EZB, im Hintergrund die anderen Bankentürme, Foto: Joachim Weidner bei Pixabay

Inflation - um die Staatsverschuldung zu reduzieren

Wenn Staaten sich verschulden, steigen die Zinsen. Wenn die EZB Geld druckt, können die Staaten günstiger ihre Kredite abbezahlen. Dann steigt die Inflation weiter und die Protestparteien gewinnen zusätzlich Wähler.

Der Staat verringert den Geldwert seines Schuldenbergs

Zunächst ist es tatsächlich so, dass Inflation die Staatsverschuldung real und in Prozenten des Bruttoinlandsprodukts reduziert. Der Vorteil für den Staat liegt darin, dass es billiger geworden ist, die Kredite zurückzuzahlen, weil sie weniger wert geworden sind, während die Steuereinnahmen entsprechend der Inflationsrate gestiegen sind. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Jahre 2020 bis 2023 in Deutschland. Ende 2019 war der Schuldenstand laut Statista bei etwa 1,9 Billionen, Ende 2023 waren es aber schon 2,445 Billionen, die Deutschland zu tragen hatte. Grund für diese außergewöhnliche Zunahme war zunächst die Coronapandemie, in der der Staat sehr hohe Geldbeträge aufgewendet hat, um die Folgen zerrissener Lieferketten, Geschäftsausfall in Dienstleistungsbranchen, wie etwa im Hotel und Gaststättengewerbe, sowie erhöhte Aufwendungen im Gesundheitsbereich abzumildern. Kaum war die Pandemie abgeklungen, kam es zum russischen Angriff auf die Ukraine und als dessen Folge die Beendigung der Gaslieferungen Russlands, sowie umfangreicher Sanktionen gegen Russland. Um die Gaslieferungen aus Russland zu ersetzen, musste teureres Gas aus anderen Ländern gekauft werden. Der Staat versuchte mit hohen Geldsummen die höheren Kosten der Bürger f we der Industrie zu verringern. Als dies waren sehr hohe Beträge, die in normalen Haushaltsjahren niemals als Kredite hätten aufgenommen werden dürfen.

Ist Deutschland damit auf Generationen hinaus hoch verschuldet?

Nicht unbedingt, durch die Inflation, die sich in den Jahren 2020 bis 2023 auf insgesamt 17,3 % summierte, waren die 2,445 Billionen Schulden von Ende 2023 nur noch 2,08 Billionen in Preisen von 2019 wert. Die reale Schuldenbelastung Deutschlands hat sich also trotz Corona und Ukrainekrieg nicht dramatisch erhöht. Die Schuldenquote stieg zunächst von etwa 58 % Ende 2019 auf 68 Prozent 2020 an und fiel dann bis Ende 2023 auf 62,9 %.
Inflation ist zunächst also eine elegante Möglichkeit für Staaten, ihre Schuldenquote zu reduzieren, zumindest solange die Zinssätze niedriger sind als die Inflationsrate. In diesem Fall haben die In - und ausländischen Geldgeber noch nicht mit der höheren Inflation gerechnet und erleiden daher reale Kaufkraftverluste. Denn sie können sich für das verliehene Geld und die Zinsen, die sie erhalten haben weniger kaufen, als sie erwartet hatten. Um ihren Schuldenberg durch Inflation abzutragen, müssen keine Steuern erhöhen oder Sozialabgaben kürzen. Das hätte politische Auseinandersetzungen und Verteilungskämpfe zur Folge.

Finanzielle Repression

Wenn potentielle Investoren allerdings die hohen Inflationsraten sehen, werden sie nicht mehr mit den niedrigen Zinssätzen zufrieden sein, sondern höhere Zinsen verlangen, um auf ihre Kosten zu kommen. Um dies zu verhindern, greifen Staaten und Zentralbanken zum Mittel finanziellen Repression. Unter dieser werden Maßnahmen des Staates oder der Zentralbank verstanden, die die realen Zinsen, die der Staat zahlen muss, künstlich niedrig zu halten, um so seine Finanzierungsmöglichkeiten zu verbessern. Das ist eine elegante Möglichkeit der Staaten, wie sie sich auf Kosten der Sparer sanieren können. Der Staat kann zum Beispiel Bürger und Institutionen dazu zwingen, in Staatsanleihen zu investieren, etwa bei Lebensversicherungen in mündelsichere Anlagen oder Kapital- und Devisenkontrollen durchführen, um zu verhindern, dass Geld im Ausland in Aktion oder Immobilien angelegt wird.  

Quantitatives Easing

Die bekannteste dieser Maßnahmen ist jedoch das sogenannte „Quantitative Easing“. Das ist eine unkonventionelle Art von Ausweitung der Geldbasis. Hier kauft z.B. die europäische Zentralbank große Mengen langfristiger Anleihen, meist Staatsanleihen von den Geschäftsbanken. Seit 2012, dem Jahr der Eurokrise, waren das satte 4500 Milliarden Euro. Diese riesigen Ankaufprogramme der EZB haben natürlich eine erhebliche Ausweitung der Geldmenge zufolge, was letztendlich zu höherer Inflation führt. Es wurde nur die Geldmenge erhöht, ohne dass die Wirtschaft entsprechend gewachsen ist. In der Folge ist zu viel Geld in Umlauf gebracht wurde. Da diesem Geld keine entsprechenden Handelswaren und Dienstleistungen gegenüberstehen, sucht es Anlagemöglichkeiten. Die Aktienkurse und die Mieten steigen entsprechend.

Indirekte Finanzierung der Staaten durch die EZB

Es ist der Europäischen Zentralbank, wie früher der Bundesbank, eigentlich verboten, direkt Staaten zu finanzieren und die Druckerpresse anzuwerfen. Da der politische Druck auf die EZB ab 2012 aber so zunahm und die Politiker sich nicht auf andere Maßnahmen einigen konnte, wurden vom damaligen Chef der EZB, Mario Draghi die besagten Programme gestartet. Der Euro sollte gerettet werden “whatever it takes“.
Die Zinssätze wurden dadurch so abgesenkt, dass es für deutsche Staatsanleihen zeitweise keine an die Käufer ausgezahlt wurden. Die Realzinsen, also offizieller Zinssatz minus Inflationsrate, wurden negativ.  negativ wurde. Die Sparer wie die Ankäufer von Anleihen hatten real also auf viele Jahre hinaus weniger Geld erhalten als sie ohne diese Ankaufprogramme der Zentralbank bekommen hätten.

Zuerst steigen die Vermögenspreise, dann die der Konsumgüter

Die Inflation, die durch diese Geldpolitik verursacht wurde zeigte sich zunächst im Anstieg der Preise für Vermögenswerte, wie Aktien, Gold und Immobilien. Steigende Immobilienpreise ziehen aber höhere Mieten nach sich, was in deutschen Großstädten sehr gut zu beobachten ist. Mittlerweile sind auch die Güter des täglichen Bedarfs erheblich teurer geworden. Die Last der Geldpolitik der Zentralbank tragen also die Bürger über höhere Preise. Ursache der Entscheidungen der Europäischen Zentralbank war aber die Schuldenkrise, die durch unverantwortliche Politik in einigen Mitgliedsländern der Europäischen Union verursacht wurde.

Staatsschulden bewirken mittelfristig, dass Protestparteien gewählt werden

Das Gefühl vieler Bürger, ungerecht behandelt zu werden, führt zu einem erheblichen Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und in die Fähigkeit des Staates, die anstehenden Probleme zu lösen. Das dürfte auch einer der Gründe sein, warum in den USA so gewählt wurde, wie eben gewählt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens in Deutschland offen über die Chancen und Risiken der Staatsverschuldung diskutiert und eine informierte Entscheidung möglich wird.


Kategorie: Verstehen

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