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Besucher der Krippe

Meine kleine Krippe, die mich bereits Jahrzehnte begleitet, ist wie ein lebendes Bild, in das ich mich jedes Jahr von neuem vertiefen kann. In den vielen Jahren, die sie mich begleitet, sind Personen und Tiere hinzugekommen.

Figuren kamen immer wieder dazu

Die Hauptfiguren Maria und Josef und das Jesuskind, der Schäfer mit seinen Schäfchen und die drei heiligen Könige sind ein Geschenk an mich vor vielen Jahrzehnten. Ich leitete damals einen Kindergarten. Ein Vater aus einer Kindergruppe hat sie selbst geschnitzt. Die Vorlage dafür war eine Krippe, die mich mit ihren einfachen Darstellungen schon immer angesprochen hat. Diese Krippe wuchs ständig mit mir weiter, weil ich immer mal wieder neue Figuren von Weihnachtsmärkten mitbringe. Da ist das Kamel, das vom Weihnachtsmarkt in Trier stammt. Es passt noch nicht einmal zu den Proportionen der anderen Figuren, gliedert sich aber harmonisch in das Geschehen ein. Auch das Drumherum ändere ich in jedem Jahr. Mal hole ich alte Baumrinden im Wald oder Stroh als Untergrund und gestalte damit eine kleine Landschaft aus Moos, Steinen und Stöcken, um dort hinein die Figuren zu setzen. Dieses Jahr schmückt die Krippe trockenes Baummoos, das ich von einer Wanderung mitgebracht habe. Es liegt auf einem dicken naturbelassenen Holzscheit mit Rinde, die mir meine Kinder für die Feuerschale zum Verbrennen mitgebracht haben. Die Zweckentfremdung erhöht die Krippe und setzt das weihnachtliche Geschehen noch besser in Szene.

Der Stern über der Krippe zeigt den Weg

Wenn ich die Figuren arrangiere, um sie an den richtigen Platz zu stellen, versetze ich mich gerne in die Beweggründe der einzelnen. Ich versuche nachzuspüren, wie es ihnen wohl auf dem Weg zur Krippe ergangen sein mag. Ich kann dann oft auch länger davorsitzen und meditieren.
Nahe der Krippe stehen bereits zwei kleine Engel, sie sind von einer Weihnachtsbude aus der JVA in Siegburg. Die Flügel der Engel sind zum Schutz weit ausgebreitet. Der schon betagte Schäfer mit seinen Schäfchen hat sein Ziel bald erreicht. Auf dem Nachbarfeld wurde er durch die Ankündigung mitten in der Nacht überrascht. Er ist schon ein wenig gebrechlich und müde, deshalb muss er sich jetzt auf seinem Stock abstützen. Er ist noch nicht ganz ausgeschlafen, aber geht dennoch zielstrebig auf den Stall zu, um dem Kind und Maria und Josef seine Freude zu zeigen. Die Eulen und das Eichhörnchen, eine winzige naturgerechte Schnitzerei vom Weihnachtsmarkt in Bonn, sitzen schon ganz aufmerksam in der Nähe und schauen gespannt auf das Wunder. In der Ferne lassen sich etliche andere ausmachen. Da ist der alte Mann mit dem Brennholz auf dem Rücken, eine Figur vom Weihnachtsmarkt an der Drachenburg. Er möchte möglicherweise für Wärme sorgen und schleppt das Holz auf seinem Rücken. Der Esel, der neben ihm hertrottet, wird von den Holzlasten verschont. Er ist auch müde und könnte eine Pause vertragen. Am Fuße der Erhöhung sitzt ein aus einer kleinen Wurzel geschnitzter Frosch, ein besonders interessantes Unikat. Er braucht nur noch ein paar Sprünge, dann hat er sein Ziel erreicht. Für ihn war seine Wanderschaft nicht beschwerlich, denn er hatte Zeit, sich auf den Weg zu machen.

Die oft weiten Wege zur Krippe

Weit hinter der Krippe lassen sich auch schon die heiligen drei Könige ausmachen, die noch einige Tagesmärsche benötigen, um endlich dem besonderen Kind ihre Hochachtung, Freude und Verehrung entgegen zu bringen. Sie tragen schwer an den Geschenken, weshalb sie sich auch ab und an ausruhen müssen. Das Kamel hat sich mit ihnen aufgemacht, um das Ereignis nicht zu verpassen. Es sieht noch ganz frisch aus, als könnte es noch einige Tage weiter maschieren. Aber das Nilpferd, das ich aus einer Sammlung von Holztieren ausgewählt habe, tut sich schwer, denn es muss, ohne Aussicht auf Wasser, viele Kilos schleppen. Das Rentier aus dem Norden, von einem Adventsmarkt in Köln, ist auch schon Tage unterwegs, um dort anzukommen, wo es ein Wunder geben soll.
Sie alle machen meine Krippe zu einem lebendigen Unikat. Wenn ich mich dann noch einmal mit ihren Wegen nach Betlehem auseinandersetze, dann spüre ich die Anstrengung, die sie auf sich genommen haben. Jedes Jahr beim Aufbau der Krippe wird mir das bewusst. Sie sind Tage, Wochen gewandert, ohne Auto oder Flugzeug, ohne gutes Schuhwerk oder warme Unterkünfte, nur um dieses Jesuskind in der Krippe zu begrüßen. Jetzt gerade im Shutdown kann ich diese Entbehrungen ein bisschen nachvollziehen, wobei es mir in meiner warmen Wohnung mit guter Versorgung viel einfacher gemacht wird, das Christkind zu empfangen.


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