Mitbewohner, die ich akzeptieren lernte
Es ist eine bunte Mischung von Tieren. Es krabbelt und kriecht. Hier und da finde ich Spuren von Fußabdrücken oder Vogelfedern, die von einem Kampf stammen. Es sind die unterschiedlichsten Arten unterwegs. Die Ameisen bauen große Nester in alte Holzwurzeln, die Ringelnatter liegt an ruhigen Tagen, wenn ich Glück habe, in der Sonne, die Schmetterlinge laben sich am Lavendel. Große grüne Heuschrecken hüpfen durch die Gemüsepflanzen, Eichhörnchen verbuddeln ihr Walnuss-Winterfutter in meinen Beeten. Es ist viel Leben da.
An manche musste ich mich erst gewöhnen. Es sind Mitbewohner, die auch ein Recht auf Leben haben. Aber nicht alle sind mir so richtig sympathisch. Da gibt es die Wühlmäuse, die lange Gänge unter der Wiese graben, so dass ich aufpassen muss, dass ich in den Vertiefungen nicht hängen bleibe. Auch gehen sie an die feinen Wurzeln meiner Obstbäumchen und fressen sie weg, so dass die jungen Bäumchen eingehen. Dann sind da Waldmäuse, die sich massiv vermehren, meine Bohnen, Kohlrabi und wer weiß was sie noch alles wegfressen. Blattläuse befallen die duftenden Rosen, auch Zecken sind unterwegs. Da muss ich aufpassen, dass ich mir nicht immer mal wieder eine Borreliose einhandle.
Keine Chemie
Ich will keine Chemie in meinem Garten. Vor einigen Jahren habe ich versucht, die Wühlmäuse mit Gifttabletten zu töten. Ich hatte ein ganz ungutes Gefühl dabei, weil ja das Gift nicht nur die Wühlmaus tötet, sondern in der Erde in einen Kreislauf wandert. Ich zerstöre damit das ökologische System, das mit anderen „Schädlingen“ oder einer zusätzlichen Population aufwartet. Es ist ein Kampf, der immer mehr zu Lasten meiner Gesundheit und der Fruchtbarkeit des Gartens geht. Ich habe es dann gelassen. Inzwischen beobachte ich, dass die Natur vieles selber ganz gut ausgleichen kann, wenn ich sie lasse, denn fast jedes Tier hat seine Fressfeinde. Der Maulwurf liebt die Gänge der Wühlmaus und vertreibt sie, frisst Schnecken und anderes Ungeziefer. Seine Erdhügel stören mich nicht. Die Waldmaus, die mehrmals im Jahr einen großen Wurf zeugt, hat etliche Feinde. Da sind die Katzen, die Raubvögel, die Marder, die Ringelnatter und der Igel, die alle Mäuse lieben. Ich verzichte auf Vernichtung.
Ameisen hüten ihre Eier
Im alten Holz nisten die Ameisen. Durch Zufall habe ich einen Blumentopf von einem alten Baumstumpf genommen, darunter wimmelte es von braunen kleinen Ameisen, umgeben von einem Berg von weißen Eiern. Sie hatten den Stumpf bereits tief ausgehöhlt. Der Topf war ihr schützendes Dach. Ein wildes Durcheinander entstand im Ameisenstaat, als ich den Deckel hob. Es dauerte keine 2 Minuten, bis alle Ameisen mitsamt den Eiern verschwunden waren. Eine geniale Zusammenarbeit. Ameisen sind ausgesprochen nützliche Insektenvernichter, melken die Blattläuse und sorgen für Humus. Da mein Garten nicht direkt am Haus liegt, besteht auch keine Gefahr, dass sie Gehwege unterwandern oder sogar in die Wohnung marschieren. Ich muss sie nicht bekämpfen.
Die Ringelnatter gibt sich zu erkennen
Bei einem meiner letzten Gartengänge hat sie sich mir gezeigt. Sie ist ungefähr 1,20m lang, braun-beige gezeichnet, ungefähr 3 cm im Durchmesser. Sie ist leider sehr scheu. Bei der kleinsten Erderschütterung verschwindet sie. Ich bin so dankbar, dass sie sich in meinen Garten getraut hat. Sie sorgt vermutlich auch für die Minimierung der Mäuse, allerdings auch der Frösche, die ich so gerne quaken höre.
Mit Vögeln teilen
Über meinen Garten fliegen nicht nur Flugzeuge und Zugvögel, sondern auch viele verschiedene Vogelarten. Das Rotkehlchen unterhält mich mit seinem Gezwitscher, wenn ich umgrabe, damit es sich gleich die Würmer holen kann, die ich frei lege. Eine Amsel nimmt ihr tägliches Bad in meinem kleinen Gartenbrunnen. Sie kommen in Scharen in meinen Kirschbaum, wenn die Früchte reif werden. Über die Himbeeren lege ich ein Netz, sonst würden sie mir den Strauch kahl picken. An manchen Tagen kreist ein Milan-Pärchen über meinem Grundstück. Auch sie halten Ausschau nach Fressen.
Schmetterlinge brauchen die Brennnessel
Im zeitigen Frühjahr waren es zuerst die Zitronenfalter, die sich von den frischen Blüten angezogen fühlten. Inzwischen kann ich neun verschiedene Schmetterlingsarten beobachten. Der Admiral und das Pfauenauge, die besonders schön gezeichneten Falter teilen sich mit dem kleinen Fuchs, dem Aurorafalter, dem Bläuling, dem Kaisermantel, dem Landkärtchen und dem Karstweißling meinen Garten. Sie sind nicht immer alle gleichzeitig da. Sie leben ja auch manchmal nur 14 Tage, legen ihre Eier in geschützte Bereiche, z.B. in Brennnesseln, so dass sich im Verlauf des Sommers immer wieder neue Schmetterlinge entpuppen können. Je nach Blütezeit überwiegt die eine oder andere Sorte. Zum Überwintern braucht das Pfauenauge einen geschützten Platz im Keller, in einer alten Hütte oder an einem wärmeren Platz im Garten, denn es überwintert als Falter. Andere Schmetterlinge überwintern als Puppe, wieder andere als Raupe oder als Ei, das auf die Unterseite z.B. von Brennnesseln geheftet wird. Für den Admiral ist es hier zu kalt, er zieht für die Wintermonate in den Süden um. Von dort bricht er im ganz frühen Frühjahr wieder auf, um uns mit seiner Anwesenheit zu erfreuen.
Rehe tun etwas für ihre Schönheit
Die Tiere in meinem Garten fressen nicht alles. Besonders wählerisch ist das Reh. Trotz meines hohen Zaunes sehe ich nicht nur Spuren der Hufe, sondern auch die leeren abgefressenen Stängel meiner Rosen. Das Reh liebt die jungen zarten Knospen meiner gefüllten Duftrosen. Rehe sind nicht umsonst so schöne Tiere. Sie fressen kein Aas.
Die Nachtaktiven
Von meinem Schlaftyp her bin ich eine Eule und gerne am Abend bis spät im Garten. Da kann ich all die Tiere erleben, die nachtaktiv sind. Glücklicherweise ist mein Blut nicht besonders attraktiv für die Stechmücken. Auf der anderen Seite meines Zaunes haben die Wildschweine ihren Wildpfad, so dass ich sie schon mal grunzen höre. Die kleinen Fledermäuse kommen in der Dämmerung aus dem Altholz im Wald. Sie holen sich die Mücken, die über dem Teich schwirren. Mein Gartenigel macht sich durch Schnauben und Schmatzen bemerkbar. Es gibt besondere Nächte. In Erinnerung ist mir die, in der die Glühwürmchen geschlüpft sind und mir in großer Zahl aus dem Dunkel des Waldes wie eine leuchtende Wolke entgegenkamen.
Das Ökosystem ausbalancieren
Unser Ökosystem ist ohne Tiere verloren. Mein Garten wäre steril und vermutlich nicht überlebensfähig. Die Regenwürmer und Kleinstwesen in der Erde sorgen für lockeren Boden und die Umwandlung in Kompost. Bienen, Hummeln und das Taubenschwänzchen, das die Blüten mit langen Kelchen anfliegt, sind für die Befruchtung überlebensnotwendig. Wir sind auf die Tiere angewiesen, deshalb brauchen sie auch unseren Schutz. Ihn können wir geben, wenn wir mit ihnen unser Land teilen, wenn wir sie nicht mit der Chemiekeule vernichten, sondern dafür sorgen, dass der Ausgleich in der Tierwelt erhalten bleibt. Auch mein Verhältnis zu den unterschiedlichen Tieren in meinem Garten braucht ein neues Verständnis.
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