Jeder kann helfen, dass die traumatischen Erfahrungen nicht als dauerndes Trauma die Seele lähmen.
Diese Situation der Zerstörung von Lebenswerken aber auch der Tod von Angehörigen ist so unbeschreiblich tragisch, dass da alle Worte fehlen, die trösten könnten. Noch sind die Menschen jetzt mit Aufräumarbeiten beschäftigt und realisieren erst einmal das, was sie sehen, was sie erschreckt, was sie hilflos oder wütend macht. Sie sehen auch, dass es viele Menschen gibt, die ihnen behilflich sind. Gleichzeitig ist da aber große Angst, Unsicherheit, Hilflosigkeit, Trauer und manchmal auch große Wut in ihnen. Manche sagen aber auch, dass sie garnichts mehr spüren, es in ihnen so leer ist. Für diese Situationen braucht es schnelle Hilfe. Mit jedem weiteren Tag der vergeht, ohne dass sich die inneren emotionalen Bewegungen oder auch die Leere ausdrücken können, graben sie sich tiefer in die Seele ein. Wenn der Aktionismus des Aufräumens dann weniger wird, können sich diese Erschütterungen in traumatischen Reaktionen fixieren. Die Schwere des Traumas hängt von der individuellen Belastbarkeit sowohl körperlich als auch seelisch ab und davon, wie das soziale Umfeld reagiert. Es kann sich in ganz unterschiedlichen Reflexen zeigen. Diese können sich verfestigen, wenn die Hilfe zu spät kommt, deshalb ist schnelles Handeln aber manchmal auch längerfristige Betreuung angesagt. Ein Trauma kann dann den ganzen Körper betreffen. Psychosomatische Reaktionen oder körperliche Schmerzen sind dabei nicht selten. Die Seele schreit, verharrt aber im Schweigen.
Die Seele braucht Hilfe
Nicht nur der Körper braucht jetzt Kleidung, das zerstörte Haus Helfer zum Saubermachen und wieder aufzubauen, auch die Seele, die sich im Schock erst einmal wegduckt, ist schwer verletzt, ohne dass wir es sehen können. Was ist jetzt angesagt?
Notfallseelsorger*innen sind jetzt rund um die Uhr im Einsatz. Achtsame Zuwendung durch Gespräche - die erste Notversorgung. Aber sie können diese Menge an Not nicht alleine auffangen, da braucht es auch Freunde, Nachbarn, gesprächsbereite Menschen, Mitarbeitende in den Kirchen und sozialen Einrichtungen, Psychologen, und Therapeuten, Ärzte, die jetzt gefordert sind, sich für die verletzten Seelen Zeit zu nehmen, damit sie heilen können. Angesagt ist jetzt neben allen anderen Hilfen, einfach da zu sein, mitzufühlen, der Seele die Möglichkeit zu geben sich zu artikulieren. Da ist jemand, der mich mit den Emotionen aber auch dem vielleicht irrationalen Aktionismus einfach aushalten kann. Jemand, der mir keine „gutgemeinten„ Ratschläge erteilt oder mich beruhigen will, dass alles wieder gut wird. Der innere Druck der Betroffenen, die Angst, der Schmerz, die Trauer um Verletzte, Verstorbene oder Vermisste, die Ohnmacht und Wut ist groß und sucht nach einem Ventil. Nicht immer findet der Schmerz einen Weg über Worte nach draußen. Dann verstummt die Seele und taucht in ihr Inneres ab. Bleiben die Gefühle im Verborgenen, treiben sie ihr eigenes Spiel, das sich in einem Trauma verfestigen kann. Der Schmerz kann sich aber auch als Hyperaktivität zeigen, mit der die innere Anspannung erst einmal abgebaut wird. Damit die Seele nicht verstummt, die Emotionen nicht innerlich erstarren und zu einem langfristigen Trauma führen, tut jetzt erst einmal alles gut, was den „Verletzten“ in Bewegung bringt. Ob über Reden oder Tun. Wer Menschen im Leid und Schmerz aushalten, für sie einfach da sein kann, unterstützt die psychische Gesundheit in dieser Katastrophe und verhindert mögliche Traumata. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis sich die verletzten Seelen wieder vertrauensvoll dem Leben zuwenden können. Wir können über unsere finanzielle Unterstützung hinaus einen hilfreichen Beitrag jetzt in der akuten Phase, aber auch noch in den Wochen danach leisten. Seien wir den Katastrophenopfern im Gespräch nahe, damit sie Hoffnung schöpfen können.
Was kann ich tun?
Auch Menschen, die nicht als Notfallseelsorger*innen in Gesprächsführung ausgebildet sind können für andere in der Not Anker werden. Meist haben wir ein gutes Gespür dafür, was gerade dran ist, was geht oder nicht. Der andere soll spüren können, dass er nicht alleine ist, dass jemand da ist, ihm zuhört, die Tränen und den Schmerz über das Unglück aushalten kann.
Anregungen, die für das Gespräch helfen können.
- Nennen Sie Ihren Namen, wenn Sie auf einen Fremden zugehen
- Signalisieren Sie, dass Sie Zeit für diesen Menschen haben, dass Sie ihn unterstützen wollen, dass Sie da sein können, ihm auch zuhören können.
- Wenn noch aktive Hilfe benötigt wird, ist die Brücke schnell für das Gespräch aufgebaut, wenn Sie erst einmal mithelfen.
- Findet das Gespräch direkt statt, lassen Sie den anderen erzählen, ohne zu kommentieren oder Ratschläge zu erteilen, ohne Beschwichtigungen.
- Halten Sie das Schreckliche einfach aus.
- Wenn mehrere betroffene Personen dazukommen, kann das den Einzelnen entlasten, weil es anderen auch so geht.
- Spüren Sie, wie lange Sie im Gespräch sein können, ohne „lästig“ oder zu anstrengend zu werden.
- Wenn Sie sich verabschieden wollen, fragen Sie, ob das für den anderen geht, was Sie noch für ihn tun können. Welche Unterstützung sie ihm noch geben können.
- Vielleicht verabreden Sie sich für den nächsten Tag.
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