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Was wäre der Atheismus ohne die katholische Kirche?

Der Narr im mittelalterlichen Karneval ist derjenige, der Gott nicht aus den Werken seiner Schöpfung erkennt. Atheisten würden sich nicht als Narren bezeichnen, aber sie erfüllen die Rolle, Gott zu leugnen. Warum brauchen sie so etwas wie eine Institution, um ein Wesen zu bekämpfen, das es gar nicht gibt.

Der augenblickliche Zustand, in dem sich die katholische Kirche in Deutschland befindet, braucht eigentlich keine Atheisten mehr, um sich selbst zu zerlegen. Sie hat das Vertrauen der Gläubigen weitgehend verspielt, es gibt fast keinen Priesternachwuchs mehr. Ein Ausweg aus der Dauerkrise ist unwahrscheinlich. Falls diese Kirche einfach verschwindet, wer würde die Folgen mehr spüren, die Gläubigen oder die Leugner Gottes?

Die Gottgläubigen würden wieder glauben

Den Gläubigen wird immer mehr klar, dass diese Kirche, wie sie sich gerade organisiert, für ihren Glauben die Relevanz verliert. Das bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass sie ihren Glauben verlieren oder sogar aufgeben. Aber was passiert mit den Atheisten, wenn ihr Feindbild verschwindet?

Die Atheisten: Der Gegner ist weg

Sie können sich erst einmal bestätigt fühlen. Schließlich kämpfen sie seit Jahrhunderten gegen diesen Feind. Vielleicht erleben sie diesen „Sieg“ als inneren Durchmarsch.

„Yes – das haben wir ja schon immer proklamiert. Religion ist Opium fürs Volk, um es gefügig zu machen. Es wird Zeit, dass die Menschheit Vernunft annimmt“.

Im gleichen Atemzug würde aber der Angstschweiß auf ihrer Stirn sie verraten, denn intelligente Atheisten können sich die Konsequenzen vorstellen, wenn Kirche ihre moralische Autorität endgültig verspielt hat. Denn wer garantiert dann die Werte, die Würde jedes Einzelnen, den Anspruch auf Frieden und Freiheit? Würden sie das einfach der Politik überlassen? Selbst aus jüngsten Erfahrungen wissen wir, dass Rechtssicherheit gefährdet ist, wenn politische Veränderungen stattfinden. Wir können das ja an anderen Staaten sehen, was da gerade passiert. Wir leben hier in einer Demokratie, in der das Grundgesetz zumindest die Rechte des einzelnen schützt. Aber wie war das unter Hitler, wie ist das in Russland oder der Türkei? Da kann autoritäre Willkür schnell viele Werte und Rechtsnormen außer Kraft setzen. Auch eine Demokratie kann kippen und damit auch die Gesetzeslage.  Wer garantiert dann noch eine wertorientierte Gesellschaft?

Sie müssten die Verantwortung übernehmen

Die Konsequenz für Atheisten wäre, sich neu zu organisieren, weil sie in die Pflicht kommen, die Werte zu definieren, die eine Gesellschaft benötigt, damit auch das gesellschaftliche Gefüge wie das soziale Engagement funktionieren. Wie würden sie garantieren, dass diese Werte der Nächstenliebe, der Sorge um die Armen, die Nichtsesshaften, die Benachteiligten, die Pflege der Kranken und Alten ein beständiger, gesicherter Anspruch auch in politisch schwierigen Zeiten verbindlich bleiben? Wie können sie sicherstellen, dass nicht jede/r neue Machthaber*n diese Werte willkürlich in Frage stellt oder sogar lächerlich machen kann? Wollen sie die Verantwortung übernehmen, für die die Kirche steht und könnten sie es überhaupt? Sollte es tatsächlich so weit kommen, werden die Atheisten mit vielen Problemen konfrontiert sein, die auch die katholische Kirche zu bewältigen hat.

Relevanz von Atheismus

Die Atheisten würden auch den einzigen Grund ihrer Lebensdeutung verlieren, denn es gibt sie ja nur, solange es einen Theismus gibt. Müssten die Atheisten mit dem Untergang der Kirche nicht auch das Auslaufen ihrer Daseinsberechtigung und damit ihren eigenen Untergang befürchten? Denn was wäre, wenn es niemanden mehr gibt, der von Gott spricht? Wer braucht dann noch die Leugnung Gottes? Dazu soll der Vergleich des Jägers dienen:
Jäger gibt es nur solange, wie sie reales Wild erlegen können. Was wäre ein Jäger, der sich in der Phantasie einen Wald vorstellt, in den er noch nicht einmal mit Gewehr und Hund hineingeht, um dort Wild zu erlegen, das er aber nicht mit nach Hause bringen kann, weil es ja gar nicht existiert? Würden wir diesen Jäger einen Jäger nennen? Doch eher einen Phantasten. Ähnlich ist es doch beim Atheisten. Er bekämpft Gott, den er real nicht finden kann. Wenn ihm dann noch die Institution verloren geht, die die Realität des nicht-existierenden Objektes behauptet, ist die Existenz eines Atheisten von innen her ausgehöhlt.

Ist der Atheist vielleicht doch der Narr, der für einen bestimmten Zeitraum, immerhin von Dreikönige bis Aschermittwoch, die Hauptrolle spielt, in dieser Zeit die menschlichen Schwächen aufdeckt und sich über alles lächerlich macht, aber für das normale Leben nicht die Antworten bereithält, so dass man an Aschermittwoch gerne wieder auf die Realität einer moralischen Ordnung zurückkehrt? Aber was ist eine moralische Ordnung wert, wenn es niemanden gibt, der sie garantiert?


Kategorie: Analysiert

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