Foto: Jutta Mügge

Silvesternacht – Aussöhnung mit 365 Tagen

Für mich ist Silvester ein Tag, an dem ich etwas melancholisch werde. Da geht ein Jahr mit 365 Tagen einfach zu Ende. Das hat zwei Seiten. Erstens ist es wieder einmal viel zu schnell vergangen, zweitens ist es ungewiss, was das neue Jahr alles bringen wird. Was wird passieren, mit welchen Menschen werde ich zu tun haben, wie wird sich mein eigenes Leben weiterentfalten? Was wird politisch geschehen, wie wird es überhaupt weitergehen?

Ein Jahr voller Katastrophen

365 Tage liegen hinter mir und uns allen- mit vielen unterschiedlichen Ereignissen. Das Jahr war voll von Katastrophen, Kriegen, politischen Missständen. Aus den Medien kamen selten gute Informationen, die mich hätten aufbauen können. In Gesprächen waren diese negativen Themen oft im Vordergrund. Schlechte Nachrichten hinterlassen eine ungute Grundstimmung, sie fressen so viele Energien auf, dass ich mich kaum traue, mich an den eigenen kraftspendenden Erfahrungen zu erfreuen. Kann ich mich freuen, wenn es in der Welt so gruselig zugeht?

Wird Dankbarkeit ein Fremdwort?

Irgendwann stimme ich vielleicht sogar noch in die latente Unzufriedenheit unserer Gesellschaft mit ein. Rede nur noch davon, was alles nicht funktioniert. Meckere an jeder nur erdenklichen Stelle. Dabei kann ich ganz schnell das Gespür für Dankbarkeit verlieren. Dankbar, dass ich seit über 70 Jahren in einem Land ohne Krieg leben darf, in einem funktionierenden Gesundheitssystem, dankbar für das viele Gute, das ich jeden Tag erfahre, dankbar dafür, dass ich 365 Tage in 2018 Leben „erleben“ durfte. Wenn ich mein Augenmerk auf das Gute in meinem Leben lenke, und dafür sogar danken kann, speist sich meine Seele mit Wohlwollen. Ich spüre eine innere Freude, vielleicht sogar mit Liebe verbunden, so dass auch andere davon angesteckt werden. Das Gute ist Seelennahrung, es macht mich erträglicher.

Das Jahr verarbeiten

Für mich wie für jeden von uns war das Jahr gespickt mit persönlichen Ereignissen, mit Begegnungen, die mich innerlich angerührt haben. Ich musste Herausforderungen bestehen, nach einer schwierigen Operation wieder auf die Beine kommen. Ich habe schöne Reisen gemacht, neue Menschen und Kulturen kennen gelernt. Ich bin Menschen begegnet, die mich unterstützt haben, mit denen ich Seelenverwandtschaft spüren konnte.
Jetzt am Jahresende möchte ich mir Zeit nehmen, mein Jahr noch einmal anzuschauen, Begegnungen deutlicher zu erfassen, Ereignisse zu verarbeiten, dss Geschene tiefer zu verstehen. Das Gute will ich in meinem Seelenhaus bewahren. Dafür brauche ich Zeit, Ruhe, Meditation. Seit vielen Jahren verbringe ich deshalb die Silvesternacht zu Hause, um mein Seelenhaus aufzuräumen, Altes, Verbrauchtes zu entsorgen, Platz zu machen für die nächsten 365 Tage.

Mich dem Neuen Jahr zuwenden

Damit ich dem Neuen Jahr eine Chance gebe, sich neu und frei zu verwirklichen, hilft es mir, auf das alte Jahr, seine Ereignisse, Begegnungen, Erfahrungen zurückzublicken. Ich schaue auf das, was ich erlebt habe, was mir begegnet, was mir widerfahren ist, was mir geschenkt wurde oder ich verschenkt habe - aber auch auf das, was für mich im letzten Jahr schmerzhaft war.
Eine Baumscheibe mit ihren Jahresringen ist Anregung, mich mit den unterschiedlichen Bewegungen in mir auseinander zu setzen. Auf dem Foto sind noch die feinen Jahresringe, die unterschiedlichen Verfärbungen und Einbuchtungen zu sehen. Sie zeigen, wie Einflüsse von außen ihre Spuren hinterlassen. Der Ast reagiert in seiner Entwicklung darauf. Auch meine Entwicklung wird durch äußere Einflüsse, Ereignisse und Menschen gefordert und beeinflusst. Ich frage mich:

  • Welches Ereignis, welche Begegnung ist für mich erinnerungs-wert geblieben und hat mir Auftrieb gegeben?
  • Was hat mir einen neuen Horizont eröffnet?
  • Was hat mir Kraft gegeben?

Wenn ich mich damit ausreichend beschäftigt habe, blicke ich auf das

  • Was mir in 2018 nicht so gut gelungen ist,
  • Was ich unversöhnt liegengelassen,
  • Was ich noch nicht abgeschlossen habe.

Ich frage mich auch manchmal, welche Konsequenzen ich aus dem einen oder anderen Erlebnis ziehen soll. Alles schwingt hin und her wie in einer Wasserschüssel, die ich von rechts nach links  bewege.
Die Reise durch mein Seelenhaus in der Silvesternacht ist spannend und wohltuend. Gleichzeitig entsteht große Dankbarkeit.

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Kategorie: Verstehen

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