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Acht Phasen der Partnerschaft - Sexualität bis ins Alter

Welche Gefühlswelten durchleben Paare? In den Überlegungen z.B. des Synodalen Weges und anderswo wird das nicht erklärt. Jutta Mügge unterscheidet acht sehr unterschiedliche Phasen, sie zeigt auch, wie Sexualität jeder Phase der Partnerschaft eine eigene Tönung gibt. Weil es um 8 Stufen geht, ist dieser Beitrag länger ausgefallen.

1. Stufe: Sich finden

Ein wenig unsicher und manchmal auch ziemlich schüchtern beginnen die ersten zarten Kontakte zum anderen Geschlecht. Es gibt etwas Anziehendes am anderen. Die lächelnden Augen, die schönen Beine, der Tonfall in der Sprache, die Hilfsbereitschaft, es sind verschiedene Eigenschaften, die anziehend wirken. Fragt man die jungen Menschen was ihnen aneinander gefällt, dann können sie es meist nicht so genau sagen. „Och alles“. Auf jeden Fall hat es gefunkt. Sie sind verliebt.
Ein neuer Abschnitt beginnt in ihrem Leben. Beim Spazierengehen kann man miteinander reden, vom anderen etwas erfahren. In der Disco powert man sich gemeinsam aus. Aber das ist nicht alles, was man voneinander will. Da gibt es den großen Wunsch nach Nähe, die Sehnsucht nach Zärtlichkeit, nach Berührung. So nahe wie möglich mit dem anderen sein, so oft wie es geht zusammen zu sein. Auch miteinander schlafen. Sex haben. Sich ausprobieren, spüren wie das ist. Wenn das eine Weile so geht, dann tauchen die Fragen auf, die für eine langfristige Beziehung entscheidend sind. Es geht nämlich um Werte, die Grundlage von Tugenden, die lebensfähig machen und lebenslang „halten“.

  • Kann ich mich auf den anderen verlassen?
  • Kann ich ihm-ihr vertrauen?
  • Kann ich mit ihm-ihr über meine Schwierigkeiten und Ängste reden?“
  • Kann ich auch sagen, wenn ich mich ärgere oder will er-sie das gar nicht hören“.

Sie sammeln Erfahrungen miteinander und können spüren, ob sie sich gut tun, ob sie zueinander passen könnten. Sie entwickeln Sensibilität füreinander. Haben sie bisher im 7. Himmel geschwebt, kommt jetzt der Alltag. Denn es gibt auch Untiefen und Strudel, die bewältigt werden müssen. Die verschiedenen charakterlichen Eigenarten prallen aufeinander. Sie entdecken plötzlich Eigenschaften aneinander, die nicht so leicht auszuhalten sind .Die noch nicht ausgesprochenen Fragen suchen nach Antworten. Die ersten Konflikte sind da.

Welche Krise muss bewältigt werden: Meist geht es um Wertschätzung, um Rücksichtnahme, um Offenheit und ob jeder beim anderen im Blick ist. Schnell ist der eine oder andere durch irgendein Verhalten verletzt. Auch in der Sexualität geht es nicht nur um Sex, der beide zufrieden stellen soll, sondern vor allem um Zärtlichkeit und Vertrauen. Wenn es jetzt unstimmig wird, braucht es Klärung.

Wachstumsmöglichkeit: Eine verlässliche Beziehung braucht das Gespräch. Es geht jetzt darum, Unmut, Verletzung, Ärger, Angst mit dem anderen besprechen und Wünsche und Sehnsüchte äußern zu können. Schaffen sie das Gespräch über diese ganz intimen Fragen und Befindlichkeiten und kommen sie zu guten verlässlichen Vereinbarungen, haben sie sich die Voraussetzungen für die nächste Stufe erarbeitet. Denn für die nächste Stufe braucht es ein solides Fundament, eine Verständigungsbereitschaft, auch wenn’s stürmt.

Welche Rolle spielen Freunde: In dieser ersten Phase der Beziehung haben meist beide noch ihre Freunde und Freundinnen aus Schulzeit, Studium oder dem Beruf. Man trifft sich gemeinsam und lädt sich auch nach Hause ein. Man geht „einen Trinken“ und verbringt manchmal auch kurze Urlaube miteinander. Gemeinsame Hobbys erleichtern das Zusammenspiel. Für die erste Krise sind die Freunde und Freundinnen vor allem deshalb wichtig, weil man sich erst einmal ausheulen und Rat suchen kann. Man kann seine Sorgen mit der Freundin oder dem Freund durchsprechen. Das hilft bei der Suche nach konstruktiven Lösungen.

2. Stufe: Gemeinschaft gründen

Sie wollen mehr Alltag miteinander verbringen und ziehen in eine gemeinsame Wohnung. Sie probieren das Leben zu zweit aus. Jeder geht seiner Arbeit oder Ausbildung nach und in der Freizeit schaut man, dass etwas gemeinsam geht, aber auch jeder noch sein Eigenes bewahren kann. Diese Phase hilft, dass sich die Beziehung noch mehr erdet. Dass sich der Alltag auch mit seiner Unwirtlichkeit im gemeinsamen Leben bewährt. Erst dann gibt es die innere Sicherheit, auch Familie gründen und Nachwuchs in die Welt setzen zu können.

Welche Krise muss bewältigt werden: Da jeder seinen eigenen Alltag in der Gemeinschaft lebt, kommt es ab und an zu Spannungen. Da ist die Koordination der Termine und der gemeinsamen Zeit ein Problem. Man hat sich mehr Unterstützung bei den häuslichen Verpflichtungen versprochen, es sind noch viele Absprachen zu treffen, bis der Alltag rund läuft.

Wachstumsmöglichkeit: In dieser Stufe erleben die beiden, dass man immer wieder auch über die kleinen Alltagsdinge reden muss, ehe sie zu Störfaktoren werden. Denn sie sind es, die sich später, wenn sie nicht angesprochen wurden, zusammenbrauen, explodieren und dann oft zu vorschnellen Entschlüssen führen.

Worin besteht die Anziehung: Die Verlässlichkeit, die vom Partner ausgeht, ist anziehend, wenn jeder erlebt hat, dass man auch gemeinsam Stromschnellen meistern kann, ohne dass einer abtaucht. Wichtig ist auch die Erfahrung, dass der andere nicht verschwindet, wenn es schwierig wird, sondern sich stellt. Das vertieft das Vertrauen. Die Sicherheit, dass es einen verlässlichen Lebenspartner gibt, der/die die Kompetenz hat, sich den Turbulenzen einer Beziehung zu stellen, setzt Perspektiven frei. Jetzt kann die Partnerschaft verbindlich werden. Manchmal muss der Nachwuchs noch etwas warten, weil beide erst ihre beruflichen Ziele verfolgen wollen. Diese Zeit ist oft energiegeladen und die Sexualität hat eine hohe Dynamik

Welche Rolle spielen Freunde: In dieser Phase braucht man die Freunde noch oft. Für den Umzug, für gemeinsamen Sport, Treffen etc.. Allerdings kristallisieren sich jetzt bereits die Freunde heraus, die noch länger mit dem Paar Gemeinsamkeiten teilen werden. Einige gehen aber für immer verloren, nicht nur durch Wegzug oder Arbeitsplatzveränderung, sondern weil die Gemeinsamkeiten zu gering geworden sind. Oft behalten die Frauen ihre Freundinnen länger als die Männer. Sie sind es auch meist, die das soziale Netz pflegen. Manchmal legen Männer mit der Hochzeit ihre Männerfreundschaften ab. Das führt zu einem Ungleichgewicht. Sie sollten in dem sozialen Gefüge nicht allein auf die Frau angewiesen sein. Das heißt konkret, dass sie sich auch Zeit zur Pflege ihrer eigenen Freundschaften nehmen sollten.

3. Stufe: Nachwuchs ist willkommen

Die Schwangerschaft wird oft als ein gemeinsames Abenteuer erlebt. Die Sexualität gewinnt eine neue Zärtlichkeit, wenn es dem Mann gelingt, sensibel auf die hormonellen Veränderungen der Frau einzugehen. Die Bereitschaft des Vaters, bei der Geburt dabei zu sein, verbindet die beiden. Es gibt so etwas wie ein neues Glück. Ist der neue Erdenbürger auf der Welt, kommt zu den beruflichen Aufgaben der Eltern die Brutpflege hinzu. Das ist eine zusätzliche Herausforderung, die sie meistern müssen und wollen. Mit viel Hingabe wird dieses „Wunder“ Kind in den Kreis der Familie aufgenommen. Es setzt erst einmal neue Kräfte frei.

Welche Krise muss bewältigt werden: Die Brutpflege rückt in den Vordergrund. Alle Aufmerksamkeit und Zuwendung wandert jetzt zu diesem kleinen Wesen. Für Männer ist das manchmal schwierig, wenn alle Aufmerksamkeit der Frau dem Baby gilt. Das Gefühl der Zurücksetzung kann die Beziehung belasten. Meist müssen beide aber auch noch Arbeit und Erziehung „unter einen Hut“ bringen. Das ist keine leichte Aufgabe. Es müssen Schlafdefizite in Kauf genommen werden, wenn die Kinder krank sind oder nachts nicht schlafen. Es bleibt nicht viel Zeit und Energie für die Zweisamkeit der Partner und manchmal auch wenig Lust für die Sexualität. Zudem befinden sich beide noch im Aufbau ihrer beruflichen Karriere bzw. müssen noch Examina und Prüfungen bestehen. Für Zärtlichkeit ist noch ein bisschen Energie da, die Sexualität kann aber der Müdigkeit zum Opfer fallen. Die Partner geraten sich ein wenig aus dem Blick und so kann die Beziehung in den Hintergrund treten. Das wird schmerzlich bewusst, wenn die Kinder in die Pubertät kommen und Distanz zu den Eltern aufbauen. Eine weitere Klippe besteht darin, dass, wenn die Frau nicht berufstätig ist, ihr die Sorge für die Kinder und deren Erziehung wie von selbst zufällt. Damit manövriert sich der Mann aber aus der Familie heraus. Für ihn ist es wichtig sich einen Part in der Erziehung der Kinder zu sichern.

Wachstumsmöglichkeiten: In dieser Phase der Brutpflege und der beruflichen Herausforderungen können die Partner sich nicht nur gegenseitig stützen. Sie sollten sich auch füreinander Zeit nehmen. Bei solchen Wochenenden sollten die Kinder nicht dabei sein, sondern bei den Großeltern sein. Dann hat das Paar nicht nur Zeit, ungestört die Schlafdefizite auszugleichen, sondern die Beziehung zu intensivieren. Diese gemeinsamen Zeiten sollten im Terminkalender beider fest verankert werden. Das gibt auch den Großeltern die Chance ihre Enkel mal länger zu haben.

Worin besteht die Anziehung: Auch wenn der Nachwuchs so viel Aufmerksamkeit abzieht, die Partner haben noch gegenseitige Anziehungskraft. Beide genießen es, wie liebevoll der jeweils andere mit dem Kind umgeht, wie sich aus ihrer Partnerschaft eine kleine Familie entwickelt. Sie sind stolz auf ihr Kind und freuen sich gemeinsam, wenn Geschwister hinzukommen. Sie sind auch stolz aufeinander, weil es ja die Kinder ihrer Liebe sind. Wenn es Zeit gibt und Kinder wie Beruf nicht alle Energie abziehen, dann gibt es auch Zärtlichkeit und Nähe miteinander.

Welche Rolle spielen Freunde: Da das Paar nicht mehr so unabhängig ist wie in der Zeit ohne Kinder, müssen sie sich manchmal arrangieren, so dass jeder auch mal rauskommt. Wenn kein Babysitter da ist, machen sie auch schon mal etwas alleine mit den Freunden. Da ist es ganz wichtig, dass der Mann auch seine Freunde hat, mit denen er zum Fußball, Squash oder auch mal auf einen Kurztrip zum Skilaufen oder ans Meer fahren kann. Das entspannt die Situation zu Hause. Wenn Freunde auch Kinder haben ist das viel einfacher, dann trifft man sich mit den Kindern und stellt die Freizeit und den Urlaub darauf ein. Mit den befreundeten Familien in Urlaub zu fahren, ist zwar auch nicht Ohne, aber es kann auch ganz entspannt sein, weil die Kinder immer jemanden zum Spielen finden und die Eltern entlastet sind.

4. Stufe: Kinder loslassen

Die Ablösung der Kinder ist in den westlichen Industrieländern ein längerer Prozess, weil die Kinder einerseits früher in die Pubertät kommen und zum anderen wegen der längeren Ausbildungszeiten oft noch zu Hause wohnen, wenn sie die Universität besuchen. Manche Kinder, die um Eigenständigkeit zu gewinnen, ausgezogen sind, kehren auch manchmal wieder ins Elternhaus zurück, weil das Leben so angenehmer gestaltet werden kann und ohne finanzielle Engpässe zu bewältigen ist.
Für die Eltern besteht die Versuchung darin, sich über die Rückkehr der Kinder zu freuen, um so von deren Lebendigkeit zu partizipieren und ihren Erfahrungswelten näher zu sein. Diese Gefahr kann durch die Kinder ausgenutzt werden, wenn sich die Eltern in ihrem Verhalten gegenüber den Kindern nicht einig sind. Dann ist es für die Kinder ein Leichtes, einen Elternteil auf seine Seite zu ziehen, die Söhne meist die Mutter, die Töchter den Vater. Damit können Koalitionen entstehen, die zu Spannungen führen. In Patchworkfamilien ist die Gefahr noch größer, dass die Kinder verhindern, dass die Partner Zeit füreinander haben. Es kann sehr gut dazu kommen, dass die Mutter will, dass die Tochter auszieht, der Vater aber die Tochter gerne noch um sich herum hätte. In gleicher Weise ist es eher das Interesse des Vaters als der Mutter, dass der Sohn auszieht.

Welche Krise muss bewältigt werden: In dieser Stufe sollen die Kinder den Weg in die Eigenständigkeit gehen können. Sie sollen lernen, wie das ist, ohne vollen Kühlschrank und gewaschener Wäsche von Mama zu leben. Eltern, die ihre Sprösslinge zu lange unter dem Elterndach halten, zögern das Selbständigwerden hinaus. Sie sollten ihren Kindern Eigenständigkeit abverlangen, sonst nehmen sie den Kindern die Chance, schneller auf eigene Füße zu kommen. Sie realisieren auch nicht, dass auch für sie selbst eine neue Phase zu bewältigen ist. Veränderungen klopfen an die Tür. Die nächste Phase kann jedoch erst beginnen, wenn die Eltern gegenüber ihren Kindern bedeuten, dass sie ihren Erziehungsauftrag abgeschlossen haben. Sie zögern also nicht nur die Eigenständigkeit der Kinder hinaus, sondern auch die Gestaltung der neuen Phase in ihrer Partnerschaft.
Das betrifft mehr die Frauen, die in ihrer Mutterrolle gefangen bleiben, während die Männer sich meist auf ihren Beruf konzentrieren. Wenn die Kinder dann auch noch spüren, dass die Beziehung der Eltern kriselt, verstärkt das die Koalitionsbildung. Dann verbünden sich die Töchter eher mit der Mutter. Die Versuchung liegt darin, dass die Ehepartner, vor allem wenn sie streiten, dann Rückhalt eines ihrer Kindern spüren, sich gegenüber dem Partner stärker fühlen und so die Solidarität der Kinder den Konflikt verschärft.

Wachstumsmöglichkeiten: Es ist deutlich, dass die Kinder deshalb auch ins Leben geschickt werden müssen, damit die Partnerschaft nicht aufs Spiel gesetzt wird. Eltern geben ein Signal, dass jetzt die Erziehungsphase vorbei ist und sich das Paar wieder auf sich konzentrieren muss. Deshalb liegt in dieser Phase auch eine Chance, wenn nämlich das Paar nicht mehr seine Elternrolle wahrnimmt, sondern die erwachsenen Kinder als gleichberechtigte Partner behandelt. Das zeigt sich, wenn Kinder noch im Haushalt leben. Sie werden dann nicht mehr als Kinder behandelt, wenn sie wie die Eltern Verantwortung für den Haushalt übernehmen. Die Eltern zeigen so, dass sie ein Paar sind, das unabhängig von den Kindern genug Lebendigkeit zeigt, ihr Leben und besonders die Partnerschaft selbst aktiv zu gestalten.

Worin besteht die Anziehung: Gelingt es den Partnern, ihr eigenes Leben wieder in den Blick zu nehmen, dann spüren sie erst einmal das Defizit, das sie geschaffen haben. Es gibt manchmal nicht mehr viel zu erzählen und Gemeinsames muss erst wieder aufgebaut werden. Aber es gibt noch etwas, auf das man zurückgreifen kann. Die Faszination von früher. Was war es denn, was mich angezogen hat? Wie hat sich der/die andere entwickelt? Was hat er/sie aus sich gemacht? Wo stehen wir heute und was wollen wir miteinander in den nächsten 20 Jahren, die uns vielleicht noch bleiben?

Welche Rolle spielen Freunde: Wer jetzt keine Freunde hat, kann sich sehr allein fühlen. Denn in dieser Phase sind Freunde überlebensnotwendig. Jetzt muss man reden. Freunde sind ja meist in einer ähnlichen Situation, so dass man sich gegenseitig austauschen kann. Aber auch zur Stabilisierung braucht man sie. Sie kennen nämlich das Paar meist genau so lange wie die Verbindung zwischen den beiden. Es wird deutlich, dass Freunde in den verschiedenen Phasen unterschiedliche Aufgaben haben. Deshalb sollte es ein großes Anliegen sein, Freundschaften ein Leben lang zu pflegen.

5. Stufe: Neue Orientierung mit dem Partner

Die Brutpflege war das gemeinsame Projekt, das die Partnerschaft vertieft und die gegenseitige Solidarität ganz natürlich gestärkt hat. Wenn nach der Ablösung der Kinder die Partnerschaft sich auflöst, ist das meist nur ein Zeichen dafür, dass die Beziehung schon in der Phase der Brutpflege angespannt war und zu wenig Kraft da war, um die Spannung zu lösen.
Gelingt der Übergang in die neue Phase, setzt das Gestaltungsräume frei. Meist ist sie aber auch mit dem Gefühl verbunden, dass das Leben vorher reicher war und dass jetzt etwas fehlt. Das betrifft die Frauen meist mehr als die Männer, denn die Frauen waren in der vorausgegangenen Phase mehr in den Familienalltag eingebunden. Das "Loch", das die Frauen oft spüren, kommt für den Mann meist erst mit dem Abschied aus dem Arbeitsleben.
Frauen, die bis jetzt nicht berufstätig waren, nutzen den Zugewinn an Zeit oft dafür, beruflich neu zu starten bzw. noch etwas beruflich zuzulegen oder sich ehrenamtlich zu engagieren. Gleichzeitig beginnt aber auch oft die Menopause bei der Frau. Sie spürt Hitzewallungen und fühlt sich in ihrem Körper nicht mehr so sicher. Das bleibt natürlich nicht ohne Reaktion. Manche kompensieren diese Körperreaktionen mit Hormonen und wollen die Wechseljahre damit hinauszögern. Das kann erst einmal eine Entlastung sein, aber ganz ungefährlich sind die Hormongaben auch nicht, denn es gibt die Vermutung, dass gerade Brustkrebs häufig mit der verlängerten Homonphase nach der Menopause zu tun hat. Auch ist es für die Frau eigentlich eine Zeit, in der sie sich auf sich und das was sie in ihrem Leben noch gestalten will, besinnen sollte. Die Menopause ist zwar mit ihren Schweißausbrüchen und Hitzewallungen anstrengend, aber irgendwann ist das durchgestanden und es gibt eine neue Freiheit. Diese Freiheit und Unabhängigkeit von körperlichen Ereignissen ist für die Frauen meist eine Wohltat. 

Worin besteht die Krise: Die Krise kann darin liegen, dass sich beide in den Beruf stürzen und wieder für die Partnerschaft wenig Zeit bleibt. Es kann auch sein, dass die beginnende Menopause der Frau für den Partner nicht so leicht zu verkraften ist und dass er sich für seine sexuellen Bedürfnisse nach außen wendet. Wenn es sowieso in der Ehe gekrieselt hat, dann ist es in dieser Phase schnell passiert, dass der eine oder die andere aus der Partnerschaft aussteigt. Manchmal geht auch die Achtung und Bewunderung für den anderen verloren, weil er oder sie sich nicht weiterentwickelt, stehen bleibt., nichts aus seinen Möglichkeiten macht. Dann kann das Leben eng werden „klein-klein“ bleiben. Welche Perspektive bleibt dann für beide?

Wachstumsmöglichkeit: Nutzen sie ihre Möglichkeiten sich zu entwickeln, schafft das neue Intimität, unterstützt die gegenseitige Achtung und das Interesse aneinander. Es können ganz neue gemeinsame Unternehmungen entstehen. Neue Perspektiven entwickeln sich in der Freizeitgestaltung. Theater, Musik und andere Künste können neu entdeckt werden. Was in der Erziehungsphase liegen bleiben musste, kann jetzt die Partnerschaft neu beleben. Für die meisten Paare ist es eine Zeit, die aktiv gestaltet werden will.
Die Chance für die Partnerschaft liegt darin, dass jeder seine Begabungen und Talente ins Spiel bringt. Jetzt ist die Zeit dafür frei, seinen Lebensauftrag, unabhängig von den Kindern, neu in den Blick nimmt und in der Gestaltung des Neuen vom anderen Unterstützung zu erfahren. Es geht um einen neuen Lebensinhalt. Auch darum, etwas zu gestalten, Erfolg zu haben und den Erfolg des anderen miterleben zu dürfen. Dem anderen den Rücken freizuhalten, ihn in seinen Gaben und Talenten zu fördern. Bewunderung kann neu entstehen, wenn sich beide in ihren Begabungen unterstützen. In der Sexualität können auch neue Formen entdeckt werden, die die spätere Phase der Partnerschaft, in der weniger Sex möglich wird, schon vorbereitet, damit für beide eine befriedigende Form der Nähe gelebt werden kann.

Worin besteht die Anziehung: Sich nach der Kinderphase auf die eigene Lebensaufgabe zu konzentrieren, kann egoistisch wirken, aber genau das ist eine Fehleinschätzung. Denn erst wenn jeder sein Eigenes in Beruf und Ehrenamt in diese Welt einbringt, entsteht eine „reiche“ Gesellschaft. Das überträgt sich auch auf die Partnerschaft. Wenn die Partner beruflich oder ehrenamtliche ihre Begabungen und ihren Gestaltungswillen einbringen, steckt darin ein großer Eros. Dieser Eros ist für den Partner anziehend, nämlich zu sehen, was im anderen steckt, was alles noch möglich ist und wie man an den Begabungen und Talenten des anderen teilhaben darf. Da spüren Partner manchmal eine große Bewunderung für Kompetenzen die bislang noch gar nicht zu Tage getreten sind. Das ist anziehend, erotisch manchmal sogar und attraktiv.

Welche Rolle spielen Freunde: Jetzt verfestigen sich Freundschaften oder gehen auseinander. Es gibt auch die Chance nochmal neue Menschen zu finden, die zu einem passen, weil es neue Gestaltungsräume gibt, Menschen zu begegnen. Die Freunde, die sich auch nochmal anstrengen, um den persönlichen Lebensauftrag noch deutlicher zu konturieren, verstehen, dass man sich nicht so oft treffen kann. Aber die Begegnungen, die möglich sind, sind dann auch sehr lebendig. Jeder kann seine Erfahrungen einbringen und seine Pläne besprechen. Schon durch das Interesse unterstützt man sich gegenseitig. Hinzu kommt das Interesse zu erfahren, wie der Nachwuchs mit den Herausforderungen von Studium und Beruf fertig wird.

6. Stufe: Die Großelternphase

Wenn mit dem Eintritt ins Rentenalter keine Enkel geboren sind, braucht es erst einmal noch etwas Eigenes, das sich möglichst schon in den Jahren vorher aufgebaut hatte. Für die Männer ist das wichtiger als für die Frauen, weil Frauen oft immer noch auch neben dem Beruf einen machtvollen Bereich im Haushalt besetzen. Wenn sie in Rente gehen, dann bleibt für sie immer noch was zu tun. Männer sind erst einmal mit einer Leere konfrontiert, vor allem, wenn sie während der Berufstätigkeit nicht für Ausgleich und Hobbys gesorgt haben. Der Platz im Haus und im Haushalt wird jetzt häufig geteilt. Aber auch das ist nicht immer für beide Seiten sehr prickelnd. Eigentlich braucht jeder im Alter etwas Eigenes.
Sind dann Enkel da, gibt es wieder eine neue gemeinsame Aufgabe für die Großeltern. Wegen der Berufstätigkeit der jungen Eltern sind die Großeltern oft für die Kinderbetreuung gefragt. Das bringt neues Leben und auch Verantwortung in die Partnerschaft der Senioren. Oft blühen sie noch einmal richtig auf, weil ihnen das kleine Wesen so viel Jugend und Lebendigkeit in ihr Leben einspielt.

Worin besteht die Krise: Die Gefahr ist groß, dass die Großeltern sich in die Elternrolle manövrieren, wenn die Kinder berufstätig sind. Sie übernehmen dann eine Aufgabe, die sie selbst schon einmal bei ihren Kindern wahrgenommen haben. Aber für Großeltern steht nicht mehr der Erziehungsauftrag im Mittelpunkt.

Wachstumsmöglichkeiten: Großeltern haben eine andere Aufgabe. Großeltern sind wichtig für das Gefühl der Sicherheit des Kindes in dieser Welt. Es gibt außer den Eltern noch Menschen, auf die sich das Kind verlassen kann. Selbst wenn sich die eigenen Eltern mal streiten, dann gibt es noch Oma und Opa. Sie haben die Aufgabe, dem Kind den Rücken zu stärken, es in seinen Gaben und Talenten zu unterstützen, ihm Zeit zu schenken, denn sie haben mehr als die meisten berufstätigen Eltern. Die richtige Rolle zu finden, ist für die Enkelkinder eine wichtige Lebenserfahrung. Zugleich ist es die Einübung, auch mit älteren Menschen umgehen zu lernen. Das Gefühl, in einem Verbund von drei Generationen zu stehen und sich darin zu erleben, gibt Orientierung auch für die eigene spätere Lebensgestaltung. Die Enkelkinder gewinnen so mehr Sicherheit für ihr eigenes Leben. Auch wenn die Großeltern keinen Erziehungsauftrag haben, können sie Geborgenheit vermitteln. Sie können den Kindern Zugänge zu Kultureinrichtungen, Zoo u.a. eröffnen, wofür den Eltern oft die Zeit fehlt. Zudem sind nicht nur die zeitlichen, sondern auch die finanziellen Ressourcen der Großeltern meist größer.

Worin besteht die Anziehung: Es gibt so etwas wie gesunden Stolz, wenn Großeltern auf ihre Enkel schauen. Das schwingt als ein gutes Grundgefühl zwischen den Partnern. Sie spüren, wir haben etwas geschaffen, was über uns hinausgeht. Das verbindet innerlich. Auch die Beobachtung, wie der jeweils andere Partner mit dem kleinen und größer werdenden Enkelkind umgeht, kann das Gefühl vertiefen, mit einem sehr einfühlsamen Menschen zusammen zu leben. Das schafft für die nächste Phase des Alters gute Voraussetzungen.

Welche Rolle spielen Freunde: Sind die Großeltern bereits in Rente, gibt es auch für die Freunde meist mehr Zeit. Wenngleich häufig zu beobachten ist, dass Rentner eigentlich „nie“ Zeit haben. Woran es auch immer liegen mag, sie sind oft verplant. Aber Freunde, die bis jetzt durchgehalten haben, sind sehr wichtig. Sie spielen nicht nur am Wochenende eine Rolle und werden stärker in die eigenen Aktivitäten einbezogen. Es wird häufiger gemeinsam etwas unternommen oder sogar zusammen in Urlaub gefahren.

Haben die Großeltern ihre Lebensmitte bis jetzt nicht in die Partnerschaft und in den Freundeskreis verlegt, wird die nächste Phase höchst krisenhaft, denn hier kommen auf den Mann die größeren Umstellungen zu.

7. Stufe: Der Ausstieg aus dem Beruf

Frauen haben neben ihrem Beruf immer noch den Haushalt als Aufgabe gehabt. Dieses Feld geht ihnen nicht verloren. Scheidet der Mann aus dem Beruf aus, steht er nicht selten vor einer großen Leere. Diese Leere hat die Frau bereits beim Auszug der eigenen Kinder erlebt. Sind die Enkelkinder bereits größer oder schon im Studium oder bereits in einer festen Beziehung, entfällt auch dieser Lebensinhalt. Jetzt ist vor allem der Mann auf die Partnerschaft angewiesen.

Worin besteht die Krise: Es fehlen meist die Energien, etwas Neues zu beginnen. Wenn in den vorausgegangenen Phasen nach der Brutpflege nicht in die Beziehung und in gemeinsame Interessen investiert wurde, es keinen Garten gibt und auch beide sich nicht beweglich gehalten haben, bleiben nur noch die Arztbesuche, das Café oder, wenn man das Geld, hat die Kreuzfahrt. Es gibt dann oft Unzufriedenheit, die mit Alkohol und Fernsehen kompensiert werden.

Worin besteht die Anziehung: Wenn jeder noch eine Lebensaufgabe für sein Alter gefunden hat, dann ist das sehr anregend für die Partnerschaft. Jeder kann Seines betreiben und man kann sich austauschen. Das macht das Zusammenleben lebendig, denn der Partner bleibt interessant. Es braucht jetzt neue Qualitäten vom Partner, denn der Sex in der Sexualität rückt immer mehr in den Hintergrund. Vor allem die Frauen haben eher weniger Lust auf Sex, dafür aber auf einen zärtlichen, anregenden und feinfühligen Partner.

Wachstumsmöglichkeiten: Das Miteinander bleibt lebendiger, wenn jeder von beiden in den vorausliegenden Jahren seinen Lebensauftrag umgesetzt hat, z.B. sich ehrenamtlich engagiert und auch ein Hobby gepflegt hat. Es gibt auch mehr Freiheit und das Gefühl der Unabhängigkeit, wenn jeder etwas Eigenes unternehmen kann und darf. Zeit für gemeinsame „romantische“ Stunden sollten eingeplant werden, denn vor allem die Frauen reagieren auf Atmosphärisches.

Welche Rolle spielen Freunde: Wie in der Stufe davor fährt man jetzt die Früchte der Freundschaften ein. Wer nie in Freunde investiert hat, der wird auch jetzt nur schwer welche finden, weil sie bereits in ihren Freundschaftskreisen „vergeben“ sind. Neue Freunde im Alter zu finden, ist nicht unmöglich, aber nicht ganz einfach. Dafür braucht es Erfahrung. Die Freunde stabilisieren das Älterwerden, denn man kann es auch bei den anderen sehen, wie es ihnen geht und die „Zipperlein“ über die geredet wird, kennen die anderen auch. Im besten Falle gibt es so etwas wie eine Alterssolidarität unter den Freunden. Aber man ist noch „fit“ und genießt das Zusammensein.

8. Stufe: Sich auf das Sterben vorbereiten

Alt werden heißt auch, auf das Leben zurück zu blicken, den Herbst, die Ernte zu genießen. Das Leben war voll von schönen aber auch schwierigen Dingen, es konnte viel erreicht werden und manches ist missglückt. Man kann den Blick auch auf das richten, was gelungen ist. Auf Kinder, Enkelkinder, vielleicht sogar Urenkel. Man kann die Saat, die aufgegangen ist genießen.
Aber alt werden bedeutet auch, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Denn selten sterben wir plötzlich und gesund. Meist gibt es ein Gebrechen, an dem wir dann irgendwann verscheiden. Die Phase des Älterwerdens mit den Gebrechlichkeiten braucht auch immer noch eine Perspektive. Das heißt Planung. Was machen wir, wenn einer von uns nicht mehr so  kann? Wie regeln wir unser Wohnen? Wie sichern wir ab, dass wir zusammenbleiben können? Was geschieht mit dem, der alleine zurückbleibt?

Worin besteht die Krise: Sich mit den Gebrechen des Alters und den damit verbundenen Fragen zu beschäftigen, fällt vielen älteren Paaren schwer. Oft meinen sie, der andere überlebt sowieso den eigenen Tod. Dann braucht man noch nichts regeln. Die fehlende Auseinandersetzung führt deshalb oft dazu, dass die letzte Phase nicht geplant wird. Die Krise ist nicht sehr auffällig, sie besteht eher darin, dass nicht rechtzeitig gehandelt wird. Die Konsequenzen dieser Krise muss oft der tragen, der alleine zurückbleibt. Sind das Testament, die Patientenverfügung, der Betreuungsvertrag, wie die Entscheidung für das Wohnen im Alter nicht konkret formuliert, überlässt man den eigenen Kindern Aufgaben, die man hätte selbst lösen müssen. Der, der alleine zurückbleibt, ist dann auch oft zu alt, um noch eine gute Lösung für die eigenen letzten Jahre zu finden. Diese Fragen sollte man angehen, bevor es zu spät ist.

Wachstumsmöglichkeiten: Die Chance sich von einer Lebensphase zu verabschieden und den letzten Lebensabschnitt noch bewusst zu gestalten, wird dann ergriffen, wenn sich beide frühzeitig mit den Fragen beschäftigen und auch die notwendigen Entscheidungen treffen. Der Wechsel dann vielleicht in ein Seniorenstift fällt auch leichter, wenn er schon einmal angedacht war. Außerdem kann frühe Planung auch noch die Auswahl eines geeigneten Hauses ermöglichen. Warten Ehepaare, bis es nicht mehr anders geht, müssen sie oft nehmen, was noch frei ist. Wenn diese letzte Phase nicht von den Betroffenen geregelt wird, legen Sie eine große Last auf ihre Kinder, denn diese müssen dann die Entscheidung treffen. Genau so wichtig ist, seine Hinterlassenschaft zu regeln, um nicht unter den Kindern und Enkeln Streit anzuzetteln. Auch das Thema „Tod“ darf nicht ausgeklammert werden. Es ist wichtig, sich den spirituellen Fragen zu stellen, die auftauchen. Da gibt es oft die Frage, was wohl nach dem Tod kommt und wie das Sterben ist. Es sollte auch ausgesprochen werden, was sich jeder vom anderen in seiner Sterbestunde erhofft. Können die Partner diese empfindlichen Themen besprechen, gibt das viel Nähe und Vertrauen.

Worin besteht die Anziehung: Wenn es in der Partnerschaft zuerst darum ging, dem anderen näher zu kommen, gemeinsam etwas aufzubauen, Familie zu werden, den anderen in seinem Lebensauftrag zu unterstützen, dann geht es in der letzten Lebensphase darum, sich gegenseitig Hoffnung zu geben. Mit dem anderen das endgültige Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, ihn in der Vorbereitung auf den Tod zu unterstützen, ihn freizugeben und ihm zu helfen, dieses Leben loszulassen zu können. Auf das Leben zu blicken, das die beiden gemeinsam gemeistert haben. Erinnerungen zu teilen mit Fotoalben und Tagebüchern. Sich gegenseitig zu helfen mit der Angst vor dem Sterben fertig zu werden. Diese Form von Nähe und Vertrauen ist die Frucht einer erwachsenen, wunderbaren Partnerschaft. Sie ist zwar ein Geschenk aber man muss auch etwas dafür tun. Sie braucht Aufmerksamkeit für den anderen wie für sich selbst. Sie braucht das regelmäßige Gespräch. Sie braucht gemeinsame Projekte und Werte. Sie ist nicht zuletzt die Frucht der Liebe. 

Welche Rolle spielen Freunde: Es gibt jetzt nicht mehr viele Freunde. Einige sind schon verstorben, andere sind krank und sogar nicht mehr mobil. Von den vielen oder wenigen Freunden bleibt in der letzten Phase oft nicht mehr viel. Je älter wir werden, desto gewisser ist es, dass niemand mehr da ist von ihnen, wenn wir sterben. Dann gibt es nur noch die Kinder, die Enkel und die Nachbarn.
Wenn Spiritualität und der persönliche Glaube in der Partnerschaft und in den Freundschaften gepflegt wurden, ist die Chance groß, dass wir für unsere Seele dort Nahrung finden. Dann muss die letzte Phase nicht einsam sein, so dass wir vertrauen können, dass da etwas ist, was uns wohlwollend im Sterben begleitet und aufnimmt.


Kategorie: Entdecken

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