Ohne Wandel keine Entwicklung
Wir entkommen dem Wandel nicht. Das können wir an vielen Beispielen erkennen. Es bleibt nichts wie es ist. Die Medizin, die Technik, die Umwelt, das Klima, die Architektur, die Kultur, etc…jeder Lebensbereich ist davon betroffen. Wenn Wandel, dem wir uns nicht entziehen können, allerdings Sinn machen soll, muss aus ihm etwas hervorgehen, was uns Menschen dient, unseren Alltag unterstützt, unser Dasein menschlicher macht, uns eine Perspektive eröffnet.
Jeder Wandel verwandelt nämlich die bestehende Ist-Situation. Manches muss ich einfach hinnehmen, anderes fordert meine geistigen Fähigkeiten, meine Phantasie, meine körperliche Fitness, um diesen Umbruch zu gestalten, ihm eine Richtung zu geben, die im Neuen Gutes ermöglicht.
Das klingt erst einmal ganz plausibel und jeder kann diese Gedanken sicher nachvollziehen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass ich den Wandel über mich ergehen lasse. Deshalb verlangt der Wandel meine besondere Aufmerksamkeit und auch Wachsamkeit, damit ich mitkriege, ob die Veränderung tatsächlich etwas Gutes hervorbringt bzw. ich nicht im „Alten“ stecken bleibe und den Anschluss verpasse. Deshalb braucht jeder Wandel Gestaltung und Weitsicht, um die Konsequenzen abschätzen zu können.
Wandel kann zerstören
Leider führt nämlich nicht jeder Wandel zu einer Verbesserung unseres Daseins. Wir sehen das gerade an vielen Beispielen, dass Wandel auch Gefahren mit sich bringt. Die Digitalisierung führt zu neuen Formen von Mobbing und Desinformation. Die Technik überhaupt hat einen grundlegenden Wandel der Lebensverhältnisse herbeigeführt, der sich zu einer lebensbedrohlichen Klimakrise entwickelt hat. Das zeigt, dass jeder Wandel besonders wegen seiner Risiken einer bewussten Gestaltung bedarf. Das gilt auch für unseren Körper.
Unser Körper ist auch vom Wandel betroffen
Jeder Wandel außerhalb von uns erfordert auch einen Wandel unserer Person. Wenn dieser nicht gestaltet wird, führt er notwendigerweise zu Krisen. Unsere Person ist nämlich von Anfang an auf Veränderung und damit auf Entwicklung angelegt. Diese ermöglicht Wachstum und beginnt bereits bei der Zeugung. Als Kind bin ich darauf angewiesen, dass ich in ein Umfeld hinein geboren werde, das meinen Wandel, meine Entwicklung aktiv gestaltet, Beziehung zu mir aufnimmt, mich ernährt, mit mir redet, mir Möglichkeiten eröffnet, die meine Entwicklung unterstützen. Wir kennen aus den Erfahrungen, die René Spitz beschreibt, dass Kinder, die nur ernährt werden, aber keine persönliche Ansprache erleben, sterben. Deshalb sind bestimmte Bedingungen mit denen ich dann als Heranwachsende den Wandel gestalte, notwendig. Jede Herausforderung, jede neue Aufgabe, jede Veränderung in den verschiedenen Phasen meines Lebens sollen mich wachsen lassen. Damit ist immer auch eine Gestaltungs-Aufgabe verbunden, die bis ins hohe Alter gilt. Mit dieser Aufgabe betreibe ich auch die Einzigartigkeit meiner Person, bilde das in mir aus, was in mir steckt. Wir kennen das aus den verschiedenen Lebensphasen. Ich baue meinen beruflichen Werdegang auf, gründe mit einem Partner bzw. einer Partnerin Familie, gestalte die Erziehung der Kinder und stelle mich den Herausforderungen im Beruf. Irgendwann gehen die Kinder aus dem Haus und ich selbst in Rente. Bis dahin habe ich bereits viel in meine Entwicklung, in die Individualität meiner Person investiert. Mit dem Eintritt ins Pensionsalter hört aber die Gestaltungsaufgabe nicht auf, denn der Wandel, den das Alter herbeiführt, braucht weiter unsere Aufmerksamkeit.
Auch das Alter gestalten
Eine ganz neue Gestaltungsaufgabe stellt mir das Alter. Mit zunehmender körperlicher Veränderung muss ich meine Aufmerksamkeit nicht nur auf den körperlichen, sondern auch auf den geistigen und seelischen Wandel richten. Im Alter besteht der Wandel darin, mein Leben altersgerecht auszurichten. Von manchen Sportarten muss ich mich deshalb verabschieden, aber nicht mit dem Ziel nichts zu tun, sondern Alternativen zu entdecken, damit ich körperlich fit bleibe. Ich habe mich vom Skilaufen und Tennisspielen verabschiedet, weil beide Sportarten meinem Rücken nicht mehr guttaten. Dafür mache ich Nordic-walking, fahre Fahrrad, gehe schwimmen und mache Yoga. Jeder kann da seinen Vorlieben und Möglichkeiten entsprechend entscheiden, wie er seine Beweglichkeit im Alter erhalten will. Auch wenn ich viel für meinen Körper tue, habe ich keinen unbegrenzten Einfluss auf meine Gesundheit. Es kann jeden Tag etwas geschehen. Deshalb ist es hilfreich, die letzte Phase meines Lebens nicht auszublenden, sondern mich auch auf geistiger und seelischer Ebene damit zu beschäftigen.
Geistiger und seelischer Wandel im Alter
Der Wandel, der sich im Alter auf meiner geistigen und seelischen Ebene einstellt, erfordert von mir eine Vorstellung und Entscheidung, wie ich meine letzten Jahre verbringen will. Es geht auch darum, wie ich mich auf den endgültigen Wandel vorbereite, der als Tod auf mich zukommt. Denn das Zugehen auf den Tod, selbst im Pflegefall, heißt nicht, dass ich die Zeit bloß noch ertragen muss, sondern sie geistig und seelisch gestalte, um den Tod nicht einfach zu erleiden. Voraussetzung für diese Auseinandersetzung ist sicher erst einmal die Akzeptanz, dass sich mein Leben auch im Alter in einem Wandlungsprozess befindet, den ich aktiv gestalten und nicht nur hinnehmen soll und ihm sogar etwas abgewinne.
Folgende Fragen stehen zur Entscheidung:
- Habe ich eine Vorstellung davon, was ich mit meinem Leben noch „anstellen“ kann?
- Wie will ich alt werden?
- Womit kann ich meinen Lebensabend inhaltlich gestalten, um mich auch intellektuell zu fordern?
- Wie will ich leben und wohnen, damit ich mich noch lange selbstbestimmt und eigenständig versorgen kann?
- Was soll geschehen, wenn ich zum Pflegefall werde? Will ich das selbst entscheiden oder überlasse ich das anderen?
- Womit will ich mich beschäftigen, um nicht mit zu großer Angst auf die letzte Wandlung, die mit dem Tod auf mich zukommt, zuzugehen?
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