Als Kind entwickle ich schon Wertvorstellungen
Ich weiß schon früh, was mir wichtig ist. Wenn ich zwischen 2 und 3 Jahre alt bin, formt sich mein Ich, meine Identität bildet sich aus. Ich erkenne mich als Individuum mit einem eigenen Willen, mit Vorstellungen, die ich vielleicht erst einmal von anderen abschaue, die sich aber in meinem eigenen Erfahrungsfeld bewähren müssen, damit ich sie für mich übernehmen oder verändern kann. Ich spüre, dass ich ein ganz eigenes Wesen bin. Mit meinem Willen kann ich mein kleines Ich in diesem Leben einsetzen, kann mich durchsetzen oder auch scheitern. Ich besetze einen ganz eigenen Platz in meiner Familie, im Kindergarten und der Schule. Ich erfahre und lerne daraus, was geht oder auch nicht geht und spüre so meine Grenzen. Damit bilden sich meine Wertvorstellungen Schritt für Schritt heraus. In diesem Mit- und Gegeneinander spüre ich, wo meine Interessen sitzen.
Menschen, die etwas zu sagen haben
Es ist die erste Phase, in der ich mich mit Autoritäten anlege, deshalb sind Berufe mit Uniform, wie Polizist oder Schaffner, für mich anziehend. Sie haben etwas zu sagen, besitzen offensichtliche Autorität. Aber auch Berufe, in denen das geschieht, was ich mit Baukästen und Legosteinen selbst ausprobieren kann, sind attraktiv. Ich kann etwas Sichtbares herstellen, konstruieren, meine technischen Fähigkeiten entwickeln. Die Puppenstube ist für mich anziehend, weil ich hier meine soziale Ader einüben kann. Ich kann das Erwachsenenleben nachahmen, meine Beziehungsfähigkeit ausbilden, meinen Blick auf andere richten. Der Kaufladen zeigt mir meine Vorlieben für Kaufen und Verkaufen, vielleicht sogar für spätere Selbstständigkeit. Mit allen diese Erfahrungen ahne ich, für was sich mein Einsatz lohnen kann. Als Kind kann ich diesen Prozess noch nicht beschreiben, aber in meinem Innern entsteht etwas. Es verankern sich bereits jetzt schon bestimmte Werte, die mir wichtig sind, auf die es mir in meinem Leben ankommen wird.
Begabungen und Talente zeigen sich schon früh
Je älter ich werde, desto mehr füllt sich meine kleine Persönlichkeit mit weiteren Erfahrungen. Wie komme ich mit meinen Eltern klar, mit welchen Freunden geht es gut, mit welchen gerate ich immer in Streit? Habe ich in meiner Kindergruppe etwas zu sagen oder laufe ich nur mit? Welche Aktionen kann ich durch meine Fähigkeiten nach vorne bringen? Wann spüre ich meine Defizite? Für was erfahre ich Lob und Anerkennung? Auf was reagieren Menschen bei mir? Unterschiedliche Erfahrungen ermöglichen mir, mich immer wieder neu wahrzunehmen. Ich kann spüren, wie ich wirke, wann man mich ablehnt, wofür mein Herz schlägt. Ich kann entscheiden, womit und mit wem ich mich beschäftigen will. Was sich im Spiel zeigt, ist nicht zu unterschätzen, denn in ihm konzentrieren sich oft bestimmte Talente, die sich ausbilden wollen. Wenn Eltern aufmerksam hinschauen, können sie die Vorlieben schon früh entdecken.
Die Pubertät setzt alles wieder in die Frageform
Spätestens in der Pubertät wird das alles durcheinander gewirbelt. Das, was mir vielleicht bereits ziemlich deutlich war, gerät jetzt ins Wanken. Ich zweifle an meinen Möglichkeiten, lege mich mit Eltern und anderen Autoritäten an, suche nach Auswegen. Die Umstrukturierung meines Gehirns stürzt mich in viele Unsicherheiten. Oft weiß ich jetzt überhaupt nicht mehr, was ich wollen könnte, außer, dass ich es nicht so machen will wie meine Eltern. Ich weiß nur, was ich nicht will, nämlich weniger Festlegung, möglichst keine Verantwortung, mein Handeln nicht ständig rechtfertigen müssen, nicht ständig was tun müssen, eigentlich will ich nichts Konkretes. Vieles nervt mich einfach nur. Ich gehe in den Rückzug oder lege mich mit Autoritäten an. Diese Phase ist für Eltern nicht zu unterschätzen. Sie ist deshalb wichtig, weil ich in der Abgrenzung zu meinen Eltern und anderen Autoritäten, die mich beeinflussen wollen, meinen Weg finden muss. Es soll ja mein Weg werden, nicht ein Abklatsch von anderen. Je nachdem, wie lange ich mit dieser pubertären Phase zu kämpfen habe, desto länger dauert auch mein Entscheidungsprozess, welchen Lebensweg ich einschlagen will.
Vorbilder oder Begleiter
Welch‘ ein Glück, wenn ich Menschen begegne, die mir durch ihr Handeln als Vorbild dienen oder die mich durch schwierige Zeiten hindurch begleiten. Ich möchte nicht zu etwas gezwungen werden, ich brauche keinen, der mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe, sondern Menschen, die mit mir zusammen auf Spurensuche gehen. Ich möchte meine Gaben und Talente entdecken, ihnen näher kommen. Dafür brauche ich Ermutigung, mich auf den Weg zu machen. Freunde können mir erst dann helfen, wenn sie selbst schon durch diese Phase durch sind, ihren Weg gefunden haben, denn dann hat sich ihr Blick bereits geweitet. Wenn sie selbst noch unentschieden sind, sind sie meist weniger hilfreich. Manche Clique, in der ich meine Heimat zu finden meine, ist geradezu gefährlich für mich, weil sie mich von meinem Lebensweg eher wegbringt als hinführt. Menschen mit Lebenserfahrung, die mich nicht ausnutzen wollen, haben oft genug emotionalen Abstand. Sie können klarer, realistischer auf mich schauen. Würde sich die Schule mehr dafür einsetzen, dass ich später mit dem Gelernten auch etwas anfange, könnte ich mich besser entscheiden. Ich spüre, dass ich für meine Lebensentscheidung persönliche Reife brauche, damit ich zu Entschlusskraft komme. Kluge Großeltern können mich durch Zuhören und weniger durch Ratschläge dabei unterstützen.
Ich wachse aus den Jahren der Unruhe heraus
Mit der Möglichkeit, mein Leben zu reflektieren, auf das zu schauen, was ich gerade tue, komme ich in eine neue Lebensphase. Jetzt wäre es gut, wenn ich mich an etwas oder jemandem orientieren könnte. Ein Vorbild, das mir hilft, auf meine Gaben zu schauen. Ich merke nämlich, dass es Zeit wird, mich wieder auf etwas auszurichten, das meinen inneren Grundwerten entspricht. Ich suche ja nach meinem Platz im Leben. Wenn es niemanden gibt, der mir hilft, mich zu orientieren, muss ich diese Arbeit alleine machen. Ob alleine oder mit einem Gesprächspartner, ich kann mich an das erinnern, was mich schon als Kind fasziniert hat. Ich bin ja durch die Pubertät nicht ein ganz anderer Mensch geworden. Meine Wertvorstellungen sind mir nicht abhanden gekommen. Ich habe mich durch diese Phase mitgenommen. Ich kann mir vieles aus meiner Kindheit zurückholen.
Wenn sich im Laufe des Berufsweges Fragen melden
Im Berufsleben geht es erst einmal darum, mir einen sicheren Stand zu schaffen. Da ich mit meinen Neigungen vermutlich noch nicht auf Anhieb das gefunden habe, was mich für immer zufrieden stellt, sollte ich die bisherigen Erfahrungen auswerten, damit ich mich noch tiefer in dem verorte, was ich wirklich will. Auch muss ich mir ja erst einmal eine Existenz aufbauen, damit ich mein Leben finanzieren kann. Irgendwann, oft erst nach Jahren, meldet sich eine zunehmende Unzufriedenheit oder das Gefühl der Langeweile. Oder es liegt etwas vor meinen Füßen, das ich nur nehmen muss. Dann ist es Zeit, mich wieder auf meine inneren Werte und meine ureigenen Begabungen zu besinnen, um zu überprüfen, wofür ich eigentlich angetreten bin.
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