Wir warten - an der Bushaltestelle, auf dem Bahnsteig, im Wartezimmer des Arztes, in der Dauerschleife bei Institutionen, an der Kasse des Supermarktes, am Aufzug in die 13. Etage, an der Fähre, wenn ich den Rhein überqueren will, auf Post, die sich verspätet oder einen Rückruf …. Wir verbringen viel Lebenszeit und sind dabei noch angespannt.
Zum Warten von außen gezwungen
Warten macht mich nicht selten nervös, vor allem, wenn ich es eilig habe oder pünktlich irgendwo ankommen muss. Vor allem dann, wenn ich meinen Tag gut durchgeplant habe und feststellen muss, dass ich die Planung nicht einhalten kann, weil mich das Warten von außen fremdbestimmt. Alles gerät ins Rutschen. Da greift etwas auf meine Zeit zu, die mir begrenzt zur Verfügung steht. Dann stresst mich die Aussage am Bahnsteig „Zug hat 20 Minuten Verspätung“. Das bedeutet ja meistens, dass ich den nächsten Anschluss nicht mehr erreiche. Ich spüre Druck und meist Unmut in mir aufsteigen und denke: „Wärest du doch besser mit dem Auto gefahren.“ Obwohl ich mit dem Auto nicht verhindern kann, dass ich in einen Stau gerate, der mich auch zum Warten zwingen wird. Warten erleben wir eher als unangenehm, unproduktiv, sinnlose Zeitvergeudung, obwohl wir jeden Tag in Wartesituationen geraten. Ich müsste mal die Minuten zusammenrechnen, die ich pro Woche mit Warten verbringe.
Warum macht Warten Stress
Warten bedeutet ja meist, dass etwas nicht in Ordnung ist. Entstehen Fehler im System, führt das zu Wartezeiten. Das löst sofort unterschiedliche Gefühle aus. Das kann von Unsicherheit, Ohnmacht, Ärger, bis zu Angst gehen, vor allem, wenn ich keine Orientierung bekomme, wie lange ich warten muss. Da entstehen Phantasien, wenn der Freund sich verspätet und keine WhatsApp schickt, der Besuch, der sich angemeldet hat, nicht eintrifft … Immer dann, wenn das Warten damit verbunden ist, dass etwas von außen auf uns zukommt und uns nötigt, steigen diese Gefühle in uns auf. Unsere Wartetoleranz ist oft nicht sehr hoch auch deshalb eingeschränkt, weil wir es gewohnt sind, dass alles verfügbar ist, schnell erledigt wird, die Kontrolle über unsere Zeit wir selbst bestimmen wollen. Fremdbestimmtes Warten macht eher unruhig, nervös und stresst mehr als wenn ich mir selbst eine Wartezeit einräume.
Warten bietet Chancen
Fremdbestimmtes Warten muss aber nicht immer stressig sein, sondern kann mir auch Zeit schenken. Ich kann nicht nur mich in Geduld üben und zu innerer Ruhe finden. Ich kann zwar die Situation, die von außen auf mich zukommt, nicht ändern, aber ich kann auf mich achtgeben, dass meine Emotionen nicht auch noch gegen mich arbeiten. Geduld, Ruhe und Achtsamkeit sind Kompetenzen, mit denen ich Resilienz, meine Belastbarkeit entwickeln kann, um auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben. Resilienz ist eine Qualität, die mir auch die Fähigkeiten ermöglicht, einen klaren Kopf in wirklich gefährlichen Situationen zu behalten. Warten, das ich mir nicht selbst verordne, gibt auch die Möglichkeit, meine Aufmerksamkeit auf etwas Anderes zu lenken als das „Warteereignis“. Ich kann lesen, mir Gedanken über das machen, was als nächstes ansteht, stricken, schreiben oder das Telefonat führen, das ich sowieso heute noch führen möchte. Ich kann Aufgaben erledigen oder mit anderen reden. Mit diesem Blickwechsel verliert das Warten seine unguten Gefühle. Ich kann die Zeit einfach für mich nutzen, um weniger in die Stressfalle zu laufen.
Warten, das ich mir selbst verordne
Manches Warten verordne ich mir selbst, damit ich zu besseren Ergebnissen komme. Warten können und nicht gleich handeln müssen, hat oft etwas Fruchtbares. Ich kann Entscheidungen besser durchdenken, weil ich überlegter in eine Sitzung gehe, bei Veränderungen nicht nur aus dem Bauch handle, sondern meinen Kopf einschalte. Die Qualität meines Handelns verbessert sich, wenn ich nicht immer gleich spontan reagiere. Manches braucht sowieso seine Zeit, um „reif“ zu werden, nicht nur der Hefeteig, der aufgehen soll. Einiges kann sich auch unter der Wartezeit von selbst erledigen.
Warten auf Weihnachten
Jetzt im Advent warten wir auf Weihnachten. Besonders für Kinder ist dies eine aufregende Zeit, mit Spannung nach dem Christkind Ausschau zu halten. Für uns Erwachsene ist der Advent keine Wartezeit, weil wir viel erledigen wollen oder müssen und es schwerfällt, sich ein adventliches Warten zu „gönnen“. Ein Warten, das mich einlädt, es mir in meinen vier Wänden gemütlich zu machen, zur Ruhe zu kommen, zu meditieren und mich sogar mit den tieferliegenden Fragen des Lebens, des Glaubens, den Perspektiven zu beschäftigen. Mich einlassen auf diese Gedanken, Unterstützung finden in den Texten der Bibel, das Ereignis der „Geburt Christi“, sein Kommen in diese Welt, sein Dasein und Wirken neu zu erfassen und zu verstehen, was es für unsere Zeit bedeutet. Sein Handeln und die damit verbundenen Werte für unser Handeln in der Welt und den Umgang miteinander sind Wurzeln, aus denen sich gelingendes Leben und Gemeinschaft speist.
Wir warten nicht nur auf das Weihnachten 2025, sondern dass die Friedensbotschaft endlich Wirklichkeit wird und die Söhne und Töchter nicht mehr in den Krieg geschickt werden. Aber es gab auch schon früher einen Herodes.
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