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Inside virtual reality

Die virtuelle Welt greift weiter als über den Desktop hinaus und hinein in die tägliche Lebenswelt. Vor allem Entscheidungen sind ein Indikator für das Ineinandergreifen aus virtuell und real. Der Vertrag, der online geschlossen wird, bestimmt, wann eine Rechnung zu zahlen ist und wann eine Frist erlischt. Das On-and-Go ist ein fester Bestandteil einer Lebensführung. Inside der Virtualität sind wir real.

Virtualität ist eindeutig

Als ich ein Kind war, das Internet also neu war, und es für die meisten Nutzer viel weniger Infrastruktur gab, weil man nur auf eine kleine Anzahl Adressen zurückgreifen konnte, schien die Faszination für das Interface grenzenlos. Die Möglichkeit, eine Seite mit ein paar Klicks aufzurufen und die virtuelle Echtheit zu erkunden, war etwas Besonderes. Virtuell ist, was seiner Wirkung nach echt ist, aber die Eigenschaft hat, nicht in der Form zu existieren, in der sie vorgibt zu existieren. Es handelt sich um eine Wirkung, die tatsächlich vorhanden ist, aber ihrem Ursprung nach einer anderen Sache gleicht. Virtuell ist daran, dass die Sache, die vorgibt, echt zu sein, nur zu existieren scheint. Wenn etwas virtuell vorliegt, spricht man von einer virtuellen Realität. Was Realität ist, wissen wir ja. Es ist uns das, was wir für real, also wahrhaft und in besonderem Maße objektiv für richtig halten. In der Logik haben wir dafür verschiedene Welten aufgemacht, um vieles, was wir in der echten Welt sagen können, auch als wahr darzustellen. Die Physik bedient sich ähnlicher Instrumente für die von ihr dargestellten Welten.
Wikipedia sagt mir, was die Menschen so wissen und behauptet, dass das auch so stimmt. Betrachtet man zum Beispiel Wikipedia, das ja im Internet stattfindet, dann haben wir etwas, das virtuell auf etwas Anderes referiert, verweist. Das Referieren auf Wikipedia erfolgt virtuell, weil es wie der Zeige-Akt einer Handbewegung ist, oder die Referenz in einem Buch auf etwas in der Welt. Jedoch sagen wir selten, dass das Online-Sein an sich in einer virtuellen Welt stattfindet. Gebrauchstypisch braucht man dafür einen Chatroom, ein virtuelles Telefonat oder ein Spiel, das online stattfindet. Was genau genommen nicht stimmt, denn auch eine einfache Google-Suche, ein Nachschlagen im Online-Duden oder das Sich-Belesen auf Wikipedia findet in einer virtuellen „Welt“ statt.

Virtualität ist zielgerichtet

Musik, Filme und Gefühle wimmeln im Internet neben Verkaufsangeboten, Jobinseraten und Inszenierungen. Werbung spricht zu uns mit ästhetischen Bildern. Wünsche lassen sich leichter denn je erfüllen. Das sorgt für Gesprächsstoff. Im Alltag ist das wie ein Zirkusbesuch, wo ein Eintrittsgeld verlangt wird, es vielleicht Popcorn gibt und dann viele verschiedene Aufführungen stattfinden. Der Kauf spielt eine Rolle, vergleichbar dem, was im Internet passiert, weil keiner im Internet einfach so „rumhängen“ kann, auch wenn es manchmal danach aussieht, als verbringe man Stunden nichts-tuend vor dem PC. In Wirklichkeit sind die Informationsflut, das Angebot und die Intention, einen PC einzuschalten, von Anfang an zielgerichtet und überhaupt nicht unschuldig. Das Internet ist selbst durch Adressen zu erreichen und keiner kann ins Internet, ohne auch nur eine von diesen zu kennen.

Virtualität ist kein Zufall

Irgendwie stimmt es also, dass Entscheidungen etwas mit diesem virtuellen Sein zu tun haben. Diese ist wie eine alternative Realität gebaut und versucht, Kompensation zu schaffen für Dinge, die es offline gibt. Aber das Leben spaltet sich zum Glück nicht auf in Online und Offline, sondern bedient sich höchstens dieser Begriffe, weil dem etwas so gefährlich nah gekommen ist. Sich in virtuellen Adressen zu bewegen ist nicht das Natürlichste auf der Welt, aber immerhin kann es seinen extensiven Charakter nicht verbergen, nämlich dem Nutzer einen wirklich guten Dienst zu erweisen. Mit den richtigen Tools simuliert das Internet nicht nur alles, was wir zum Erleben brauchen, sondern generiert genau die Voreinstellung, die es für unsere Realität braucht.


Kategorie: Digitalisiert

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