Georgskirche Nördlingen, Foto: hinsehen.net E.B.

Traut nicht jedem Geist

Unsere Welt wird von betriebswirtschaftlichen Überlegungen und von dem, was die Wissenschaft herausfindet, bestimmt. Auch wenn diese Welt funktioniert, es liegt noch etwas darunter, was wir kaum logisch analysieren, aber spüren können. Da gibt es viel Positives aber auch Destruktives.

Den Geist kann ich spüren

Wenn ich spazieren gehe oder in meinem Garten zur Ruhe komme, kann ich etwas spüren, das ich nicht sehen kann. Es ist eine Kraft, eine Energie, die von dem Lebendigen um mich herum ausgeht. Von den Pflanzen mit ihren leuchtenden Blüten, den singenden Vögeln, den saftigen Bäumen in ihrem dunklen Grün. Ich stehe oft davor und versuche mich in diese Pflanzen einzufühlen, mitzubekommen, was sie ausmacht. Sie strömen etwas aus, das mein Herz weitet. Ich erlebe diesen unsichtbaren Strom als guten Geist, der aus den Lebewesen fließt. 

Der Geist, der Leben will

Wie in der Natur spüre ich diesen Geist auch zwischen Menschen. Er ist im Miteinander gegenwärtig. In der Begegnung mit anderen schwingt dieser Geist hin und her. Nicht immer bin ich so aufmerksam dafür, dass ich ihn bewusst wahrnehme. Aber wenn ich mich dafür offenhalte, spüre ich ihn, wie einen Film der unter dem, was ich sehe und erlebe, mitläuft. Der Film ist weniger eine Abfolge von Bildern, sondern zeigt mehr Farben und Schwingungen, die ich bei mir als Gefühle oder Reaktionen auf der Haut spüre. Ich fühle Akzeptanz oder Ablehnung, unverfälschte Freude oder Lüge. Ich spüre, ob es Wohlwollen gibt, ob Liebe im Spiel ist, ob ein Boden von Vertrauen oder Misstrauen entsteht, ob dieser Geist, der sich gerade zeigt, Freiheit ermöglicht oder verhindert. Bei Konflikten spüre ich, ob Versöhnung möglich wird, ob in dem, was zwischen mir und anderen schwingt ein Geist der gegenseitigen Achtung herrscht.
Wenn ein guter, konstruktiver Geist herrscht, fühle ich mich sicher, ich kann mutig sein und mich aussetzen. Ich kann mich zeigen, ohne Angst zu spüren.

Der destruktive Geist

Ich kenne aber auch anderes. Fehlt Achtung zwischen mir und anderen, spüre ich einen unguten, einen vernichtenden Geist, werde vorsichtig und ängstlich oder auch mein eigener destruktiver Geist wird angestachelt. Ich spüre ihn in solchen Situationen als Kälte oder Hitze, die Ablehnung oder Aggression als enorme Energie. Ein anderer destruktiver Geist arbeitet mit Lüge und will verführen. Spüre ich diesen Geist im Miteinander muss ich mich entziehen. Manchmal merke ich das aber viel zu spät.

Die Geister genauer anschauen

Ich bin mir nicht immer sicher, welcher Geist gerade am Werk ist. Manchmal werde ich auch überrumpelt und merke erst hinter her, was da geschehen ist, was ich mit mir habe machen lassen, was ich vielleicht auch selbst verursacht habe, und wo ich mich nicht vom „Guten Geist“ habe leiten lassen.
Die Geister sind offensichtlich nicht gleich erkennbar. Es gibt Situationen, da fühlt sich eine Begegnung erst ganz gut an, es scheint so als gäbe es eine gemeinsame Wellenlänge. Aber mit der Zeit verändert sich dieser Eindruck, ich werde unsicher, spüre, dass da etwas nicht stimmig ist, ohne dass ich es bereits erklären könnte. Ich werde dann vorsichtig, verliere das Vertrauen in den anderen. Hat sich da ein guter Geist verkleidet? Da kann sich das Blatt dann ganz schnell wenden.
Auch in mir kann sich ein Geist breitmachen, der die destruktive Seite in mir aufruft. Ich bin nicht davor gefeit, dem Einfluss der „bösen Geister“ zu verfallen. Ich kenne Aggression und Wut in mir, die sich liebend gerne entlastet. Da muss ich schon manchmal aufpassen, dass ich nicht einfach verbal „zuschlage“ sondern erkenne, wer mich gerade „reitet“. Es ist nicht nur eine Frage der Unterscheidung der „Geister“ sondern auch der inneren Achtsamkeit. Denn der destruktive Geist schleicht sich manchmal in einem anderen Gewand ein, ohne dass ich es direkt bemerke.

Wie kann ich den konstruktiven Geist erkennen?

Der gute Geist lässt sich daran erkennen, dass er zum Wohle der anderen und in mir wirkt. Er fühlt sich warm, aufmerksam, liebevoll, nachsichtig an. Er führt zur Wahrheit, zum Frieden, zur Freude, zum Trost, zu Liebe und Wohlwollen, zu Barmherzigkeit und Demut.
In einem Team kann ich ihn daran erkennen, dass er zu konstruktiven Ergebnissen führt. Auch wenn an einem Sachthema gearbeitet wird, liegt darunter Energie, die fühlbar ist. Wird die Energie durch Konkurrenz, Rivalität oder Besserwisserei bestimmt, wird es schwierig. Wenn kein guter Geist herrscht, kommen wir nicht zu fruchtbaren und erfolgreichen Entschlüssen. Es hakt dann. Ist ein konstruktiver Geist unter uns, der das gemeinsame Ziel trotz unterschiedlicher Auffassungen und Argumente im Blick hat, gehen manche Dinge wie von selbst. Termine lassen sich schnell finden, es gibt keine unfruchtbaren Diskussionen um Kleinigkeiten, es geht nicht um persönliche Eitelkeiten. Bei grundsätzlichen Fragen wird nicht ständig gestritten, sondern es wird aufeinander gehört und miteinander gerungen und abgewogen.
Der Geist, der Kreativität lässt freie Äußerungen zu, als ob er auf das Charisma der Einzelnen setzt. Dieser lebensförderliche Geist ist sowohl ein Geist der Individualität wie der Gemeinschaft, weil er die Freiheit und die Einsatzbereitschaft des Einzelnen für das Wohl der anderen will. Ich kann spüren, dass ich mit anderen auf dem Weg bin, ich fühle, wie meine Person in einer Gruppe Platz bekommt und so wachsen kann. Ebenso kann ich spüren, wenn mir der Platz verwehrt wird, wenn ich mich unterdrückt fühle oder ich als Person nicht gewollt bin. Dann ist ein anderer Geist am Werk.

Wie zeigt sich der destruktive Geist?

Ich kann dem konstruktiven Geist folgen aber auch dem destruktiven Geist verfallen. Ich kann Hass und Misstrauen säen, kann Menschen verletzen, beobachten, kontrollieren, bewerten, einengen. Ich muss das noch nicht einmal offen tun. Es reicht schon, wenn ich es nur denke. Wenn ich mich so verhalte, dann macht sich um mich herum kein guter Geist breit. Auch über andere schlecht zu reden, sich selbst zu erhöhen, indem man andere abwertet, Konflikte nicht offen klärt, sondern hinten herum weitergibt, ruft den destruktiven Geist auf den Plan. Es entsteht Ausgrenzung, Ablehnung, Krieg. Die Energien führen nicht mehr zu einem konstruktiven, lebensförderlichen Miteinander.
Auch wenn die Menschen, über die hintenherum geredet wird, nicht anwesend sind, der destruktive Geist wirkt auch auf Distanz. Er wirkt im Untergrund solange bis der ungute Geist identifiziert, also entmachtet wird. Kann dieser ungute Geist sich aber weiter entfalten, zerstört er Gemeinschaft wie Beziehung.

Diese mehr spürende Wahrnehmung spielt im Zwischenmenschlichen die entscheidende Rolle. Allerdings wird ihr viel zu wenig Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Wir verlassen uns viel mehr auf das „Wissenschaftliche“. Das heißt nach neueren Erkenntnissen der Hirnforschung auch, dass wir mit der linken Hirnhälfte unsere wichtigen Lebensfragen zu lösen versuchen. Die rechte Hirnhälfte ist jedoch offener, bezieht Erfahrungen ein, aktiviert damit mehr Hirnareale und ist der eigentliche Zugang zu unseren Gefühlen, Intentionen und zum Religiösen. Deshalb spricht man auch von Spiritualität, Sanctus Spiritus wird der Heilige Geist im Lateinischen angeredet.

Hinweis: Was die Hirnforschung zu der Wahrnehmung der Geist-Bewegungen herausgefunden hat, findet sich hier: "Religion braucht die rechte Hirnhälfte"

Der Geist wird im Bild des Windes erfasst, das Segel, so die symbolische Rede, soll den Geist auffangen. Oben beschreibt Jutta Mügge, wie man den richtigen Wind herausspührt. Im Bild des Segelbootes hat sie in 5 Beiträgen beschrieben, was für die Fahrt über das Meer des Lebens noch notwendig ist, um Kurs zu halten. Hier zur Überblicksseite mit den Links: Mein Lebens-Schiff


Kategorie: Verstehen

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