Kraniche; Foto: Mathias Wosczyna

Zugvögel

Großes Geschrei am Himmel. Ich kenne es aus vielen vergangenen Jahren. Das hört sich nach Wildgänsen oder Kranichen an. Erstaunt denke ich: "Ihr seid spät dran - beeilt euch".

Hunderte von Zugvögeln kreisen über mir im Rheintal. Aus allen Himmelsrichtungen stoßen neue Grüppchen dazu. Jetzt müssen Sie sich neu ordnen. Wie ein großer Wirbel am Himmel sieht die Ordnungssuche aus. Es ist genial wie sie sich verständigen, wie sie ihr Sozialsystem organisieren, wie sie mit den Stärken und Schwächen der Gemeinschaft umgehen. Sie nutzen im Flug den Windschatten der anderen, wechseln sich an der Führungsspitze ab, geben sich gegenseitig Informationen, wenn es um "Landung" geht. Wenn es Kranke oder Schwache gibt, die das Tempo der großen Gemeinschaft nicht halten können bilden einige "Starke" einen kleinen extra Trupp und nehmen die Schwachen in ihre Obhut. Ich schaue ihnen aufmerksam zu, wie sie ihre neue Ordnung herstellen. Da ist ein ständiges Durcheinander, das ich nicht durchschaue aber am Ende stehen drei lange Einsen für den Weiterflug. Es scheint ein effektives Kommunikations- und Verständigungssystem bei Ihnen zu geben.

Ich spüre so etwas wie Dankbarkeit, dass ich wie in vielen vergangenen Jahren ihre Durchreise miterleben darf. Als ihre Schreie in der Ferne verklingen, bleibt aber auch Nachdenklichkeit zurück. Das Sozialsystem dieser Vögel ist so vorbildlich, es beschämt mich geradezu, wenn ich mir so manche Schwachstellen in unseren menschlichen Gruppierungen vor Augen halte. 



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