Abflug aus Moskau Foto: hinsehen.net E.B.

Oppositionelle entschuldigen ihre russischen Landsleute

Der ausbleibende Widerstand der Russen gegen die Invasion der Ukraine wurde mit der Unterdrückung durch das Regime erklärt. Es gab jedoch keine Gegenbewegung. Auch ins Ausland geflohene Russen erklären ihre Landsleute als Opfer.

Die Hilflosigkeit und Untätigkeit der Russen wurde mit der Unterdrückung durch das Regime erklärt: Sie hätten keine Stimme, ihr Leben sei gefährdet, falls sie sich gegen die „militärische Intervention aussprechen würden. Was sagen die Russen, die ins Ausland geflohen sind?

Die Einbußen der russischen Bevölkerung sind Thema, kaum die der Ukrainer

In den letzten zwei Jahren sind viele Russen ausgereist, die Antikriegsrebellion fand trotzdem nicht statt. Im Gegenteil, es kommt immer wieder in sozialen Netzwerken zur offenen Unterstützung des russischen Präsidenten, auch werden Vorwürfe gegen die gestiegene Russenphobie erhoben. Ausgereiste Regimegegner, die im Westen frei reden können, entschuldigen weiterhin ihre Landsleute. Sie erheben zwar ihre Stimme gegen den Krieg, zugleich stellen sie ihre Landsleute als Opfer dar, um so das Mitleid der Europäer zu gewinnen, indem sie die Russen als Opfer des Krieges darstellen. Sie entbinden damit die willigen Unterstützer des Krieges von ihrer Verantwortung.

Die Opposition der “gute Russen” ist eine Illusion

Auf die oppositionellen Kräfte, die eine Alternative zu Putins Regime in der Zukunft schaffen können, hoffen westliche politischen Kreise noch immer. Kann aber die russische Opposition eine friedliche und stabile Weltordnung gewährleisten? Sind sie überhaupt dazu fähig?
Einer der bekanntesten russischen Oppositionellen, Alexei Nawalny, ist im Februar 2024 In einem russischen Gefängnis gestorben. Die Umstände sind bis jetzt nicht geklärt, aber sowohl die westlichen Medien als auch die ukrainischen vermuten, dass es ein direkter Befehl Putins war. Die Anhänger Nawalny würden logischerweise seinen politischen Intentionen folgen. Wie sehen dann diese Intentionen in Bezug auf die aggressive Außenpolitik Russlands aus?

Nawalnys Zustimmung zum Einmarsch Russlands in Georgien

Wenn wir einen Blick einige Jahre zurückwerfen, und zwar auf den Russisch-Georgischen Krieg 2008, hat sich Alexei Nawalny eindeutig für die russische Invasion in Georgien ausgesprochen. Später, 2023, im Gefängnis, hat er sich dafür entschuldigt und behauptet, er schäme sich dafür. Inwieweit kann seine Entschuldigung die Unterstützung der russischen Aggression in einem souveränen Land rechtfertigen, bleibt eine Frage.
Nachdem die ukrainische Halbinsel Krim von Russland 2014 annektiert wurde, hat Nawalny zugestimmt, dass die Krim “unter der harten Verletzung aller internationalen Normen erobert wurde, jetzt ayber allerdings ein Teil Russlands sei”. Auf die Frage, ob Krim an die Ukraine zurückgegeben werden muss, kam eine komisch-tragische Antwort: „Die Krim ist ein Wurstbrot oder was? Dass man es hin und her gibt”. Ein eindeutiges Statement, dass die Krim der Ukraine gehört, hat man von Nawalny nie gehört. Bis jetzt spricht wenig dafür, dass sich eines der Nawalnyteams anders gegenüber der Ukraine verhalten wird.

Die emigrierten Russen haben nur Mitleid für ihre Landsleute

Die russischen oppositionellen Stimmen hatten kürzlich die Gelegenheit, ihre Positionen der Welt darzulegen. Im August 2024 wurden Wladimir Kara-Mursa, Andrej Piwowarow und Ilja Jaschin befreit. Bei ihrer ersten Pressekonferenz haben sie auf die Kritik an Putins Regimes zur Solidarität mit dem russischen Volk aufgerufen, indem sie forderten, die Sanktionen für die “einfachen Russen” zu lockern. Der Krieg habe nicht nur der Ukraine Tod, Verluste und Zerstörung gebracht, sondern auch Russland. Man kann kaum begreifen, wie zynisch solche Aussagen für die UkrainerInnen klingen: über Leiden der Russen zu reden, während die UkrainerInnen jeden Tag in eigenem Land von denselben Russen getötet werden. Wer ein Aggressor ist, kann sich nicht als Opfer bezeichnen.

 

Das Hauptmotiv der Regimegegner und ehemaliger, in den Westen gelangten politischen Gefangenen, besteht darin, ihre Landsleute zu entlasten, indem sie sagen: “Russland und Putin sind nicht dasselbe”. Das versuchen die UkrainerInnen seit Jahren zu widerlegen, Es ist erneut aus dem Mund der Oppositionskräfte zu hören. Warum sind diese Behauptungen so gefährlich? Wer sich durch die Begriffe “Putins Krieg” bedient, wird dadurch die Beteiligung der Russen an diesem Krieg untertreiben. Die Welt sollte einfach reif werden, die Verantwortung für den 10-jährigen Krieg an alle Russen zurückzugeben, nicht nur an Putins Clique und seine menschenfeindliche Armee. 

Man kann eine Regierung entmachten

Die Revolution der Würde 2013–2014 in der Ukraine hat bewiesen, dass die bewussten und aktiven Bürger eine Regierung stürzen können, wenn sie keine europäischen Werte teilt und Verbrechen gegen das eigene Volk begeht. Der ukrainische Historiker Jaroslaw Hryzak sagt, Putin sei in der Ukraine unmöglich und der Maidan, die Revolution der Würde 2013–2014 sei unmöglich in Russland unmöglich. Die einzelnen Proteststimmen, die noch 2022 in Russland zu hören waren, sind zu keiner rasanten Bewegung herangewachsen. Falls die Aufrufe von Russen, den Krieg zu beenden, jetzt erklingen, sind sie vor allem auf eigene unbefriedigende Lebensqualität zurückzuführen: Es sind Mobilisierungsmaßnahmen, Wirtschaftslage, Einreiseverbot usw. Weder Annexion der Krim noch die russische Aggression in den östlichen Gebieten der Ukraine 2014 haben die meisten Russen nicht verstört, weil diese Ereignisse keine Auswirkungen auf das Privatleben eines durchschnittlichen Bürgers in Russland hatten. 

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Kategorie: Analysiert

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