Ich genieße den weiten Blick ins Ahrtal, auf die Weinberge und die seitlichen Hügel. Ich bin dankbar, dass ich hier mein Alter verbringen kann.
Die Atmosphäre
Besonders angenehm erlebe ich die offene Atmosphäre. Mit 350 Menschen sind wir ein kleines Dorf. Wir können uns kennenlernen und persönlich miteinander ins Gespräch kommen. Ob im Aufzug oder im Restaurant, in den verschiedenen Interessensgruppen oder bei den großen Veranstaltungen. Wir grüßen uns, kommen ins Gespräch, erfahren sehr viel voneinander. Ich spüre, dass ich dazugehöre, ich lerne interessante Menschen kennen. Es ist erstaunlich leicht, mit anderen in Kontakt zu kommen. Es gibt viel Wohlwollen und Nachsicht auch für die, die nicht mehr so fit sind. Mich beruhigt diese Art des Umgangs, denn eines Tages bin ich ja sicher selbst nicht mehr so gut dran und auf dieses Wohlwollen angewiesen, diesen zugewandten sorgenden Umgang untereinander. Auch geht fast kein Tag zu Ende, an dem ich nicht aus vollem Herzen lachen konnte. Der Humor steht vielen im Gesicht. Das Alter hat hier etwas Prickelndes, Humorvolles, manchmal sogar Witziges. Mich regt es an, dem Leben mehr Leichtigkeit abzugewinnen. Viele verbringen hier ihre letzte Lebensphase mit Freude, und wie ich in den Gesprächen erlebe, mit viel Dankbarkeit. Das Augustinum, mit seiner besonderen Philosophie, ermöglicht mir meine letzte Lebensphase mit neuer Energie und Zuversicht aktiv und lebendig zu gestalten. Gebrechlichkeit wird auch mich eines Tages treffen, ich kann aber ohne große Vorbehalte darauf zugehen, denn damit wird würdevoll und oft sogar humorvoll umgegangen. Die Gespräche sind lebendig und selten wird über Krankheit geredet. Jammern ist auch nicht an der Tagesordnung, selbst da nicht, wo es etwas zu jammern gibt.
Sich geborgen fühlen
Ich schätze das Gefühl, Geborgenheit zu erfahren. Ich werde hier nicht nur gut versorgt, sondern auch in meiner Individualität wertgeschätzt. Ich fühle mich in die Gemeinschaft aufgenommen. Wenn ich mich an den Angeboten des Hauses beteilige, muss ich mich nicht einsam fühlen oder vereinsamen, wie das in einer Stadtwohnung oder in einem Haus oft der Fall ist. Wenn mein Bekanntenkreis immer kleiner wird, die Kinder nicht um die Ecke wohnen oder wenig Zeit für Besuche haben, muss ich hier nicht befürchten, dass ich alleine zurückbleibe. Auch im Aufzug entstehen Begegnungen, Gespräche, ein freundliches Grüßen. Ich fühle mich zu dieser Gemeinschaft im „Dorf“ dazugehörig. Es tut gut zu wissen und beruhigt ungemein, dass ich mit anderen ins Alter gehe, immer jemand da sein wird, ich aufgehoben bin bis zuletzt. Will ich lieber zurückgezogen leben, möglichst wenig Kontakte haben, drängt sich mir hier niemand auf. Ich darf so sein wie ich bin. Ich entscheide selbst, wie ich meine Tage gestalte, mit wem ich mich anfreunden oder etwas unternehmen möchte. Ich erlebe die Offenheit und Zugewandtheit viele. Wir gehen nicht einfach aneinander vorbei, wie ich es von der Straße in der Stadt kenne, sondern nehmen uns wahr, grüßen. Manchmal entsteht auch ein interessantes Gespräch, eine Verabredung zum Laufen oder zum Spielen. Dieses Gefühl der Zugehörigkeit hilft mir auch, vertrauensvoll in die Zukunft zu gehen. Werde ich mal krank, dann sind nicht nur die Pflegekräfte da, die mich in meiner Wohnung pflegen, sondern es wird Menschen geben, die mich besuchen, die mich nicht alleine lassen. Es gibt sogar einen Bewohnerkreis, der sich um die kümmert, denen es nicht gut geht. Sie machen Besuche, lesen vor, kaufen ein oder helfen auf andere Weise.
Freiheit in der Großzügigkeit des Hauses
Nicht nur die sozialen Bedingungen und die vielen Angebote für den Geist und den Körper machen meinen neuen Lebensabschnitt reicher. Ebenso die Räumlichkeiten, die allen BewohnerInnen zur Verfügung stehen. Ich kann mich in der Leselounge mit vielen Zeitungen Deutschlands auf den aktuellen Stand bringen, im Salon mich am Nachmittag zu Gesprächen treffen, im Fitnessraum an modernen Geräten trainieren, im Theatersaal an großen Events und qualitativ hochwertigen Konzerten teilnehmen, auf der Dachterrasse mit Freunden einen Apero nehmen, im Kaffee mit anderen zusammenkommen, im Park auf dem Bouleplatz in ein anregendes Boulespiel einsteigen, in der Bar im Foyer ein Glas Wein trinken, mich gemütlich im Sessel mit anderen unterhalten. Es ist immer etwas los, ich langweile mich nicht. Ich spüre, wie bunt die Welt hier ist, wie anregend für meinen Geist wie für meinen Körper. Die Friseurin im Haus habe ich bereits ausprobiert. Sie kann sogar einen pfiffigen Kurzhaarschnitt zu einem moderaten Preis schneiden. Mit der Physiopraxis im Haus habe ich keine großen Wege, die Arztpraxis wird von drei Ärzten betreut und der kleine Einkaufsladen im Parterre verfügt über ein Angebot, das alles vorhält, was im Alltag gebraucht wird. Wenn ich eines Tages nicht mehr ins Städtchen gehen oder mit meinem Fahrrad fahren kann, bin ich im Haus mit allem gut versorgt.
Die Gesellschaftsräume, die Kapelle, das Schwimmbad, die Sauna, die Kegelbahn und die Räume, in denen wir auch private Feste feiern können, wurden von der Flut im Ahrtal zerstört. Sie werden in den nächsten Monaten fertig.
Über 20 Jahre im Augustinum
Es gibt eine ganze Reihe von BewohnerInnen, die über zwanzig Jahre in diesem Haus leben. Sie haben schon viel hier erlebt und können auch viel erzählen. Die Flut und die damit verbundene Evakuierung in andere Häuser und Hotels, Corona, wo niemand seine Wohnung verlassen durfte. Wenn ich diese Menschen danach frage, wie es ihnen da ergangen ist, wie das Haus die Situation gemeistert hat, höre ich nur großes Lob. Das beruhigt mich und gibt mir auch auf dieser Ebene Sicherheit und Vertrauen in die MitarbeiterInnen, denn für solche Katastrophen ist logistische Kompetenz notwendig. Wenn 350 Menschen innerhalb von ein paar Stunden in andere Häuser evakuiert werden müssen, braucht das einen klaren Kopf.
Auf die Mitbewohner zugehen
Als Neuling im Haus bin ich natürlich neugierig und möchte viel von den Menschen erfahren. Immer bin ich erstaunt, wie positiv die meisten, die schon lange hier leben, über ihre Entscheidung sprechen. Sie fühlen sich gut betreut, leben relativ sorgenfrei und damit auch in einer gewissen Ruhe, die sie alt werden lässt.
Damit ich schnell zu möglichst vielen BewohnerInnen Kontakt bekomme, wechsle ich fast täglich meinen Sitzplatz beim Mittagstisch. Wir haben im Restaurant freie Platzwahl, so dass ich mich immer an einen anderen Tisch zu anderen Menschen setzen kann. Ich komme mit den Tischnachbarn schnell ins Gespräch. Es ist meist ein offener, leichter Austausch darüber, von wo die einzelnen herkommen, weshalb sie sich für das Augustinum entschieden haben, wie es ihnen im Haus geht und an was sie teilnehmen. Da erfahre ich auch persönliche berufliche Hintergründe, etwas über ihre Kompetenzen, ihre besonderen Qualitäten, die man nicht einfach am Gesicht ablesen kann. Es sind oft interessante Gespräche mit tiefergehendem Inhalt. Ich kann mir auch viele Infos holen, die mich in meinen Entscheidungen, was ich hier im Haus alles tun kann unterstützen. Manchmal werde ich zu einer Gruppe eingeladen, um bei ihnen mitzumachen. Ich erlebe meine Zeit gerade sehr lebendig, spannend, überraschend unkompliziert, unabhängig und frei.
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