Wir sind wieder auf dem Weg durch den herbstlichen, aber noch nicht sehr bunten Wald. Im Gehen suchen wir nach den "Schätzen in unserem Lebensacker". Dafür braucht es Fragen, die uns zu den Schätzen führen. Es sind keine alltäglichen Fragen, denn um sich damit zu beschäftigen brauchen wir Zeit und Muße. Unser Alltag ist viel zu unruhig. Wir finden die Konzentration bei einer Wanderung. Wir gehen wie immer erst versunken in unseren eigenen Gedanken, damit jede sich auf ihre Schatzkiste konzentrieren kann.
Der Wald führt ins Leben ein
Obwohl die Bäume noch viel grünes Blattwerk haben, ist unser Weg bereits mit einer dicken Schicht gelber, roter, brauner Blätter bedeckt. Der Herbst zeigt seine ersten Spuren. Unsere Schritte rascheln durch dieses etwas feuchte Laub. Es riecht ein wenig modrig. Kindheitserinnerungen tauchen in mir auf, sie zeigen mir den Weg zu einigen meiner Schätze. Erfahrungen mit der Natur haben mich in jungen Jahren nicht nur inspiriert, sondern auch in meinem Zugang zur Welt geprägt. Ich konnte in dem Lebensraum Wald, der mich als Kind umgab, viele Seiten in mir entwickeln, die mich auch heute noch ausmachen. Es sind Fertigkeiten in mir gewachsen, die mich für sichtbare manchmal aber auch unsichtbare Phänomene der Natur beziehungsfähig machten. Ich spüre große Nähe zu der Lebendigkeit der Natur. In ihr spiegeln sich auch meine spirituellen Sehnsüchte.
Durch Erfahrungen lernen
Die Sonne ist heute ein wenig geizig, dennoch fällt genügend Licht durch die Baumkronen. Wir gehen mit ruhigen Schritten. Ich lasse mein Leben weiter an mir vorbeiziehen. Menschen tauchen auf, die mich darin unterstützt haben, meine Perlen im Acker zu entdecken und auch zu heben. Sie haben mich ermutigt, an meine Fähigkeiten zu glauben, sie haben mich gestärkt für die vielen Aufgaben, die sich mir in den Weg stellten. Sie gehören zu meinen Schätzen in der Truhe.
Natürlich fällt mein Blick auch auf diejenigen, die mich behindert, verletzt, mich ausgegrenzt, mir nichts zugetraut haben. Doch ich weiß heute, auch sie waren notwendig, damit sich so manches in mir überhaupt erst entwickeln konnte. Ich kann nämlich auf so manchen Schatz schauen, der erst aus schwierigen Situationen entstanden ist oder gerade deshalb.
Als wir uns unsere Schätze gegenseitig erzählen, zeigt sich auch bei den anderen, dass sich die schwierigen Situationen, die sie im Leben aktiv angenommen haben, zu wertvollen Schätzen entwickeln konnten. Keine ist an diesen belastenden Erfahrungen zerbrochen. Wir spüren, dass wir uns rüsten können, dass wir es bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand haben, Schätze im eigenen Leben zu sammeln. Sie tragen uns auch durch schwere Zeiten.
Die Perle in der Muschel
Die Perle, die sich in der Auster entwickelt, ist ein eindrucksvolles Symbol. Denn wenn Perlen in Austern entstehen, geschieht das als Abwehr gegen einen Fremdkörper. Ein kleines Sandkorn, oder Steinchen, - also eine Störung – kann die Innereien der Muschel verletzen. Sie schützt sich vor der Verletzung, indem sie alle Energie freisetzt, den Fremdkörper mit Perlmutt zu ummanteln, um ihn in eine glänzende, nicht mehr bedrohliche Perle zu verwandeln. Auch in unserem Leben entwickeln sich Schätze manchmal aus Situationen, die schmerzhaft und ausweglos erscheinen.
Berufung
Wir erkennen in den gegenseitigen Erzählungen, dass die wertvollsten Schätze in uns diejenigen sind, die sich in unseren Begabungen zeigen. Die Verwirklichung der eigenen Berufung, der persönlichen Talente sind es, die uns ausmachen, die jede von uns zu einem Unikat machen. Da gibt es künstlerische, musikalische Begabungen, aber auch ganz anderer Art, wie wir sie in dem Evangelium von den Talenten finden können. Aber da sind auch die Menschen, die wir geboren haben, die Freunde, die uns ans Herz gewachsen sind, ohne die wir „arm“ wären. Wenn sich das Eigene im sozialen Verbund mit anderen ausdrücken kann, gewinnt es Bedeutung, weil es geteilt wird. Auch die Perlen entwickeln als Kette eine besondere Ausstrahlung.
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!