Dieser Ruf, das eigene Potential, die Talente und Gaben zu entwickeln und in einem Beruf zum Ausdruck zu bringen, spürt jeder von uns in einmaliger Weise. Auch mich hat ein Ruf in meinen Beruf geführt.
Es ist wohl die Einzigartigkeit, die nicht nur in wenigen Menschen, sondern in jedem von uns steckt, die etwas Besonderes aus uns machen will. Folgen wir dieser Herausforderung, spüren wir die Energie, den Willen, die unserem Leben Kraft geben. Das können wir an den Menschen ablesen, die ihre Berufung gefunden und gelebt haben.
Einzigartig soll unser Leben werden
Die Einmaligkeit der persönlichen Qualitäten kann ich nicht nur bei anderen Menschen beobachten, sie steckt auch in mir selbst. Wie kann ich das glauben? Mein Fingerabdruck zeigt mir, dass ich einmalig bin. Mich gibt es nicht noch einmal und jeden anderen gibt es auch nicht noch einmal. Ich finde mich in dieser Milliardenmenschheit mit meiner DNA, meiner Iris und meinem Fingerabdruck so einzigartig vor, dass ich unverwechselbar und damit ein Unikat bin. Milliarden Unikate in unserer Welt. Meine Gene und der Einfluss meiner Erziehung wie meines Umfeldes auf meine Entwicklung haben mich zu der werden lassen, die ich heute bin.
Diese Einzigartigkeit ruft jeden von uns in einen besonderen Lebensauftrag. Ich kann ihn auch Berufung nennen, denn es ist ein besonderer Ruf, mein Leben mit Sinn zu erfüllen. Das Gute von mir in diese Welt zu bringen, um sie ein klein wenig weiter zu entwickeln. Oft entdecken wir schon in ganz jungen Jahren eine besondere Begabung, eine Liebe zu etwas, das wir gerne tun oder für das wir uns mit Engagement einsetzen. Manchmal entdecken auch andere etwas an mir, was sie fördern möchten. Es ist auf jeden Fall ein Anteil in meiner Person, der sich als interessant und spannend zeigt. Es ist das, wofür mein Herz brennt.
Berufung finden
Wenn ich als junger Mensch meinen Beruf wähle, finde ich nicht immer gleich den richtigen Weg. Manchmal muss ich Umwege gehen, lande in einer Sackgasse oder entwickle erst schrittweise meine Vorstellungen, wohin es für mich gehen kann. Wenn ich mich über Jahre schwertue, mein Eigenes zu finden, habe ich vielleicht bei der Suche nicht aufmerksam auf meine innere Stimme gehört, bin meiner eigenen Sehnsucht ausgewichen, weil es mir zu anstrengend schien. Oder ich habe mich durch andere auf Wege führen lassen, die nicht zu dem Ziel geführt haben, wohin mich die Sehnsucht lenken wollte. Ich kann spüren, wenn ich das gefunden habe, was zu mir passt. Denn ein Gefühl von Erfüllung und Zufriedenheit breitet sich in mir aus.
Das Buch von Karl Vogd „Der Traum von Emmaus“ über die Biographie von Karl Rottenschlager erzählt eine solche spannende Berufungsgeschichte, der ich mit großer Aufmerksamkeit gefolgt bin. An dieser Biographie lässt sich gut erkennen, wie sich der Ruf in einem Menschen in Bewegung setzt, wie viele Erfahrungen und Herausforderungen notwendig sind, bis sich dieses innere sichere Gefühl einstellt, das gefunden zu haben was mein Leben erfüllt.
Der Traum von Emmaus
Die Lebensgeschichte von Karl Rottenschlager hat etwas Inspirierendes und für Menschen, die ihre Berufung noch suchen, etwas Ansteckendes.
Der intelligente Bauernbub Karl wächst in einem dörflichen, fast paradiesischen Umfeld auf. Mit 10 Jahren wird er auf Anraten des Pfarrers in Seitenstetten in Österreich in ein Internat eingeschult. Es ist das Gymnasium, das Schüler auf dem Weg zum Priester ausbildet. Hier lernt er als Jugendlicher die Welt und das Leben von einer ganz anderen Seite kennen. Er begreift, wie er sich im Rudel behaupten muss, erfährt, wie sich Ausgrenzung zeigt und anfühlt. Er erkennt, was es braucht, um Frieden zu stiften. Seine Jugend ist bewegt, er ist neugierig, auch rebellisch und an Vielem interessiert. Im Priesterseminar, in das er später überwechselt, stellen sich noch einmal viele neue Herausforderungen, die ihn in viele Fragen und innere Auseinandersetzungen führen. Er will eigentlich nicht Pfarrer werden, denn er spürt den Drang sich ganz aktiv um die Ärmsten der Armen, die Benachteiligten, die „Vergessenen“ zu kümmern, auch um mit ihnen zu leben. Diese Aufgabe findet er dann als Sozialarbeiter in Gefängnissen. Die Erfahrungen, die er in dieser Arbeit mit den Insassen macht, hinterlassen bei ihm die Sicherheit, dass das seine Lebensaufgabe sein muss. Nachdem ihm deutlich wird, dass Entlassene aus Haftanstalten fast keine Chance haben, in ein „normales“ Leben zurückzukehren, entschließt er sich, in der Resozialisierung tätig zu werden, um so die vielen Rückfälle zu reduzieren. Dafür verlässt er die finanziell abgesicherte Anstellung im Gefängnis und verwirklicht mit Unterstützung anderer seine Berufung. Dieser Weg ist steinig, schwierig und hat wenig Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Er braucht viel Kraft und Durchhaltevermögen, um das Projekt auch in der Krise weiter zu betreiben. Er hält durch und schafft es, die kleine Familiengruppe, mit der er begonnen hat, weiter zu entwickeln. Noch heute existiert die St. Pöltner Emmausgemeinschaft mit vielen unterschiedlichen Niederlassungen, in denen benachteiligte Jugendliche, Frauen und Männer Heimat finden.
Der Traum von Emmaus
Ein Leben für Haftentlassene und Benachteiligte
Autor: Eine Biographie von Karl Vogd über Karl Rottenschlager
Verlag Tyrolia
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