Warum tun wir uns so schwer, das zu große Haus, die zu große Wohnung aufzugeben? Warum regeln wir nicht den Ernstfall, wenn wir pflegebedürftig werden. Diese Fragen greifen auf den letzten Abschnitt unseres Lebens zu. Was soll dann mit mir passieren, wenn ich in einen desolaten Zustand gerate, in dem ich mich nicht mehr äußern kann? Was soll geschehen, wenn ich nicht mehr alleine essen kann?
Früher habe ich mein Leben aktiv in die Hand genommen
Mit dem Erwachsenwerden haben wir die Verantwortung für die Gestaltung unseres Lebens übernommen. Wir versuchten, uns beruflich zu etablieren, trugen Verantwortung für die Erziehung unserer Kinder, investierten in den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses, gestalteten den Garten, den wir auch jetzt regelmäßig pflegen. Das gehört auch dazu:
Eine Versicherung abschließen, das Auto kaufen, sich mit einem Darlehen fürs Haus verschulden, welches wir regelmäßig abbezahlen, zu reparieren, was kaputtgeht, dahinter her sein, dass „alles“ in Ordnung bleibt.
Über viele Jahre sind wir bereit, uns für ein lebendiges, funktionierendes Leben zu engagieren. Wir sind weitsichtig und gestalten auch das Zukünftige, das sich entwickeln soll, von dem wir Zufriedenheit erwarten. Wir knüpfen Freundschaften, feiern Feste, suchen uns ein Ehrenamt und gewinnen mit unserer Aktivität ein reiches Leben, für das sich die Anstrengungen lohnen. Auch denken wir darüber nach, wie die Schulausbildung der Kinder laufen kann, unterstützen sie im Studium oder der Ausbildung und planen größere oder kleinere Urlaube mit der Familie. Es ist ein durchgeplantes Leben, in dem möglichst wenig Unvorhergesehenes unsere Pläne durchkreuzen soll.
Im Ruhestand – die langfristige Planung erlahmt
Irgendwann gehen wir in Rente, die Kinder sind erwachsen und die Anforderungen von außen nehmen ab. Erst einmal stellt sich ein Gefühl von Freiheit ein. Von den täglichen Anforderungen des Berufes befreit zu sein, scheint ja Zeit in Hülle und Fülle zu eröffnen. Das aber trügt. Wer Rentner fragt, wie viel mehr Zeit sie jetzt im Ruhestand haben als vorher, bekommt oft die Antwort „Ich weiß gar nicht wo die Zeit bleibt“. Das ist ja auch gut so, dass sich nicht Langeweile breitmacht und es für das Alter immer noch viele Möglichkeiten der Lebensgestaltung gibt. Es lässt sich jedoch ein Phänomen beobachten. Es scheint so, als würde kurzfristiger gedacht und gehandelt als im aktiven Erwachsenenalter. Wie die letzte Lebensphase langfristig gestaltet werden kann, damit sie gelingt und wir in Würde sterben können, scheint aus dem Blick zu geraten. Das heißt ja nicht, dass der Tod schon an die Tür klopft. Die letzte Lebensphase kann viele Jahre beinhalten. Deshalb sollten wir sie genauso gründlich durchdenken, konkret planen und sie durch Entscheidungen ins Werk setzen wie die Familienphase oder die berufliche Entwicklung.
Im Alter individuelle Bedürfnisse umsetzen
So wie ich meine Patientenverfügung, den Betreuungsvertrag und mein Testament formuliert habe, könnte ich auch die Art meines Lebens im Alter bestimmen. Welche Werte will ich dann noch verwirklichen und vor allem auch dann, wenn ich Pflegfall werden sollte?
Die Fragen, wie ich meinen Lebensabend verbringen, wie viel Lebendigkeit ich noch um mich herum haben möchte, wie viel kulturelle Ansprache ich brauche, bleiben oft außen vor. Es wird auch nicht bedacht, dass ich mit den Freunden alt werde und gegenseitige Besuche immer schwieriger werden. Auch wird nicht gerne darüber gesprochen, wer mich denn versorgen wird. Erwarte ich, dass meine Kinder mich versorgen? Will ich ihnen wirklich Zeit in ihrer wichtigen Lebensphase „stehlen“. Sie müssen doch selbst sehen, dass sie ihr Leben gut hinbekommen. Oder „miete“ ich mir im Ernstfall eine Pflegekraft? Ich muss mich entscheiden. Wenn ich diese Entscheidung nicht rechtzeitig treffe und lieber abwarte, dann kann es für mich und meine Wünsche zu spät sein. Dann können andere unter Druck geraten, weil sie für mich entscheiden müssen.
Gründe die uns abhalten die Bedingungen für ein würdiges Alter festzulegen
Viele Ältere wollen nicht gerne darüber nachdenken, was mit ihnen mit zunehmendem Alter werden soll. Wenn Hilfe benötigt wird oder sogar Pflege ins Haus steht. Rechne ich überhaupt damit, dass ich eines Tages pflegebedürftig werden könnte? Oder ist es die Angst, sich mit dem Tod auseinander zu setzen und ihn als reales Ende des eigenen Lebens anzuerkennen? Ich würde gerne auch gesund alt werden und irgendwann einmal friedlich einschlafen, aber wer kann sich das schon aussuchen? Was ich aber kann, ist vorzusorgen. Ich kann doch wählen, wie ich mein Alter gestalten will, wie ich wohnen will, wie ich im Pflegefall behandelt werden will. Ob es dann so kommt wird man sehen, aber ich habe zumindest eine Vorstellung davon. Wichtig dabei ist, dass ich die Entscheidung nicht so lange hinausschiebe, bis ich nicht mehr handeln und auch einen Neustart nicht mehr bewältigen kann. Es gibt viele Hinderungsgründe, die uns abhalten diese Entscheidung zu treffen.
Manche sagen einfach: „Ich warte mal ab, wie sich so alles entwickelt, dann kann ich das immer noch regeln“. Genaugenommen aber vielleicht doch nicht, denn mich kann ein Schlaganfall ganz plötzlich treffen, der mir die Sprache verschlägt und ich mich nicht mehr dazu äußern kann. Dann müssen die Kinder oder der Partner für mich entscheiden, was mit mir werden soll. Würde ich mit den Kindern darüber sprechen, würde ich schnell feststellen: Sie wollen eine solche Entscheidung für mich nicht treffen müssen.
Andere sagen: „Ich will noch einmal alles das erleben, was ich bis jetzt noch nicht erleben konnte. Nach mir die Sintflut“. Da wird auf große Reise gegangen, solange die Kräfte reichen, was dann danach passiert, soll sich dann von selbst regeln.
Manche sagen auch: „Ich habe mich immer der Mühe unterzogen mein Leben zu gestalten, jetzt können mal andere für mich sorgen. Ich lasse mich leben“.
Manche meinen, dass sie das betreute Wohnen nicht bezahlen können. Sie befürchten, dass ihre ganzen Ersparnisse draufgehen und sie den Enkeln nichts mehr vererben können. Bleibe ich aber in meiner Wohnung oder in meinem Haus und brauche irgendwann Hilfe, laufen die monatlichen Kosten ja weiter und zusätzlich kommen die Kosten für die Betreuungskraft mit mindestens € 2.500 hinzu. Da liege ich, wenn ich dann auch noch Pflege benötige, meist weitaus höher als wenn ich mich für das betreute Wohnen entscheide. Im betreuten Wohnen ist allerdings darauf zu achten ob das Unternehmen für den Pflegefall einen Pflegefonds eingerichtet hat.
Das Image der Altenheime
Ein wichtiger Grund, sich nicht für ein betreutes Wohnen zu entscheiden, sind die Vorurteile über Altenheime. Da kursieren immer noch die Bilder von den alten Menschen im Rollstuhl, wie sie stumpfsinnig und stumm vor sich hinstarren oder bespielt werden. Deshalb ist bei der Auswahl des Hauses zu beachten, ob es geistige Anregungen gibt, kulturelles Leben durch Theater, Konzerte und Lesungen sowie sportliche Aktivitäten gepflegt werden. Mir war auch wichtig, im Pflegefall nicht auf einer Pflegestation, sondern in meiner Wohnung gepflegt zu werden.
Entscheidung ist fällig
Wenn ich mich für ein betreutes Wohnen entscheide, muss ich umziehen. Ich muss meine Entscheidung so früh treffen, dass ich mir den Neustart noch zutrauen kann. Ich werde mein gewohntes Umfeld verlassen, meine Wohnung oder mein Haus entrümpeln. Was gleichzeitig bedeutet, dass ich mein Leben aufräume. Das macht innerlich auch frei. Ich fange nochmal einen neuen Lebensabschnitt an, denn ein Umzug in ein betreutes Wohnen lohnt sich erst, wenn ich bereit bin, mit anderen etwas zu unternehmen und neue Beziehungen zu knüpfen. Dafür braucht es mein ausdrückliches „Ja“. Ich muss es wollen „wollen“. Wenn ich nur halbherzig zu einem Umzug ja sage, weil ich es vielleicht den Kindern zuliebe tue, nehme ich mir die Chance, mit dem Neuen auch größere Lebensqualität zu finden, Anregungen zu bekommen und neue Kontakte zu knüpfen. Ich finde dann auch bald Gründe, um mir das Leben dort schlecht zu reden. Wer will dann schon mit jemandem etwas unternehmen, der nur rumnörgelt? Bleibe ich halbherzig in der eigenen Wohnung, verfalle ich vermutlich auch ins Klagen, weil ich mich so alleine fühle, um damit die Kinder unter enormen Druck zu setzen.
Was hilft bei der Entscheidung?
Da jeder irgendwann vor dieser Entscheidung stehen wird, auch ich, habe ich mich schon früh für ein betreutes Wohnen entschieden, in dem ich im Alter nicht vereinsamen muss und im Pflegefall nicht nur auf eine einzige Person angewiesen bin, die mich 24 Stunden betreut. Ich bin inzwischen Vorvertragspartnerin und habe die Möglichkeit, auch bei längeren Wartezeiten schnell aufgenommen zu werden. Es ist ein Haus, in dem ich kulturell und geistig nicht verhungern muss, denn es gibt viele Angebote, die ich dann wahrnehmen kann. Auch hat diese Einrichtung einen Pflegefond, der im Ernstfall zum Tragen kommt. Um in dessen Genuss zu kommen, muss ich gesund umziehen zwei Jahre gesund bleiben. Mit einem geringen Betrag kann ich mich an diesem Pflegefonds beteiligen. Im Notfall brauche ich dann nur noch einen begrenzten eigenen Beitrag zu meiner Pflege dazu leisten. Damit lässt sich auch eine eventuelle Pflegesituation schon früh kalkulieren. Mit meinen Kindern ist das alles abgesprochen und sie unterstützen meine Entscheidung.
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