konstantinopel Istanbul bleibt das Oberhaupt der Orthodoxie.

Putin verstehen 1: Warum hat er angefangen
Putin verstehen 2: Warum kein Waffenstillstand
Russland und der Westen

 

 


Kategorie: Verstehen

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