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Sexualität "macht" noch keine Partnerschaft

Liebe in Sexualität und Partnerschaft, so die Reihenfolge, die der Synodale Weg zugrunde legt. Sexualität also vor Beziehung. Das entspricht überhaupt nicht der katholischen Konzeption. Nicht Sexualität, sondern die gegenseitige Achtung ermöglichen Liebe. Jutta Mügge zeigt aus ihrer langjährigen Beratungspraxis, wie Sexualität in Partnerschaft eingebettet werden kann.

Erotik ist am Anfang bestimmend.

Erotische Anziehung ermöglicht die Aufmerksamkeit für den anderen am Beginn einer Beziehung, die in der Sexualität ihren Ausdruck finden kann. Sie ist in jungen Jahren meist verknüpft mit „Verliebtsein“. Wenn „Verliebtsein“ sich in tiefe, verlässliche Liebe wandeln soll, kann die Beziehung nicht nur auf die Sexualität setzen. Denn Sexualität verliert durch Gewöhnung und mit dem Älterwerden an emotionaler Bedeutung. Damit ist sie eine Ausdrucksform, die aber nicht auf Dauer die Beziehung tragen kann. Wird die Sexualität als bestimmendes Beziehungsbindeglied an die nächste Generation vermittelt, wie im Synodalen Weg beschrieben, ist die Gefahr groß, dass junge Menschen auf eine falsche Fährte gelockt werden. Denn es ist nicht der Sex, der Liebe „macht“, sondern die achtsame, zärtlich gestaltete Sexualität, die keine Gewalt und keine Perversitäten kennt.

Es ist Achtung des anderen

Es geht in einer Partnerschaft um die gegenseitige Achtung, den würdevollen Umgang miteinander, die Wertschätzung dessen, was der andere aus seiner Person macht. Wie sie sich im Laufe der Jahre durch die Unterstützung des anderen entwickelt, wie aus diesem Menschen die Talente, Begabungen zur Entfaltung kommen und sich in einzigartigen Qualitäten bündeln. Der andere wird zu einem Unikat, das nicht austauschbar ist. Das weckt auch die Bewunderung für den anderen. Ein wichtiges Grundgefühl für Liebe. Das Gegenüber bleibt spannend und attraktiv, wenn es sich entwickelt. Diese Bewunderung eröffnet einen direkten Zugang zur Liebe, hat aber erst in zweiter Linie mit Sexualität zu tun Es sind eher die Erfahrung von Eigenständigkeit, gegenseitiger Achtung, Verlässlichkeit, Wertbewusstsein und Zufriedenheit, die die Partnerschaft tragen als die erotische Anziehung. Bleiben die Partner in der Dynamik, sich zu entwickeln, sind sie füreinander immer wieder eine Überraschung. Entwickeln sich die Partner zu reifen Personen, bleibt auch die Bewunderung.

Zufriedenheit: Nicht durch den Partner

Für eine liebevolle Partnerschaft gilt auch, dass jeder für seine Zufriedenheit sorgt und sie nicht an den anderen delegiert. Das bedeutet, offene Gespräche zu führen, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu kennen, sie in Worte bringen zu können, damit sie mit dem anderen ausgehandelt werden. Das ist nicht immer einfach, denn jeder von uns hat seine destruktiven, vernichtenden „Waffen“, mit denen er den anderen treffen kann. Nicht nur mit Worten, sondern durch das Verhalten. Gerade in der Sexualität sind Verletzungen nicht selten. Deshalb muss Kommunikation bewusst gestaltet werden, um würdeloses Verhalten zu vermeiden. Das hat auch direkte Folgen für die Sexualität denn auch da gibt es Verletzungen und Fehlformen, wenn die Partner die gegenseitige Achtung nicht mehr aufbringen können

Sexualität ist sehr gefährdet, sie braucht ein Wertegerüst

So wie Kommunikation gestaltet werden muss, damit sie gelingt, braucht auch die Sexualität Gestaltung. Es kann nicht darum gehen, dass sich nur einer in der Sexualität durchsetzt und damit den anderen für seine Befriedigung missbraucht, seine Machtbedürfnisse im Sex auslebt. Damit beide in Zufriedenheit kommen, braucht es Austausch, wie auch den Blick auf einen würdevollen Umgang mit dem anderen und die eigene Sexualität. Die Missbrauchsskandale haben ja gezeigt, wie verheerend missbräuchliche Sexualpraktiken sind. Sie geschehen nicht nur zwischen Erwachsenen und Kindern, sondern auch zwischen Eheleuten. Es gibt krasse sexuelle Praktiken, die nicht nur die Achtung des Anderen verletzen, sondern zugleich die eigene Selbstachtung untergraben. Da fehlt es an würdevollem Umgang mit sich selbst wie mit dem anderen. Diese Sexualität zerstört eine verlässliche Grundlage für Liebe und Partnerschaft. 

Bezogen auf pädophil orientierte Menschen kann nicht nur gesagt werden, dass die Würde der missbrauchten Kinder verletzt wird, sondern die Täter auch die eigene Würde vor sich selbst vernichten. Das zeigt sich daran, dass sie aus Scham nicht in der Lage sind, zu ihren Taten zu stehen. Gerade an dem pädophilen Missbrauch wird die zentrale Bedeutung der Würde des anderen für eine humane Gestaltung der Sexualität deutlich: Würde, die Achtung verlangt auch die Würde des Täters.

Das Synodendokument Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft

Kritik der Vorlage des Synodalen Weges
Der Synodale Weg lässt den Missbrauch liegen
Sexualpapier des Synodalen Weges – ein Verriss
Sexualität – Energiequelle des Religiösen?


Kategorie: Verstehen

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