Wach im Kopf
Wie unbeschwert habe ich mich doch als junge Frau bewegt. Da konnte ich Treppenstufen überspringen, ohne mir den Fuß zu verknacksen, das jährliche Sportabzeichen ohne großes vorheriges Training absolvieren, auf dem Jakobsweg mit Gepäck auf dem Rücken gut 25 km am Tag laufen. Das war einmal. So einfach geht das heute nicht mehr.
Im Alter besteht die Gefahr, in eine leicht depressive Gefühlslage zu geraten, die unzufrieden macht. Diese Stimmungslage ist auch durch die zurückgehende Hormonproduktion verursacht, die ich durch Bewegung im Alter ankurbeln kann. Ich spüre schon manchmal eine Trägheit in mir, die mich körperlich und geistig antriebslos macht. Lasse ich das einfach zu, kann ich in dieser Gefühlslage stecken bleiben, denn meine Spannkraft, die mir auch manchmal fehlt, erlebe ich als Müdigkeit, die ich allerdings mit einem „Mittagsnickerchen“ auflösen kann. Das innere Gefühl der Lebendigkeit, der Leichtigkeit, die Unbeschwertheit in den Bewegungsabläufen oder die Gelenkigkeit bei besonderen Anforderungen geht mir im Alter immer mehr verloren, wenn ich mich nicht darum bemühe, meinen Körper regelmäßig in Bewegung zu bringen.
Aufwecken
Es fängt schon am Morgen mit dem Aufstehen an. Die Glieder sind steif, der Rücken ist vielleicht ein bisschen durchgelegen. Bevor ich aufstehe, muss ich mich erst einmal recken. Ich strecke die Beine nacheinander von mir weg, das tut dem Rücken gut, bringt Spannung in meinen Körper und regt den Kreislauf an. Denn auch der ist runtergefahren. Der Sprung aus dem Bett wie früher gelingt nicht mehr so gut, denn der Kreislauf soll ja auch mitspielen. Achtsamkeit ist angesagt, weniger Spontanität. Für ein gutes Mundgefühl nehme ich erst einmal einen Schluck Öl zum Kauen. Es soll die schlechten Reste aus der Mundschleimhaut auflösen. Natürlich wird es dann nach einiger Zeit wieder ausgespuckt. Bei der Morgenwäsche versuche ich, auf einem Bein stehend die Zähne zu putzen, im Stehen die Hosen und vielleicht sogar die Strümpfe anzuziehen, das stabilisiert mein Gleichgewichtsorgan und unterstützt die Muskulatur der Beine. Es ist auch Sturzprophylaxe. Je nach Verfassung gelingt mir das mehr oder weniger gut. Ein Glas warmes Wasser hilft meinem Kreislauf, sich auf den Tag vorzubereiten. Es bringt den Stoffwechsel auf Trab, macht mich wach und regt an. Jetzt kann der Tag beginnen. Auf den Tag gehe ich dann gerne aktiv zu, wenn ich etwas „Schönes“ unternehmen kann oder mein Tag gut strukturiert ist. Deshalb gibt es bei mir einen Wochenplan.
Tages- und Wochenrhythmus
Was habe ich heute vor? Ich habe einen Tages-und Wochenplan, der mir hilft, dass ich nicht jeden Morgen überlegen muss, was ich heute machen soll. Die Vormittage sind meist verplant mit Beten, Yoga, Nordic-Walking, Schreiben und Kochen. Mit dem Gebet stimme ich mich geistig auf den Tag ein, nehme mir manchmal einen Gedanken mit, der mich durch den Tag begleitet. Im Yoga geht es mir vor allem um meine Beweglichkeit, meine Dehnungsfähigkeit, die mit zunehmendem Alter ja auch ziemlich nachlassen. Mit Nordic-Walking durch das Siebengebirge kann ich meine Kondition erhalten, frische Luft tanken und dem alten Körper etwas „Gutes“ tun. Es ist erst einmal Überwindung, sich dreimal die Woche zum Laufen aufzumachen. Wir sind meist zwei Stunden unterwegs. Das Beste daran sind die Gespräche, das Körpergefühl danach, das lockere Gehen und die gute Stimmung, die sich dann über den Tag einstellt. An zwei Tagen in der Woche kommen noch Schwimmen und Sauna am Nachmittag dazu. Mit Rückenkraul versuche ich, meine Muskulatur im Rücken zu stärken und die Sauna dient meinem Immunsystem und Wohlbefinden. Im Wasser fühle ich mich wie ein Fisch. Schwimmen ist für mich nicht so anstrengend wie Laufen, auch weil ich beim Schwimmen auf Ausdauer trainiere. Manches kann ich gut alleine machen, aber für das Laufen brauche ich jemanden, damit ich meinem inneren „Trägheits- Schweinehund“ nicht aufsitze. Die Verabredung mit meiner Walking Partnerin sichert mir, dass ich nicht faul werde. Wer einen Hund hat, kennt das, denn mit ihm muss Herrchen oder Frauchen jeden Tag raus. Yoga mache ich online. Auch da bin ich in Gruppen eingebunden. Für das Schreiben helfen mir Begegnungen und Gespräche, die mich anregen, neue Themen zu finden. Meinen Bedarf an Beziehungen decke ich durch die Verabredungen mit Freunden und Freundinnen. Im Sommer, wenn das Wetter mitspielt, bin ich häufig auch mit Gartenarbeit beschäftigt oder nutze das Fahrrad, um meine Einkäufe zu erledigen. Wenn Einladungen anstehen, Coachingstunden verabredet sind oder ich in meinem Ehrenamt gefordert werde, muss ich manchmal etwas verlegen. Mein Wochenplan gibt mir Orientierung und Stabilität. Alles, was ich für meinen Körper tue, unterstützt mich in meiner Mobilität, in meiner Beweglichkeit, gibt mir ein gutes Körpergefühl, einen klaren Kopf und schlägt sich auf meine Stimmung positiv nieder. Ich hoffe, dass ich damit meinen körperlichen wie geistigen Alterungsprozess verlangsamen kann.
Anders essen
Seit ein paar Monaten halte ich mich an die 16:8 Regel. Es ist eine Ernährungsart, die dem Verdauungstrakt 16 Stunden Ruhe ermöglicht, damit er alte Schlacken verarbeiten kann und die Bauchspeicheldrüse entlastet. Eine gute Ernährungsform auch für Diabetiker. Meine erste Mahlzeit am Tag ist das Mittagessen, die letzte gegen 18.00. Dazwischen möglichst nicht naschen. Ich koche jeden Tag frisch. Viel Gemüse, meist aus meinem Garten, auch noch im Winter, solange der Vorrat aus der Tiefkühltruhe reicht. Dazu gibt es Salat, Kartoffeln, Nudeln oder Reis und manchmal Fleisch oder Fisch. Ein Nachtisch soll auch nicht fehlen. Am Abend wird es dann weniger. Entweder wärme ich mir Reste vom Mittag auf oder esse zwei Knäckebrote mit Käse. Interessanterweise scheint der Körper sich an diesen Rhythmus und die Mengen schnell zu gewöhnen, denn er zeigt nach anfänglichem Gewichtsverlust weiterhin wenig Veränderung auf der Waage. Wenn ich abnehmen will, muss ich die Portionen verkleinern. Mir kommt diese Essgewohnheit sehr entgegen, denn der Magen ist während meiner sportlichen Betätigung nicht belastet. Es lässt sich besser laufen und fürs Schreiben auch besser denken.
Beziehungen profitieren
Auch wenn es um mein gutes Körpergefühl und meine Gesundheit im Alter geht, diese Bemühungen haben auch noch einen weiteren Wert. Denn wenn ich mich fit halte, im Körper und im Geist beweglich bleibe, dann kann ich auch meine Beziehungen und Begegnungen viel lebendiger gestalten. Da lassen sich noch Unternehmungen, Ausflüge und Reisen planen, die auch zu einem zufriedenen Lebensgefühl beitragen. Das Alter soll ja nicht eintönig und langweilig werden. Auch deshalb lohnt sich die Investition, jeden Tag etwas für meinen Körper zu tun.
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