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Corona- auch eine psychische Herausforderung

Die Corona - Pandemie konfrontiert uns nicht nur mit unserer Gesundheit, sondern auch mit unseren eigenen Bewältigungsstrategien in Krisenzeiten. Wir sind nicht nur gefährdet, an Lungenversagen zu sterben, sondern auch, an der Isolation und unseren Konflikten zu scheitern.

Die augenblickliche Isolation setzt in unserer Psyche innere Bewegungen in Gang, die uns überraschen können, wenn wir uns nicht auf sie einstellen. Die Ängste, die Ohnmacht, die Langeweile, die Wut, die Einsamkeit, für sie gibt es keinen Impfstoff. Sie sind genauso wenig beherrschbar wie das Virus. Sie verlangen von uns Klugheit und Sorgfalt für uns selbst, aber auch im Miteinander. Wir können jedoch aus früheren Pandemien lernen und uns darauf einstellen, was mit unseren Gefühlen passiert. Damit ich mich auf die verschiedenen Phasen vorbereiten kann, habe ich mich mit den Erfahrungen aus früheren Epidemien beschäftigt. Es lassen sich immer wieder gleiche Abläufe beobachten, mit denen auch in der jetzigen Krise zu rechnen ist.

Zuerst: Den Ernst der Situation verleugnen

Inzwischen haben die meisten Menschen die Ernsthaftigkeit der Pandemie realisiert. Sie reagieren vernünftig und halten sich an die Vorgaben. Aber es gibt noch immer einen kleinen Rest, die meinen, sie könnten über diese Welle hinweggleiten. Es sind nicht nur die Jungen, sondern auch die Älteren. Auch wenn es so scheint, dass für die Jungen die Krankheit weniger bedrohlich ist, die Realität zeigt, dass auch sie daran sterben können.
Selbst der Tod von mehreren tausend Infizierten in Italien und Spanien scheint für viele noch immer nicht bedrohlich genug zu sein, um den Ernst der Lage richtig einzuschätzen.
Ich selbst ging anfangs davon aus, dass dieses Virus mir nicht so gefährlich werden kann. Es war ja noch so weit weg. Der erste Impuls war die „Leugnung“. Ich wollte es nicht wahrhaben. Ich wollte diese Angst um mein Leben nicht haben müssen. Ich konnte nicht glauben, dass so eine Molekülkette nicht in den Griff zu bekommen ist, sondern uns alle gefährden kann. Wie andere dachte ich, dass uns das Virus hier nicht einholen wird. Es musste ja über die Alpen. Ja, und über die Alpen hat es uns auch erreicht. Die meisten Infektionen haben Urlauber aus Südtirol mitgebracht. Wir denken, dass in Deutschland der mit einem funktionierenden, hochtechnisierten Gesundheitssystem ausgestattete Staat alles auffängt.

Mit Panik bei mir und anderen rechnen

Wenn wir die Leugnung abgestreift haben, schlägt in der zweiten Phase die Lockerheit in Panik um. Wir können das an den Hamsterkäufen sehen. Viele Menschen decken sich nach wie vor mit Hygieneartikeln, Lebensmitteln und anderen Dingen ein. Aber warum gerade Toilettenpapier? Es ist nun wirklich nicht überlebensnotwendig und schützt schon gar nicht vor Ansteckung. Was wollen wir wegwischen?
Die Panik geht so weit, dass den Pflegekräften und Ärzten, auf deren Einsatz wir bei einer schweren Erkrankung angewiesen sind, die Schutzmasken und die Handschuhe weggenommen werden. Was versetzt uns in solche Panikstimmung? Mich erinnert das Verhalten an das Buch „black out“, das Horrorszenarien beschreibt, wenn die Elektrizität länger ausfällt. Da befällt auch mich die Angst.

Ohnmacht führt zu Egoismus

Es ist die Wehrlosigkeit, die Ohnmacht, der unbedingte Überlebenswille, die sich in uns durchkämpfen. Da ist jeder sich selbst der Nächste. Die Gefahr ist groß, den Blick auf das Wohl der anderen zu verlieren. Wir bedienen uns an dem, was da ist, ohne Rücksicht darauf, ob es für alle reicht. Es geht darum, die eigene Haut zu retten. Es scheint ein Verhalten zu sein, das dem Menschen eigen ist, wenn es um sein Überleben geht, obwohl er gerade damit ja sein Leben gefährdet, wenn er dem medizinischen Personal die Atemmasken und Handschuhe wegnimmt. Es braucht Maßnahmen, die für alle gelten und die auch alle einhalten. Erst dann können wir uns aus der Panik befreien. Die aktuelle Kontaktsperre hilft uns vielleicht, die Pandemie zu verlangsamen, fordert uns aber dann auf einer anderen Ebene.

Die Vernunft einschalten

Die Panik verändert sich, wenn ich die Realität an mich heranlasse. Wenn ich den Ernst der Situation akzeptiere. Ich bin jetzt gefordert, mein Leben neu einzurichten. Wenn mir klar ist, dass die Gefährdung uns alle angeht, dass es nicht nur um mich und mein kleines Leben geht, sondern dass ich mit meinem Verhalten dazu beitragen muss, dass andere nicht erkranken und dass das Gesundheitssystem, die Verkehrs- und Versorgungswege intakt bleiben, dann kann es mir leichter fallen, auf meine persönlichen Kontakte, auf Zeitvertreib, auf Reisen, auf Besuche oder Einladungen für einige Zeit zu verzichten.

Bewältigungsstrategien – mit neuen Ideen

Es braucht unsere Kreativität, um die Isolation so zu gestalten, dass sie nicht in die Depression, Aggression oder zum Dauerfernsehen führt. Die Kontaktsperre ermöglicht uns ja wenigstens noch, dass wir nach draußen an die frische Luft können. Solange uns die Sonne so durch die Tage begleitet, ist es ja im Garten oder auf Spazierwegen noch gut auszuhalten. Aber die Tage sind lang, Corona wird uns über Wochen und Monate einschränken. Bis wir entdeckt haben, was unsere Psyche braucht, kann es lange dauern.
Wir können jedoch auf Techniken früherer Generationen zurückgreifen, indem wir uns z.B. der Weisheit der Klöster bedienen. Sie haben für ihr zurückgezogenes Leben einen strikten Tagesablauf entwickelt. Es gibt Schweigephasen am Tag, die Regel des hl. Benedikt sieht eine täglich feste Zeit für Lektüre und Studium vor.
Auch wir haben jetzt die Chance, uns mehr um das zu kümmern, was in unserer schnelllebigen Zeit zu kurz kommt. Was uns vielleicht allen gut tun kann, ist die Verlangsamung unseres Lebens, die Ruhe, die Einkehr, die uns zu uns selber führt. Da können viele Gedanken, geboren werden, die Ideen freisetzen für das, was uns wirklich wichtig im Leben ist.

Ideen zur Gestaltung des Tages:

  • Dem Tag eine Struktur geben,
  • feste Essenszeiten einhalten,
  • Zeiten für mich selbst und für Gespräche oder Telefonate mit den anderen reservieren.
  • Damit die Enge nicht zur Qual wird, auch alleine rausgehen  
  • Bücher lesen, die ungelesen im Bücherschrank stehen.
  • Abends überlegen, was ich, wenn ich Single bin, Schönes am nächsten Tag machen kann bzw. in der Familie den nächsten Tag durchsprechen, damit man sich schon auf morgen freuen kann. 
  • Tagebuch führen hilft, den Kopf frei zu machen, Emotionen wegzuschreiben, andere von den eigenen Unzulänglichkeiten zu entlasten.
  • Wer ein Instrument spielt, kann endlich mal wieder ausgiebig üben. Im Radio habe ich gehört, dass Leute eine Fremdsprache in der freien Zeit lernen.

Mein Garten

Damit mich die Einsamkeit in der Quarantäne nicht depressiv macht, mich vom Leben nicht abkoppelt kümmere ich mich um meinen Garten. Er braucht mich jetzt im Frühjahr sowieso am meisten. Es ist die arbeitsintensivste Zeit. Die Kartoffeln und Zwiebeln kann ich jetzt stecken. Radieschen, Pflücksalat und Spinat säe ich in meine Hochbeete. Ich richte die Gartenutensilien her. Schneide die Hecken. Dabei unterhalten mich die Vögel mit ihrem Gezwitscher. Der Rasen muss gemäht werden, den überwinterten Jasmin will ich für die Bepflanzung auf dem Balkon umtopfen. Das alles mache ich am Nachmittag wenn es warm ist. Am Morgen, wenn es für draußen noch zu frisch ist, meditiere ich, schreibe dann ungefähr zwei Stunden. Ich koche mir jeden Tag frisch, lege mich anschließend in der Mittagszeit in diese schöne warme Frühlingssonne, damit ich Vitamin D tanke, das mein Immunsystem stärkt. Irgendwann sind die Arbeiten fertig, dann habe ich Zeit für Telefonkontakte, zum Lesen oder Fernsehen.


Kategorie: Verstehen

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