Foto: hinsehen.net E.B.

Um 17h ist es dunkel, aber noch nicht Abend

Gegen 16.45 fängt es an dunkel zu werden. Für mich fühlt sich das so an, als sei der Tag bereits zu Ende, aber da fehlen noch mindestens drei Stunden, die mit etwas Sinnvollem gefüllt werden wollen.

Kein Ritual im Lockdown für die Vorabendzeit

Bis zur Zeitumstellung waren meine Tage bis in den Abend hinein gut gefüllt. Es gab immer noch Arbeit im Garten. Solange es hell ist, spüre ich Energie, auch Neues in Angriff zu nehmen, etwas konkret anzupacken, sogar mich für eine neue Idee einzusetzen. Zu dieser Zeit bin ich noch fit und agil. Allerdings schwindet diese Dynamik bei mir, sobald es dunkel wird. Ich schalte dann auf Schongang, denke, dass der Tag zu Ende ist. Aber es ist ja gerade mal 17.00. Bis zum 21.12. geht die Sonne noch früher unter. Für die dunklen Stunden im Winter habe ich für den Lockdown noch kein Ritual entwickelt, wie ich den Übergang vom Dunkelwerden bis zu den Nachrichten um 20.00, gestalten kann. Da entsteht ein leerer Raum, der nach sinnvollem Inhalt schreit. In den Wintern vor Corona war ich zu dieser Zeit oft noch unterwegs bei Freunden, in der Sauna, beim Sport, zum Spielen oder zu Events. Das geht jetzt alles mit Corona nicht mehr. Wenn ich für diese Zeit keine Alternative entwickle, kann ich mich nur noch vor die „Glotze“ hocken oder mir aus der Mediathek Filme einspielen.

Gut, dass es das Fernsehen gibt

Ich will das Medium nicht schlechtmachen, denn da gibt es viele interessante Sendungen, die mich auch interessieren, von denen ich profitiere, die mich aber zugleich in die Passivität drängen, wenn ich mich verleiten lasse, auch noch meine frühen Abendstunden vor der Kiste zu verbringen. Es reicht schon, dass die späteren Stunden damit gefüllt werden. Natürlich ist es auch einfach, mich vom Fernsehen unterhalten zu lassen, denn die Sendungen und Filme decken meine Leere zu, der ich mich eigentlich intensiver widmen könnte, um aus meiner Kreativität heraus sinnvolle Beschäftigungen zu entwickeln. Beim Fernsehen machen die anderen die Arbeit. Ich brauche nur die Fernbedienung einzuschalten und mich durch das Programm zu zappen. Irgendwann lande ich schon bei einem Beitrag, der mein Interesse weckt. Und bin ich erst einmal in diesen Strom eingetaucht, wird es immer schwieriger für mich, daraus auszusteigen. Es kann auch sein, dass ich Serienfreak werde, der keine Sendung ausfallen lassen kann. Im schlimmsten Falle gehen dann Stunden vor diesem viereckigen Kasten dahin. Die gezielte Auswahl von Filmen, Dokumentationen oder Nachrichten hat sich dann erübrigt. Dann passiert es auch, dass ich vor der Kiste schon mal einschlafe.

Mit Ritualen die Leere füllen

Ich muss im Augenblick fast jeden Tag überlegen, was ich mit der Zeit des Dunkelwerdens anfange. Ich brauche dafür Rituale, die mir Kontinuität ermöglichen. Rituale, die ich verbindlich einhalte, die sich auch immer wieder wiederholen. Denn wenn ich jeden Tag neu entscheiden muss, was ich in dieser Zeit machen könnte, vertrödle ich viel zu viel Zeit mit Nonsens. Rituale helfen mir, mit meiner Lebenszeit gut umzugehen, sie sinnvoll zu nutzen. Das gelingt mir mit dem Yoga am Montag, mit dem ich meinen frühen Abend strukturiere. Auch der Dienstagabend ist mit einem regelmäßigen Online- Treffen mit einer Freundin gut gefüllt. Wir nutzen das Medium für unseren Austausch aber auch zum Spielen. So bleiben wir auch in der Coronazeit in gutem Kontakt. Aber da sind immer noch fünf Tage, an denen die späten Nachmittage sinnvoll gefüllt werden wollen.

Muss es immer sinnvoll sein?

Mein Anspruch, dass ich die Zeit immer mit einer sinnvollen Beschäftigung füllen muss, ist möglicherweise auch überzogen. Aber ich habe von Klein auf gelernt, dass ich mit meiner wertvollen Lebenszeit nicht „schludrig“ umgehen darf. Das sitzt als Anspruch ziemlich tief in mir. Deshalb habe ich in den letzten Tagen ab und an versucht, mich wieder mit dem Klavier anzufreunden. Ich hatte ja als Kind vier Jahre Unterricht, so dass ich nicht ganz bei Null anfangen muss. Jedoch merke ich beim Spielen, dass mir die Bassnoten nicht mehr so vertraut sind. Ich brauche dringend ein paar Stunden Unterricht, um mich wieder neu zu orientieren, damit ich auch die linke Hand ins Spiel bringen kann. Mal sehen, ob ich mich dazu aufraffen kann. Lesen, Stricken, Nähen gehen natürlich auch immer, aber wenn es dunkel wird, sind auch diese Beschäftigungen anstrengend und triste. Ich könnte die Skype Termine und Telefonate mit meinen Freund*innen in diese Zeit legen. ….

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Kategorie: Verstehen

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