Kormoran Foto: hinsehen.net E.B.

Stimmen in mir, die mich bewegen

Wir kennen sie alle, die verschiedenen Stimmen in uns. Manchmal sind sie leise, wie ein leichter Wind. Dann überhören wir sie auch schon mal. Ab und an sind sie aber auch so drängend und aufdringlich, dass wir nicht an ihnen vorbei kommen. Warum müssen wir auf sie hören?

Die Stimmen wollen uns aufmerksam machen, uns etwas mitteilen, mit uns reden. Sie kommen aus unserem tiefen Seelengrund. Sie wollen mir die Augen für etwas Neues öffnen, wecken mich aus meinem Alltagstrott. Sie bringen Unruhe in mein Leben, geben keine Ruhe, bis ich mich ihrer annehme. Ich spüre, dass diese Stimmen etwas Wichtiges mit mir vorhaben. Meist melden sie sich, wenn etwas ansteht, eine Veränderung, eine Entscheidung in meinem Leben notwendig wird.
Manchmal gibt es auch einen Anstoß von außen, der mich zwingt, etwas näher in den Blick zu nehmen. So wie ich aus einer Predigt die Frage nicht losgeworden bin „wofür bin ich auf dieser Welt“.

Die Stimmen versprechen Neues

Ich kann dann in mich hineinhören, ob sich Stimmen melden. Denn wenn die innere Stimme in mir aktiv wird, will sie etwas von mir. So wie wir unseren Lebensauftrag über diese inneren Bewegungen erkennen können, haben wir auch die Möglichkeit mit den Stimmen zu rechnen, wenn etwas Neues ansteht. Meist treiben sie uns in eine Entscheidung. Das verlangt abzuwägen.
Manchmal trage ich mich tage-, wochen- oder auch monatelang mit einem Impuls herum, der aus meiner Seele aufgestiegen ist. Er drängt sich mir geradezu auf. Lässt mich nicht los. In der Nacht, wenn ich zur Ruhe komme, meldet er sich und kann mir den Schlaf rauben. Tagsüber, wenn ich in Aktion bin, kann ich gut darüber hinweg hören. Da ist so viel, das mich ablenkt. Wenn ich dann aber wieder in der Ruhe bin, taucht die Stimme wieder auf, ich werde unruhig. Wenn ich gelernt habe, auf diese inneren Stimmen zu hören, bin ich eher neugierig, wohin sie mich lenkt. Die Stimme fordert mich heraus, mehr auf etwas hinzuschauen, vielleicht sogar zu einer Entscheidung zu kommen.

Wo kommen diese Stimmen her? Wieweit kann ich ihnen trauen?

Wir haben eigentlich meistens eine Ahnung davon, wenn eine Stimme uns wohlgesonnen ist. Wir wissen intuitiv auch, was richtig oder falsch ist, wenn sich das Gewissen meldet. Aber da scheint noch eine andere Ebene eine Rolle zu spielen. Ich habe noch eine Aussage einer Witwe im Ohr: „Mir war irgendwann klar, dass ich das Haus gegen eine Wohnung austauschen musste. Es war kein Zufall, dass die Wohnung, die sich mir anbot, so gut zu mir passt. Da hat noch etwas anderes mitgewirkt, hat mich jemand geführt, begleitet.“ In vielen Alltagserfahrungen haben wir doch manchmal das Gefühl, dass nicht wir sie hergestellt haben, sondern dass da Dinge passieren, die nicht von unserem Machen herkommen können. Es gibt so Situationen in denen plötzlich viel mehr möglich war, als wir uns je erträumt hätten.

In unser Leben spielt noch eine andere Macht hinein

Kommen die Stimmen, die uns zu Veränderungen drängen, vielleicht aus dem unbedingten Größeren in uns? Leiht uns das Größere seine Stimme? Macht es uns aufmerksam auf das, was wir tun sollen?
Wir kennen von den Berufungsgeschichten, dass Menschen die Stimme Gottes gehört haben. In der Bibel ist es z.B. der kleine Samuel. Er wurde dreimal in der Nacht gerufen. Zuerst dachte er, es sei sein Herr und Erzieher. Dieser erkannte, dass Samuel von der Stimme Gottes gerufen wurde. Noch fast ein Kind wurde Samuel zum Propheten berufen. 1 Samuel 3,1-21
Sind wir für solche Erfahrungen innerlich aufmerksam und offen? Kann ich mir das vorstellen, dass Gott mich ruft? Wenn ja, wie unterscheide ich den Ruf Gottes von den vielen anderen Stimmen in mir?  Denn es gibt ja auch Stimmen, die mich von meiner Weiterentwicklung abhalten wollen.

Die Gegenstimmen in mir

Es sind die Bedenkenträger in mir. Wenn ich mich für das Thema „wofür ich auf dieser Welt bin“ interessiere, weil ich mich mehr mit der Sinnhaftigkeit meines Lebens beschäftigen will, dann kann es Stimmen in mir geben, die sagen „Ach, lass es! Die Frage ist sowieso zu schwierig, da findest Du keine Antwort darauf. Du hast so viel anderes zu tun, das lenkt dich nur davon ab.“ Wenn dann in solchen Situationen auch noch Stimmen von außen meine inneren Bedenkenträger unterstützen, werde ich verunsichert. Auf was kann ich mich denn verlassen? Wie finde ich heraus, welcher Stimme ich folgen kann?
Die Gegenstimmen in mir wollen mich nicht unbedingt immer abhalte, sondern mich auch manchmal nur auf die Realität verweisen, mich vor vorschnellen Entscheidungen bewahren, mich vor Überlastung oder Gefahr warnen.
Es können aber auch Gegenstimmen sein die sich aus meiner charakterlichen Schattenseite hervorwagen, um auch mal zum Zuge zu kommen. Wenn ich mich zum Beispiel mit einem Freund zerstritten habe, meine innere Stimme mir sagt „versöhne dich“, dann kann die stolze, eher unversöhnliche Seite in mir sich melden und dagegen arbeiten: „Du hast den Streit nicht verursacht. Wenn du den ersten Schritt machst, dann machst Du dich klein. Das hast du doch nicht nötig.“
Oder: Ich bin eigentlich entschlossen, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen, habe schon alles ziemlich gut durchgedacht. Da meldet sich meine Unsicherheit, meine Angst zu versagen, den Schritt auch zu gehen, weil ich das ja sowieso nicht schaffe. Wenn ich nicht genügend Vertrauen in mein neues Projekt habe, dann kann mich diese Stimme so verunsichern, dass ich den Mut nicht aufbringe, das Projekt zu starten. In dieser Situation wäre es gut, wenn ich noch einmal darauf schauen könnte, von wo am Beginn die Energien gekommen sind welche Stimme mich dazu ermutigt hat. Wenn es ein Ruf des Größeren in mir war, dann hat dieser die Energie freigesetzt, mit der ich mich auf das Projekt einlassen konnte. Die Energie, die mich für das Projekt motiviert, macht mich lebendig, wach und hell. Die Energie, die blockiert, spüre ich eher dumpf und dunkel. Sie macht mich nicht frei, sondern blockiert mich durch Angst und drängt mich so in die Passivität.

Die Gegenstimmen verhindern nämlich die Verwirklichung meiner Berufung. Sie arbeiten eher gegen mich als dass sie mich unterstützen. Deshalb ist es wichtig, die Stimmen in uns zu identifizieren, welche Tönung sie haben und ob sie mich in eine größere Freiheit führen.
ich kann einer Stimme folgen, wenn sie mich innerlich ruhiger werden lässt, wenn ich lebendiger bin, inneren Ausgleich spüre, wenn ich aktiv werde. Freude kommt dann auch daher, dass ich mich als Person gefragt fühle und nicht nur in meiner Funktion. Ich spüre dass es mit meiner Entwicklung weitergeht, dass ich eine größere Perspektive gewinne. Oft nehme ich wahr, dass ich nicht alleine auf dem Weg bin, sondern einer mit mir geht.



Kommentare (1)

  1. Ulrike Wilden-Dellgrün am 26.03.2018
    Wunderbare Anregung für die Osterwoche, für den
    nahenden Frühling und überhaupt für das Achtsam sein auf „die inneren Stimmen“.
    Merci

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang