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Gott handhabt seine Macht anders, eine Advents-Überlegung

Kann ich das Warten, das mir aufgezwungen wird, vor dem Geschäft, im Stau, an der Bushaltestelle, besser nutzen, als mich zu ärgern. Das Warten schenkt mir plötzlich Zeit, die ich eigentlich nicht habe. Wir sollen im Advent ja über Gott nachdenken, der keinen Eroberer in einem Königspalast zu Welt kommen lässt, sondern uns fordert, auf die Macht eines Kindes in einer Futterkrippe zu setzen. Was sagt das über den Macht-Gebrauch Gottes:

Wir erfahren Macht, sobald wir mit anderen Menschen zu tun haben. Es gibt die Macht des Arztes, der mit meinem Körper etwas machen kann, der Vorgesetzten, die über meine Zeit und Arbeitskraft bestimmen können. Der Polizist ist sogar mit dem Machtmittel "Pistole" ausgestattet. Lehrer können mir Noten geben, in Firmen und Institutionen werden Personalakten über mich geführt. Ich bin immer in Machtverhältnisse eingebunden. In vielen Filmen wird uns gezeigt, wie Macht funktioniert. Es ist verständlich, dass wir uns Gott so denken, wie wir die Ausübung von Macht beobachten und auch selbst betreiben. 

Mein Wachsen erfolgt nicht durch Machmittel

Unser Leben wird jedoch auch von einer entgegengesetzten Kraft bestimmt. Wir werden nicht einfach groß, sondern können uns unter den sorgenden Händen der Eltern entwickeln, erfahren die Hilfe wohlwollender Menschen, finden unser Glück, wenn andere uns um unserer selbst willen mögen. Wir nennen das Liebe. Selten hilft uns Macht, als Person zu wachsen. Sie steht eher im Gegensatz zur Weisheit als Befähigung für den letzten Lebensabschnitt. Macht allerdings bedeutet Einfluss, mehr erreichen, mehr besitzen können.

Soll ich auf Macht setzen?

Für unser Leben liegen uns also die Alternativen vor. Die eine, Macht, den eigenen Vorteil wahren, über Geld verfügen sind eindrücklicher. Die andere, wo es um Achtung, gemocht werden, um das Dasein-Dürfen, das Erleben von Schönheit geht, braucht eine verfeinerte Wahrnehmung. Von der einen sagen wir, dass die Welt so funktioniert, von der anderen träumen wir an Weihnachten und in Stunden, in denen wir von Erledigungen und Sorgen entlastet sind. Da wir besser verstehen, wie Macht funktioniert, meinen wir sogar, man könne die andere Welt, die in Verständnis für den anderen, in Wohlwollen und gegenseitiger Unterstützung besteht, schneller mit den Strategien der Macht aufbauen. Ob Kapitalismus oder Kommunismus, kein System funktioniert ohne wenigstens einige Menschen, die am anderen mehr orientiert sind als am eigenen Vorteil. Auch haben Eiferer, ob Revolutionäre oder Gotteskrieger, das Böse nicht mit den Wurzeln ausreißen können. Die Machtseite trägt in sich die destruktiven Kräfte, mit denen sie sich selbst zerstört.
Aber auch die Welt der Einfühlung, des Wohlwollens, der Achtung der Person ist nicht frei von innerer Gefährdung. Auch sie will ja zur Wirklichkeit werden und setzt dafür Strategien ein. Die organisierte Religion verfällt nicht nur der Versuchung des Machtmissbrauchs, sie kann im Namen Gottes die Entfaltungsmöglichkeiten des einzelnen beschneiden, notwendige Reformen verhindern und sich über diejenigen stellen, die nicht ihren Vorstellungen entsprechen, wie Frömmigkeit und Nächstenliebe praktiziert werden müssen. Wenn wir Orientierung suchen, geht es um die Frage, wie diese Welt funktioniert, religiöse formuliert, wie Gott selbst handelt.

Gott sichert die Geltung von Gerechtigkeit und Achtung des anderen

Wir erwarten, dass Gott gegen das Unecht, gegen Unterdrückung und Krieg Partei ergreift. Das tut er nach Aussage der Bibel wie der anderer Religionen. Wir erwarten von ihm, dass er nicht nur deutlich kundgibt, sondern dass er den Armen, den Gemobbten, den ungerecht Verurteilten herausholt und die bestraft, die ihre Macht missbrauchen. Viele fordern, dass er dafür seine Macht einsetzt.

Im Advent wird uns eine schwierige Hoffnung zugemutet:

Gott greift nicht ein. Im Kind in der Krippe zeigt er deutlich, dass er die gebräuchlichen Machtmittel nicht einsetzen wird. Das ist nicht nur eine Absichtserklärung, sondern zeigt sich in der Biografie dieses Kindes. Jesus scheitert mit seiner Mission und wird sogar Opfer eines Justizmordes. Weihnachten setzt also gegen die Erwartung, dass Gott “durchgreift“ die vorbehaltlose Achtung des anderen, Hingabe für andere und bestätigt, dass Liebe kein leeres Versprechen ist. Er hat besonders die armen im Blick und motiviert vor Weihnachten Viele, auch Banken du Firmen, wohltätig zu werden. Das ist aber nur der eine Teil von Weihnachten, der sich leicht feiern lässt. Schwieriger ist die Zuversicht, dass Gott mit den Mitteln, die er mit der Krippe vorstellt, sein Ziel erreicht. Das bedeutet nicht einen Machtverzicht, nicht den Tod Gottes, sondern beschreibt eine Macht, die ohne die üblichen Machtmittel ihr Ziel erreicht. Denn der Vater Jesu belohnt nicht nur die Guten, sondern verzeiht suchenden Sündern. Darüber im Advent nachzudenken, wenn man mit dem Auto im Stau steht, vor Geschäften warten muss, der Zug sich verspätet hat, die bestellten Sachen nicht ankommen. Einfach die Blickrichtung drehen: Das Warten nicht als Machtausübung anderer zu missbilligen, sondern das Warten als geschenkte Zeit zu sehen, Zeit, die Macht Gottes zu meditieren, dass sich seine Macht Gottes in seiner Barmherzigkeit zeigt.

Wie es konkret geht, Weisheit und Herzensgüte in sich zu entwickeln, beschriebt der verstorbene Innsbrucker Bischofs Reinhold Stecher „Herz ist Trumpf“, Jutta Mügge schreibt zu dem Thema und dem Buch bei hisnehen.net „Herzensgröße“


Kategorie: Verstehen

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