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Weite und Wind

Weite, nichts als Weite. Blauer Himmel, große Haufenwolken. Ich radle mit Gepäck. Mein Weg führt mich gerade durch Korn- und Maisfelder. So weit mein Auge schauen kann, sehe ich goldenes Korn und grüne Maispflanzen. Frisst mich die Weite auf? Komme ich noch am Ziel an?

Wo die Felder enden, stehen in der Ferne einige Bäume in kleinen Gruppen. Das Korn kann schon bald geerntet werden. Der Mais braucht noch eine Weile. Kleine Kolben haben sich erst an den Pflanzen gebildet. Grüne Blätter bedecken die Fruchtansätze. Er muss noch ausreifen. Wind erfasst diese weiten Flächen. Die Ähren bewegen sich wellenmäßig. Der Wind beugt sie hin und her. Sie brauchen einen guten Halt im Boden, um von diesem Sturm nicht niedergedrückt zu werden. Auch ich muss mich gut auf meinem Rad halten, ordentlich in die Pedale treten, um gegen diese Kraft, die mich frontal trifft, anzukämpfen. Ich spüre sie auf der Haut, nicht wie ein zärtliches Streicheln, sie zerrt an meinem Gesicht, lässt mich nicht vorwärts kommen. Habe ich genügend Kraft, um die nächste Ortschaft zu erreichen?

Ich komme ja nur langsam voran. Mein Ziel liegt noch 20 km vor mir, um mich herum ist nur Einsamkeit, weit und breit kein Haus, keine Menschen, die mir entgegen kommen. Bevor mich jetzt die Sorge übermannt, mich die Panik überfällt, hier verlassen in der Weite hängen zu bleiben, steige ich erst einmal ab. Ich setze mich auf einen Baumstamm, trinke einen Schluck Wasser, hole tief Luft, schaue den Wolken nach. Ich versuche, mich mit den Figuren zu verbinden. Da segeln Schiffe, Gesichter lachen mich an, Tiere springen aus den Wolken heraus. Sie lassen sich vom Wind treiben, verändern sich in andere Figuren. Ich gleite ein wenig mit ihnen mit. Hätte ich Rückenwind, wäre es für mich auch einfacher. Ich hätte Unterstützung. So muss ich mich innerlich stützen. Ich weiß um meine Kraft durchzuhalten, ähnlich wie die Ähren sich gut verwurzelt haben, um dem Wind Stand zu halten kenne ich auch eine Wurzel in mir, die mir Halt gibt. Der ich vertrauen kann. Ich weiß, wenn ich ein Ziel erreichen will, dass ich auch mit Gegenwind rechnen muss; der Wind mich aber nicht immer mit voller Kraft trifft; Gehölze mich schützen. Es gibt noch Abschnitte durch kleine Wälder, sodass ich durchatmen kann. Um die Kraft für die ganze Strecke zu haben, muss ich elastisch bleiben. Ich nehme meinen ganzen Mut, meine innere Zuversicht zusammen und starte. Ich will ankommen.

Jutta Mügge


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