Foto: hinsehen.net J.M.

Anstatt Vorsätzen

Auf das neue Jahr zugehen. Mit welchem Blick? Mit welcher Aufmerksamkeit? Gibt es eine Alternative zu den üblichen Vorsätzen?

Es ist so viel im Alten Jahr passiert. Politisch gibt es Unruhen, die Umwelt macht uns immer größere Sorgen, auf dem Arbeitsmarkt fehlen Fachkräfte, das Migrationsproblem ist noch lange nicht gelöst. Auch unser eigener Alltag war voller Erfahrungen.

Erfahrungen anschauen

Erfahrungen, die sich in mir festgesetzt haben, lassen sich nicht einfach wegwischen. Da gibt es gute wie schwierige Situationen. Die Guten lassen mich aufatmen, die Schwierigen lasten auf meinen Schultern. Damit ich aber nicht alle alten Lasten aus dem Jahr 2019 mit in das neue Jahr nehme, damit ich sie mir nicht wieder einspiele, brauche ich eine Möglichkeit, mich davon zu verabschieden, um sie dem alten Jahr zu überlassen. Das geht aber nur mit den Situationen, die befriedet sind. Habe ich noch „offene Rechnungen“, kann ich sie nicht einfach unbearbeitet zurücklassen, weil sie mir auch im neuen Jahr nachgehen werden. Ehe ich mich aber mit dem Unaufgeräumten und Konflikthaften befasse, schaue ich erst einmal auf das was mich im Alten Jahr getragen, was mich beflügelt, unterstützt oder sogar weitergebracht hat.

Highlights im Alten Jahr

Es sind die vielen kleinen und manchmal auch größeren Dinge und Erfahrungen, die mich stützen. Da tauchen innere Bilder von Reisen und Menschen auf, ich kann das gute Gefühl von Begegnungen und Beziehungen nachspüren, die Atmosphäre noch einmal genießen, die ich in manchen Gruppen und Festen erleben konnte. Ich blicke auf die Sommerbilder aus dem Garten und spüre die Wärme, die Kraft der Pflanzen, die Menschen, die mit mir den Garten teilten. Ich schaue auf das, was ich im alten Jahr sportlich unternommen habe, wie auch auf das, was mir beim Schreiben gelungen ist. Dabei kann ich mir in mein Tagebuch Notizen machen. Mein Leben ist so reich an Gutem, dass ich Danke sagen will, danke für alles das was ich an Gutem erfahren durfte.

Das Schwierige gehört auch zu meinem Leben

Damit die schwierigen, traurigen, schmerzhaften Erfahrungen nicht das Gute überdecken, brauchen diese meinen wohlwollenden Blick. Vielleicht sind sie sogar dazu da, dass ich aus ihnen lerne, Schweres auszuhalten, zu tragen, darin zu bestehen. Ich schaue da auf die Krankheiten, die mich und andere in meinem Umfeld belasten, es sind auch die Toten, die ich bei meinen Einsätzen als Notfallseelsorgerin verabschieden musste. Es sind die trauernden Menschen, die mit dem Verlust fertig werden müssen. Ich blicke auch auf die Begegnungen, die mir nicht gelungen sind, spüre nach, welche Gefühle da noch sind und ob ich etwas bearbeiten muss, damit sie sich nicht noch tiefer in meine Seele graben. Wenn ich entdecke, dass ich da noch etwas bereinigen muss, nehme ich es auf meine Bearbeitungsliste in das neue Jahr mit. Möglicherweise muss ich da nochmal dran. Ich spüre, dass ich dabei auf Unterstützung angewiesen bin und bitte Gott um Beistand.

Das Steuer in der Hand behalten

Jetzt fühle ich mich irgendwie wie nach einem Hausputz. Die Dreckecken sind bereinigt, die Schublade, in der alles verschwindet, habe ich umgestülpt, weggelegt was ich nicht mehr brauche, den Rest ordentlich wieder eingeräumt, damit ich auch sehen kann, was für Schätze ich habe, aber auch was noch zu erledigen ist.

Ausblick

Aufgeräumt kann ich jetzt dem nachspüren, was mich im Neuen Jahr lockt. Nicht Vorsätze, die ich sowieso nicht durchhalte, sondern mich in das Neue locken lassen. Es liegt meist vor meinen Füssen, ich brauche mich nur zu bücken und es aufzunehmen. Damit ich aber sehe, was da liegen könnte versuche ich, mir Zeit einzuräumen. Das gelingt mir meist am Abend. Ich schaue auf den Tag, danke für die Erfahrungen und frage mich:

  • Was hat er mir ermöglicht?
  • Welche Begegnungen gab es? Welche Gefühle haben sie hinterlassen?
  • Was klopft an? Ist es etwas, das mich reizt? Will ich Ja dazu sagen?

Bei allem was mich reizt, versuche ich mich darauf zu konzentrieren, was ich mit meinen Kräften umsetzen kann. Damit kann ich den Kurs meines Lebensschiffes im Blick behalten, auch wenn die nächsten Stürme in 2020 mein Schiff in Gefahr bringen. 



Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang