Hagia Sophia - Muslime können in einer christlichen Kirche beten. Foto Pixabay Foto-Karul

Wahrheit über den Islam

Der Islam ist in einem christlichen Umfeld entstanden. Das besagen die aktuellen Forschungsergebnisse. Christen müssen sich daher ganz anders mit dieser Religion auseinandersetzen, denn die Nestorianer u.a. haben den Islam als eine christliche Denomination gesehen, die die Gottheit des Messias nicht anerkennt. Zum Zweiten: Wie sieht die kritische Auseinandersetzung innerhalb des Islams aus, die nach dem Arabischen Frühling in Gang gekommen ist. Eine Leseempfehlung:

 Ein Libanese, aus dem Land, das zwischen Orient und Westen am besten vermitteln kann, artikuliert nicht nur die Kritik an der Religion. Ralph Ghadban leitet eine neue Deutung, viel näher an der tatsächlichen Geschichte des Islam, ein. Das Buch aus dem Herderverlag leistet sehr viel mehr, als sein Titel verspricht. "Allahs mutige Kritiker" kommen im zweiten Teil im Originalton zu Wort, indem Ghadban auf den Seiten 186 - 288 Kritiker aus dem Islam wörtlich zitiert, meist mit deren Ausführungen auf YouTube. Diese neue Offenheit ist mit dem Arabischen Frühling eingetreten, ohne dass diesen Kritikern wie vorher Verfolgung und Tod droht. Wer nur einen Teil der Beiträge gelesen hat, wird zu dem Urteil kommen, dass die Kritik am Islam als Weltanschauung, Rechtsquelle und Stabilisierung politischer Herrschaft sehr viel intensiver und schärfer durch Muslime betrieben wird als von westlichen Beobachtern. Für die Christen heißt das, dass sie bei ihrer eigenen Religion bleiben können, wenn es um die Kritik geht, jedoch nicht, wenn es um den Islam geht

Christlicher Wurzelboden des Korans

Der Islam stellt seine Geschichte als eine Auseinandersetzung mit dem Polytheismus dar. Dieses Schema hat auch die Orientalistik übernommen, die Politikern wie Theologen für den religiösen Dialog den Hintergrund liefert. Diese Interpretationsrahmen entspricht nicht der aktuellen Kenntnis über die Geschichte bzw. dem Fehlen von Dokumenten aus den ersten 60 Jahren dieser arabischen Bewegung. Es ist nach diesem Buch nicht mehr möglich, dem Geschichtsbild der Muslime zu folgen. Die arabische Halbinsel war christlicher als es das Narrativ von der Entstehung des Korans, der Biographie Mohammeds und der Rolle der ersten Kalifengeschlechter nahelegt. Ghadban erklärt diese Geschichte der ersten 200 Jahre für eine nachträgliche Erfindung. Von dem Propheten gibt es keine Anweisung, wer die von ihm begonnene Mission weiterführen soll. Seine Anweisungen und Handlungen, die in den Hadithen zusammengestellt wurden, sind zum großen Teil erfunden. Denn von diesen hat es bis zu 750.000 gegeben. Ohne eine historische Überprüfung wurden daraus Sammlungen von bis zu 7.000 Kurztexten zusammengestellt. (S.111)  Da viel Material vernichtet wurde, auch Überlieferungen, die im Zusammenhang mit dem Koran stehen, sei eine Echtheitsprüfung mit dem jetzt zugänglichen Material kaum möglich.

Islam: aus christlichen Gruppen außer halb des byzantinischen Reiches

Die Entstehung des Islam situiert der Autor in einem stärker christlich und jüdisch geprägten Umfeld. Der Koran setzt die Kenntnis biblischer Texte voraus. Er ist in einem kulturellen Raum von christlichen Gruppen entstanden, die aus dem Byzantinischen Reich gedrängt wurden, weil sie die Gottessohnschaft Jesu ablehnten. Die Nestorianer im persischen Reich hätten wie auch noch Johannes von Damaskus die muslimischen Eroberer als eine christliche Bewegung eingeschätzt. Der christliche Theologe starb 754, Damaskus wurde bereits 635 von den Sarazenen erobert. Da der Islam erst durch die Kalifen zu einer Religion mit einer verbindlichen Schrift geworden ist, gab es in den ersten Jahrzehnten nicht das unterscheidendes Profil, das den Islam später kennzeichnet. Die Elemente, die etwa 60 Jahre nach dem Tod Mohammeds zu einer eigenständigen Religion gefasst wurden, lagen schon in den Traditionen vor Mohammed bereit. So kann die starke Orientierung an der Gestalt Abrahams auf eine Gruppe auf der arabischen Halbinsel zurückgeführt werden, die sich Abrahamisten nannten.

Der Islam ist eine politische Gründung

Aus der Entstehungsgeschichte wird deutlich, dass der Islam der Legitimation der politischen Herrscher diente. Erstes Ziel war für sie nicht die Mission, sondern die Eroberung. Es wurden die höheren Beamtenstellen unter den ersten Kalifen mit Arabern besetzt. Die arabischen Stämme sicherten so ihre Gebietsgewinne und beließen Christen und Juden in deren Religion. Zuerst wurden die Unterkünfte für die Sarazenen außerhalb der eroberten Städte gebaut. Die Etablierung einer staatlichen Ordnung erfolgte erst mit den Organisationsstrukturen, die die Perser entwickelt hatten. Diese wurden dann in leitende Positionen, z.B. des Wesirs, eingesetzt.

Folgerungen für die christliche Theologie:

Was bedeutet diese Entstehungsgeschichte des Islam für die christliche Theologie:

  • Der  Islam sollte nicht als andere Religion, sondern als die arianische Version des Christentums gesehen werden. Jesus ist nicht Gott gleich. Wenn er sich selbst so bezeichnet hätte, wäre das eine Sünde, die nicht vergeben werden kann. Im Koran jedoch wird Jesus nicht als Feind Allahs hingestellt, sondern als der nach Mohammed wichtigste Prophet. 
  • Wenn der Koran christliche Wurzeln hat und der Islam als religiöses Buchreligion mit eigenständigen Riten eine Gründung der Kalifen ist, dann sind die frühen christologischen Streitigkeiten nicht Geschichte, sondern immer noch nicht ausgestanden, auch unter heutigen Christen nicht. So wird das Konzil von Chalcedon immer noch nicht von den Kopten, den Armeniern, den Äthiopiern u.a. orientalischen Kirchen anerkannt. Der Dialog mit dem Islam wäre also eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte.
  • Für den Dialog mit dem Islam könnten christlichen Theologen den muslimischen Kollegen helfen, statt der wörtlichen Auslegung zu einer Theologie zu kommen, also zu einer zusammenfassenden Darstellung dessen, was im Koran steht. Das gibt es bereits im Neuen Testament, indem der Römerbrief wie der Hebräerbrief die Bedeutung des Evangeliums erklären. Wenn es keine zusammenhängende Deutung der Suren gibt, kann jeder aus dem Koran herauslesen, was seinen Machtanspruch legitimiert, die Kalifen, dass Allah durch sie seinen Willen verkündet, die Salafisten, dass die "Ungläubigen" in die Hölle kommen und keine Gnade verdient haben.
  • Die Lektüre der islamkritischen 100 Seiten können die Augen für die Verhaltensweisen der Religionsdiener öffnen. Es sind keine „Kritiker Allahs“, wie der Buchtitel des Verlages nahelegt, die den Islam hinterfragen, vielmehr werden die muslimischen Theologen und Rechtsgelehrten als die beschrieben, die die Gläubigen von der Religion wegtreiben. Mir als christlichem Religionsdiener und Theologen haben die Zitate gezeigt, wie wir die Gläubigen in den Atheismus treiben. In Deutschland hat sich die Katholischen Kirche in eine ähnliche Situation manövriert wie der Islam in Persien. Dort sind 90% der Bürger nicht mehr von der Zukunft des Schiismus überzeugt.
  • Auch für Religionswissenschaftler und Politologen ist diese Entstehungsgeschichte des Islam sehr hilfreich, u.a. um zu verstehen, warum aus einem demokratische gewählten Präsidenten in der Türkei ein Kalif werden muss.


Das Buch eröffnet neuen Zugang, das Phänomen "Islam" zu verstehen. Dem Buch seien noch viele Auflagen gewünscht, damit nicht nur Religionslehrer ihr Verständnis des Islam vertiefen können. Bei der nächsten Auflage sollte der Titel unbedingt dem Inhalt angepasst werden. Der Autor bringt keine Kritik an Allah vor, sondern an denen, die den Zugang zu Allah versperren und ihn nutzen, um ihre eigenen Geltungs- und Machtansprüche zu legitimieren. Der Leser bleibt auch dann mit der Frage zurück, was am Islam Menschen zu tiefer Gottesverehrung und zum Gebet geführt hat. Als die rationale Hermeneutik der Muhaliziten mit einem neuen Kalifen abgeschafft und ihre Vertreter bis heute als Apostaten gelten, blieb nur die wörtliche Auslegung des Korans als Richtschnur möglich. Es muss jedoch unter dieser Oberfläche noch einen Tiefenstrom der Suche nach dem wahren Gott geben.

Link: 
Mouhanad Khorchide entwirft in „Gottes falsche Anwälte“ ein ähnliches Bild, dass die Religion ganz der Stabilisierung der Kalifenherrschaft anheimfiel und so ihr ursprünglicher befreiende Charakter verdeckt wurde. Nach der Lektüre von Ghadban erscheint diese Deutung hypothetisch, nämlich ob es diese rein religiöse Urform des Islam gegeben hat. Es könnte wie im Christentum einen Paulus oder die Verfasser anderer neutestamentlichen Texte gegeben haben, die die Bedeutung der Predigt Mohammeds erschlossen haben. Und könnte es nicht nach den von Ghadban zusammengestellten Forschungsergebnisse sein, dass die Bearbeiter der mündlichen Überlieferung die Bibel konsultiert haben? Die von den Arabern über Spanien ins Frankenreich gebrachten Texte des Aristoteles waren vorher in Bagdad von christlichen Gelehrten den Muslimen nahegebracht worden. Warum nicht auch die Bibel? Könnte nicht der Islam, der heute von den Wahabiten und Salafisten bestimmt wird, durch Kenntnisnahme der Bibel zu den Ideen von Menschrechten und Volksvertretung aufschließen? Der Koran ist ja wohl am ehesten als Kommentar zum Alten und Neuen Testament einzuordnen.
„Islam, durch die Kalifen deformiert“   

 

 


Kategorie: Gelesen

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