Am 20. April waren Baerbock und Laschet nominiert. Die Zustimmung zu den Grünen stieg danach auf 28%, die zur Union sank auf 21%, die SPD lag bei 13%. Wäre Ende April Bundestagswahl gewesen, wäre rechnerisch nur eine Koalition unter der Führung der grünen Kanzlerkandidatin möglich gewesen. Immerhin 54% der Deutschen sprachen sich für diese aus. Der Wahlkampf hat allerdings zu starken Wechseln geführt. Diesmal konnten die Wählerinnen und Wähler mit der Demokratie zufrieden sein. Auch die CDU, denn ihr Kandidat verbesserte sich auf 25%.
Verbote haben auch diesmal nicht überzeugt
Dass die Grünen eine Kandidatin an die Spitze gestellt haben, die sich nur von einer Praktikastelle zur nächsten gehangelt, noch nicht einmal eine Doktorarbeit zustande gebracht, geschweige denn ein Ministerium in den Griff bekommen hat, wurde erst durch den Wahlkampf deutlich. Wenn die beiden Volksparteien endlich entschieden die Umweltproblematik aufgreifen würden, könnten sie ihr größeres Wählerpotential leichter mit ins Boot holen. Zudem sind sie in den Kommunen mit industriellem Schwerpunkt wie auch auf dem Lande handlungsfähiger. Mit ihrer konzeptionellen Dürftigkeit haben sich die Grünen, die eine für den CO2-Ausstoß sensibilisiert Bevölkerungsmehrheit immer noch mit Verboten traktiert, bereits auf dem Abstiegsast niedergelassen. Nicht nur die SPD hat seit April am meisten zugelegt, auch die Erprobung der Kandidat:innen durch den Wahlkampf hat den Bürger:innen gezeigt, dass anders als in Russland Wählen-Gehen etwas bewirkt.
Die Rückkehr der SPD stärkt die Demokratie
Nicht nur die SPD hat gewonnen, sondern auch die Demokratie. Denn diese Partei gehört genetisch zur deutschen Demokratie, die Linke nicht. Diese hat 630 Tsd. Stimmen an die SPD, 480 Tsd. an die Grünen, 110 Tsd. an die FDP und nur noch 90 Tsd. an die AFD abgegeben. 320 Tsd. ihrer bisherigen Wählerinnen und Wähler sind zu Hause geblieben.
Die SPD hingegen ist für die Demokratie unentbehrlich. Aufs Abstellgleis wurde sie von Schröder gefahren. Es wird zwar Hartz IV immer angeführt, vergessen ist, dass er den Spitzensteuersatz von 53% auf 42% in mehreren Schritten gesenkt hat. Von diesem Überfall des Neoliberalismus auf die Partei der kleinen Leute hat sich die SPD lange nicht erholt. Die CDU war auch in dieses Fahrwasser geraten, als Merkel auf dem Leipziger Parteitag 2003 für den Manager den gleichen Versicherungsbeitrag beschließen ließ, der auch dann für die Sekretärin gelten sollte. Damit wollte sie wohl die FDP überflüssig machen. Die Große Koalition mit dem Vizekanzler Müntefering befreite die CDU davor, sich mit diesem Beschluss als Volkspartei aus der Wählerschaft zu katapultieren. Offensichtlich ist die SPD als Volkspartei jetzt wieder glaubhaft.
Die CDU hat keinen entschlossenen Wahlkampf geführt
Die CDU hat zu spät gemerkt, dass Wahlkampf angesagt war. Ihre Leitwölfe taten so, als sei die Wahl gewonnen und man brauche nur von der CDU aufs Schild gehoben zu werden. Söder glaubte, sich gegen den CDU-Vorsitzenden durchsetzen zu können. Wie Strauß hätte er wissen müssen, dass ihm die CDU nur widerwillig gefolgt wäre, wenn er seine Kandidatur auf bayerische Art hätte durchsetzen können. Er hätte warten müssen, bis Laschet ihm die Kandidatur angetragen hätte, so wie Merkel 2002 den damaligen Häuptling der Bayern, Edmund Stoiber, aufs Pferd gehoben hatte. Die Wahlniederlage der CDU ist anders als der Sieg von Scholz nicht allein Ergebnis des Wahlkampfs, sondern war mit der Nominierung Laschets schon abzusehen. Dass er so wenig Stimmen derjenigen, die sich von Baerbock abgewandt haben, auf sich ziehen konnte, liegt wohl nicht allein an ihm. Wenn die CDU, vor allem ihr bayerischer Ableger, sich eindeutiger hinter ihren Kandidaten gestellt hätte, wäre das Ergebnis anders ausgefallen. Die Wähler spüren, ob eine Partei hinter ihrem Kandidaten steht. Mit Söder hätte die Union vielleicht stärkste Partei werden können, mit Laschet hat sie die SPD an sich vorbeiziehen lassen.
CDU-Anhänger wollten einen verlässlichen Kanzler
1.5 Mill. CDU-Wähler haben Scholz, jedoch nicht unbedingt die SPD gewählt. Das wird auch daran deutlich, dass die Grünen nur mit 920 Tsd. Stimmen von der CDU profitiert haben, die FDP mit 490 Tsd., die AFD mit 80 Tsd. Noch mehr erklären nur die 50 Tsd., die von der CDU ins Nichtwählerlager gegangen sind, die Präferenzen der CDU-Wähler. Die Union ist nicht wie die anderen eine Partei, die unbedingt etwas durchsetzen muss, ob weniger Steuern oder weniger Kohlendioxyd. Die Union hat die Wähler daran gewöhnt, dass sie anstehende Fragen pragmatisch angeht und auf der Basis ihres christlichen Menschenbildes Lösungen findet. Deshalb ist sie bei Koalitionsverhandlungen am wenigsten festgelegt. Scholz verspricht mehr Durchhaltevermögen und Lösungskompetenz als Laschet oder gar Baerbock. Da die Herausforderungen Klima, Digitalisierung, Bildung sich in allen Parteiprogrammen niedergeschlagen haben, kam es bei dieser Wahl noch mehr auf die Überzeugungskraft der Kandidaten an. Ob die SPD Scholz so regieren lässt, weswegen er von der CDU so viele Stimmen zur SPD ziehen konnte, wird über den Erfolg in den Koalitionsverhandlungen und einer von ihm geführten Regierung entscheiden.
Die Alten haben die Wahl entschieden
Es zählen alle Stimmen gleich. Wegen Überalterung entscheiden die älteren Jahrgänge eine Wahl, sie haben nicht nur vorrangig CDU gewählt, auch bei der SPD stellen die über Sechzigjährigen die meisten Stimmen. Wie die CDU hat die SPD Wähler unter 35Jahren verloren. Die FDP hat die 18-25-Jährigne als größte Wählergruppe, bei den Grünen ebenso. Bei den Koalitionsverhandlungen sitzen also die Jüngeren den Alten, ob SPD oder CDU gegenüber.
Wahlanalyse bei tageschau.de www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/umfrage-alter.shtml
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