In mir spielt eine ganze Musikgruppe. Es gibt unterschiedliche Stimmen, die in mir den Platz besetzen, um sich bei Gelegenheit zu artikulieren. Damit das Orchester gut zusammenspielen kann braucht es einen Dirigenten, der sich in den verschiedenen Stimmen auskennt. Je besser ich mich in meinen inneren Stimmen und Anteilen zurechtfinde, desto harmonischer kann sich meine Person entwickeln.
Mein inneres Team gerät aus dem Takt
Wer von einer schweren Krankheit wie z.B. Krebs betroffen ist, gerät meistens an seine psychische Belastbarkeitsgrenze. Wir werden mit unserer Verletzlichkeit und Endlichkeit konfrontiert. Der Schreck sitzt tief, die vermeintliche Sicherheit, die wir bis dahin spüren konnten, gerät ins Wanken. Unsere inneren Anteile, die uns psychisch meist stabil halten, geraten dann ins Ungleichgewicht. Es sind viele verschiedene Anteile in uns, die jetzt alarmiert werden.
Dagmar Kumbier nennt diese Anteile Mitglieder des inneren Teams. Das Modell des inneren Teams bezieht sich auf Außen wie auf Innen. Wie wir in einem Team unseren eigenen Platz, brauchen, so braucht auch das innere Team den Ausgleich, die Balance aller Anteile, damit wir ausgeglichen leben können. Deshalb braucht jedes Mitglied des inneren Teams seinen eigenen Platz, seine Berechtigung und Würdigung. Kommt das System durch ein lebensbedrohendes Ereignis aus dem Gleichgewicht, kann sich ein traumatisches Erlebnis einstellen. Es springen dann die verschiedenen Anteile in uns an. Da gibt es den Leugner, den Ängstlichen, den Verweigerer, den Selbstbeschuldiger, den Hilflosen und viele mehr. Unsere Reaktionen, wie unsere Handlungsfähigkeit oder Ohnmacht werden durch die Zusammensetzung des Teams bestimmt. Je nachdem, wer sich von diesen Anteilen in uns durchsetzt, bestimmt unser Handeln. Je besser wir uns in unseren eigenen psychischen Möglichkeiten auskennen, desto eher erkennen wir, wer in uns in der Krise die Richtung vorgibt.
Teamoptimierung für den Heilungsprozess
Die Autorin, die als Psychotherapeutin arbeitet, beschreibt in ihrem Buch die verschiedenen Team-Konstellationen, die Muster, die entstehen und ihre Auswirkungen auf den Heilungsprozess.
Aber nicht nur der Kranke oder Traumatisierte ist von seinem inneren Team bestimmt, sondern ebenso Angehörige und Freunde. Die Autorin beschreibt auch die typischen Konstellationen im inneren Team von Partnern oder Freunden. Sie zeigt Wege auf, die therapeutisch möglich sind.
Viele Beispiele erhöhen den Nutzen des Buches
Die vielen Fallbeispiele und Geschichten von Patienten, sowie die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Krebserkrankung machen das Buch sowohl für Fachkräfte interessant wie auch für diejenigen, die sich mit ihren psychischen Prozessen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit auseinandersetzen wollen. Für Berater kann auch die Beschreibung der Therapeuten-Perspektive von Interesse sein. Die konkreten praktischen Handlungsbeispiele sind anregend und sehr verständlich beschrieben. Der Autorin geht es um Ressourcenorientierung, damit die konstruktiven Anteile aktiviert werden, um so die Heilungsprozesse deutlicher zu unterstützen.
Leseempfehlung
Dieses Buch ist interessant für alle, die sich in einer Krankheitskrise befinden, die sich für ihre inneren Prozesse interessieren, die sich als Angehörige mit Distanz und Nähe auseinandersetzen wollen, um einen guten Weg zur Begleitung zu finden. Ebenso ist es für Therapeuten und jene, die mit krebskranken Menschen arbeiten, lesenswert. Für mich hat dieses Buch aber auch noch einen weiterführenden Aspekt. Auch als gesunder Mensch ist die Auseinandersetzung mit dem inneren Team eine wertvolle Aufgabe, denn sie kann mir Erkenntnisse eröffnen, die mich innerlich weiter bringen. Ich kann meine inneren Vorgänge besser kennenlernen, mich besser verstehen.
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