Foto: hinsehen.net J.M.

Besuch von Marie

Ich bin immer wieder überrascht, wie sensibel, einfühlsam und intelligent Hunde reagieren. Ich selbst habe keinen Hund aber manchmal darf ich Marie sitten. Sie ist ein besonderes Exemplar.

Wir sind von Tieren gewollt

Es klingelt. Ich drücke auf den automatischen Türöffner für das Treppenhaus, öffne meine Wohnungstür und da höre ich sie auch schon die Treppe herauf rasen. Die Stufen sind glatt, so dass sie mit ihren Pfoten auch schon mal zur Seite rutscht. Das macht ihr alles nichts. Schwanzwedelnd springt sie mich in vollem Tempo an und erwartet natürlich ein Leckerli. Dabei juchzt sie, was sich anhört als würde sie wimmern. Es ist die pure Freude, die sie mir entgegenbringt. Sie wirft sich auf den Teppich im Eingang und wälzt sich übermütig um sich selbst. Sie ist glücklich und ich freue mich. Wir mögen uns. Sie ist eine Mischung aus Dackel und vom Fell her muss etwas vom Colli dabei sein. Sie kommt aus Rumänien, ist hübsch, eigensinnig, aber pflegeleicht und hat sich an das Seniorenleben meiner Freunde, bei denen sie seit einigen Jahren lebt, bereits gewöhnt. Sie schläft lange und viel, muss nur zweimal am Tag raus. Ab und an besucht sie mich und manchmal bleibt sie auch über Nacht. Heute bleibt sie da. Das geht inzwischen auch ganz gut, ohne dass sie wie anfangs wimmernd an der Türe sitzt und auf Frauchen und Herrchen wartet. Inzwischen vertraut sie mir und akzeptiert auch mein Zuhause für eine Übernachtung.

Die Mimik lesen

Ich spüre, wie sehr sie sich freut, hier zu sein. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich kann ihre Stimmung an ihrer Mimik und den Augen ablesen. Wenn sie sich freut, sind diese ganz groß, leuchtend, neugierig und unternehmungslustig. Da blitz auch manchmal ein kleiner Schalk auf. Ist sie traurig, hängen die Augenlider nach unten. Wenn sie ausgeschimpft wird, ein schlechtes Gewissen hat, weil sie sich doch aufs Sofa gelegt hat, obwohl sie weiß, dass sie das nicht darf, etwas macht, das sie nicht machen soll, dreht sie den Kopf zur Seite und schaut geknickt nach unten weg. Wenn sie krank ist, hängen die Augenlider, sehen ganz traurig aus, sie schleicht dann nur so rum mit eingezogenem Schwanz, will kein Leckerli und eigentlich nur ihre Ruhe. Sie verhält sich nicht viel anders als wir Menschen. Allerdings schon anders als Katzen. Katzen sind nicht ganz so abhängig vom Wohlwollen des Menschen wie Hunde. Sie sind unabhängiger und selbstbestimmter. Sie lassen sich auch nicht so leicht erziehen wie Hunde. Sie suchen die Nähe zum Menschen, wenn sie diese selbst bestimmen können. Marie ist dagegen streichelsüchtig. Ihr Wohlwollen hängt schon sehr davon ab, ob ich ihr die Streicheleinheiten schenke, die sie fast von mir einfordert. Sie will gemeint sein, gesehen werden, will kuscheln. Dazu kann auch ich aktiv werden, denn sie verweigert sich der Nähe nicht.

Sie bestimmt ihr Terrain

So verschmust wie sie mit Menschen ist, so dominant ist sie anderen Hunden gegenüber. Wo sie auf einen Hund trifft, bestimmt sie, wer da das Sagen hat. Das ist beim Spazierengehen manchmal anstrengend, weil jeder Hund, der uns begegnet, angebellt wird. Er wird in seine Schranken verwiesen, als wollte sie sagen: „hier habe ich das Sagen“. Das macht sie auch im Hausflur bei mir, durch den der Dackel vom Nachbarn geht und auch schon mal bellt. Marie, die ganz selten bellt, bestimmt dann aber beim „Gassigehen“, dass sie jetzt das Hausrecht hat, indem sie bellt.

Hunde suchen Gemeinschaft

Es ist beeindruckend, wie einzigartig und unterschiedlich Hunde reagieren. Da begleitet uns doch bei einer Wanderung in Frankreich eine Golden Retriever Hündin über 4 Stunden auf unserem Wanderweg. Sie bleibt ständig in unserer Nähe, bleibt alle zehn Meter vor uns stehen, um sich zu vergewissern, dass wir noch da sind. Sie bringt es dann auf dem Rückweg sogar fertig ihren jungen „Lover“, einen hübschen schwarzen Labrador, von seinem Bauernhof abzuholen, um ihn uns vorzustellen. Sie will ihn in unsere Gemeinschaft integrieren, ist ganz stolz, das kann ich spüren. Als wollte sie sagen: „Ist das nicht ein toller Freund, seid nett zu ihm, der geht jetzt mit“. Da ich wenig Erfahrung mit Hunden habe, sie mir aber gerne nachlaufen, bekomme ich Not, dass wir jetzt mit zwei Ausreißern zu tun bekommen und scheuche den jungen, übermütigen „Halbstarken“ mal auf Deutsch mal auf Französisch weg. Er soll nach Hause gehen. Irgendwann macht er dann kehrt und verlässt uns. Das aber nimmt mir die Hündin übel, dreht sich um, ohne uns nochmal anzuschauen und macht sich auf und davon. Möglicherweise bekam sie ein schlechtes Gewissen oder es war ihr langweilig, denn einige Km weiter wartet sie dann wieder auf uns.

Hunde übernehmen Führung

Auf einer anderen Wanderung im Jura machten wir eine Erfahrung mit einer Hündin, die sich als Führerin anbot. Als wir das Übernachtungshaus morgens verlassen, läuft sie vor uns her, bis wir den Wanderweg wieder erreichen. Dieser war nicht so ganz korrekt ausgeschildert. Als wir diesen erreichen, macht sie kehrt und läuft zur Unterkunft zurück. Sie suchte nicht unsere Gemeinschaft, sondern hat uns geführt.

Einzigartig, mit ganz eigenen inneren Aufträgen

Mir wird immer deutlicher, mit welchen Talenten auch Hunde ausgestattet sind, auf welche besonderen Qualitäten Hundebesitzer eingehen können. Erstaunlich auch, wie sich die Beziehungen der Hunde zu ihren Besitzern entwickeln und intensivieren. Jeder, der einen Hund hat, kann das sicher beobachten und bestätigen.

Schreiben Sie mir doch die Geschichte mit Ihrem Hund. Dann können wir die Reihe fortsetzen. juttamuegge#gmx.de


Kategorie: Verstehen

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