Foto: Christiane Gierke

Evolution: Anlauf für eine bessere Welt

Wir haben die Naturkräfte in Dienst genommen und so die Lebensbedingungen für immer mehr Menschen enorm verbessert. Mit Künstlicher Intelligenz werden demnächst die Maschinen noch besser für uns arbeiten. Überwunden haben wir viele Krankheiten und können einer Pandemie mit Impfstoffen Einhalt gebieten. Geblieben sind die vielen kleinen und großen Kriege. Der Mensch trägt etwas Zerstörerisches in sich. Wolfgang Schreiner nennt das Erblast der Evolution.

Es gibt immer wieder Versuche, das Paradies einzurichten. „Yes we can.“ Der Marxismus hatte eine in sich versöhnte Gesellschaft versprochen, in der jeder seinen Platz findet und Neid und Rivalität überwunden sein wird. Staatliche Totalüberwachung und Korruption haben dieser Idee die Luft abgeschnürt. Der Islam ist angetreten, ein befriedetes Reich zu bauen, das durch das Gesetz Gottes bestimmt wird. Herausgekommen ist ein ständiger Machtkampf, der sich aktuell zwischen dem schiitischen Persien und dem sunnitischen Saudi-Arabien fortsetzt. Das Christentum, das im Mittelalter die ständigen Fehden unter den Adeligen überwunden und religiös orientierte Könige hervorgebracht hatte, endete in den Konfessionskriegen, die in einem europäischen Dauerkriegszustand fortgeführt wurden, bis 1914 aus einem dieser Kampfhandlungen ein Weltkrieg wurde.

Fehlschlag einer neuen Gesellschaftsordnung

Dem Menschen ist mit seiner planenden Vernunft ein Steuerungsinstrument gegeben, mit dem er kooperativ, hilfsbereit gegenüber Schwächeren, sogar aufopferungsvoll verhalten kann. Er hat sogar die Idee der Gerechtigkeit, um sein Zusammenleben entsprechend so zu gestalten, dass niemand verloren gehen muss, auch wenn er eine starke Behinderung hat. Anderes für die Tierwelt, hier gilt noch das Prinzip des Stärkeren. Schreiner hat dargelegt, dass die mangelnde Befolgung ethischer Normen und die Neigung zur Gewalt "Erblast" der Evolution ist. Wir tragen noch Verhaltensmuster mit, die im Tierreich ohne ethische Vorgaben das Überleben sicherten, jedoch die Überlegenheit des Menschen beeinträchtigen, der gerade mithilfe der Sprache zur Kooperation befähigt ist, so dass er keine physische Überlegenheit mehr braucht, um sein Überleben zu sichern. Also liegt in unserem Rücken kein Paradies, aus dem wir aus eigener Schuld vertrieben wurden. Liegt dann die Bibel wieder falsch, nachdem die Vorstellung, die Erde sei eine Scheibe, die auf dem Wasser schwimmt, aufgegeben werden musste.

Das Paradies muss vor uns liegen

Hinter uns liegt der Frühmensch, der sich in mehreren Stufen aus einer Affenart entwickelt hat. Es gab auch den Neandertaler und in Asien die Denisavoner. Die archäologischen Funde weisen auf sehr einfache Lebensverhältnisse hin. Aber sie könnten ohne Neid und Rivalität und ohne Mord und Totschlag gelebt haben. Sie mussten deshalb zusammenhalten, weil sie vielen Raubtieren körperlich unterlegen waren. Jedoch waren sie nicht Endpunkt der Entwicklung. Erst mit dem Homo sapiens, der mit "Weisheit begabten Affenart" kam es zu Metallverarbeitung bis zur Industrie, zu Staatenbildung und Philosophie. Die Evolution ist jetzt dem Menschen in die Hand gegeben.

Die Evolution fordert Entwicklung des Menschseins

Ein entscheidender Entwicklungssprung ist mit Jesus gekommen. Sein Einsatz galt den Armen und Kranken, den von den religiösen Autoritäten Ausgeschlossenen, wie auch den anderen Radgruppen, den oft korrupten Steuereintreibern, den Prostituierten und Ehebrecherinnen, den Sündern. Darauf weist Wolfgang Schreiner hin. Schon Jahrhunderte vorher gab es zwischen 500 und 200 vor Christus einen Entwicklungssprung. In Griechenland wurde mit der Philosophie eine neue Form des Denkens entwickelt. Die jüdischen Propheten erkannten, dass es nur einen Gott geben kann, der eine sozialere, nicht von Gewalt geprägte Herrschaft will. In Indien und China gab es mit Buddha, Konfuzius und dem Tao te King von Lao Tse einen Quantensprung. Die Götter wurden nicht mehr auf einem Gebirgsmassiv nebenan lokalisiert, sondern in einer anderen Welt, in der auch jeder Mensch einen Platz haben wird.
Mit der Entwicklung der Menschenrechte als Fundament des Staatswesens wurde eine Regierungsform entwickelt, die inzwischen mit einer Sozialgesetzgebung mit Kranken- und Altersversorgung diejenigen unterstützt, die auf die Solidarität der anderen angewiesen sind.
Wir sehen noch viel Entwicklungspotential und folgen damit der Dynamik der Evolution. Wie bringen Christen das mit ihrer Bibel überein?

Die Bibel revidieren?

Wenn es kein Paradies am Anfang gab und der Homo sapiens noch weit entfernt von einem versöhnten, gewaltfreien Zusammenleben ist, dann können die Christen sich nicht weiter an dem Weltbild orientieren, das am Anfang ein Paradies situiert, in dem es weder den Brudermord von Kain und Abel und die daraus folgenden endlosen Kriegshandlungen gibt. Zugleich gibt es Quantensprünge in der Entwicklung des Menschen. Bereits die Sprache ist ein solcher, nicht mehr nur gradueller Entwicklungssprung. Die Bestattung der Toten zeigt, dass man mit den Verstorbenen in Verbindung bleiben will. Wie kann diese Sichtweise, die die auch für den Homo sapiens ein kulturelle Evolution nahelegt, mit der Bibel in Übereinstimmung gebracht werden:

Die Christen können sich des heute erarbeiteten Weltbilds bedienen, denn die Bibel hat das Weltbild ihrer Zeit übernommen und gleich in zwei Versionen den Vorgang der Schöpfung nebeneinander gestellt. Der ältere Bericht, der im2. Kapitel des ersten Buches der Bibel beginnt, erzählt zuerst die Erschaffung des Menschen, um den herum Wasser und Erde geordnet und mit Pflanzen und Tieren belebt werden. Ganz anders ist das Zeitmuster auf der ersten Seite der Bibel. Hier wird der Schöpfungsvorgang auf die sechs Tage der Woche verteilt und der Mensch erst am 6. Tag "als Mann und Frau" geschaffen. Diese zwei sehr unterschiedlichen Versionen erlauben, ein weiteres Modell zu übernehmen. Wahrscheinlich ist die Evolutionstheorie auch nicht das letzte Wort und es wird weitere Modellvorstellungen geben, wie der Mensch entstanden ist und wie er sich die Welt insgesamt vorstellen kann. Unsere heutige, an Urknall und Evolution orientierte Vorstellung wird mit weiteren Erkenntnissen der Wissenschaft auch von einem weiteren Modell, wie der Mensch entstanden ist, abgelöst werden.
Für den Christen gilt das Prinzip nach vorne, dass „Nichts dem Reich Gottes vorgezogen werden darf“. Dieses Reich ist im Entstehen begriffen. Jesus hat es mit Samenkörnern verglichen, die erst keimen müssen, damit das Korn und der Senfbaum wachsen. Der Zugang zu diesem göttlichen Reich wird über die Vorgaben der Bergpredigt eröffnet, die unbedingte Suche nach Gerechtigkeit, die Sorge für den Armen, Frieden aktiv herbeiführen, im Feind einen von Gott gewollten Menschen sehen. Es ist also nicht die Enteignung der Kapitalisten, mit der der Marxismus das kommunistische Paradies herbeizuführen versprach. Es genügt auch nicht die Befolgung der Scharia, um den ständigen Machtkampf zu überwinden. Auch noch so viele Sozialprogramme, die Parteien ihren Wählern versprechen, führen die in sich versöhnte und von Solidarität bestimmte Gesellschaft nicht herbei, da Geld nicht die Herzen verändert. Erst die Bekehrung der Herzen führt zu dem unbedingten Vorrang der Liebe. Die Sehnsucht nach dieser Welt ist uns eingepflanzt.
Die Thematik wird in weiteren Artikeln fortgeführt.

Links:
Wolfgang Schreiner beschreibt am Corona-Virus die Mechanismen der Evolution:
Corona – Produkt der Evolution
In Leid und Böses in Gottes guter Schöpfung beschreibt er, dass Restbestände in unserem Verhalten, die für die Entwicklung zu höheren Lebewesen sinnvoll waren, in uns destruktiv weiterwirken.

Weitere Beiträge zur Evolution – kulturell und theologisch sind zusammengestellt im Modul Evolutions-Theologie

 

 


Kategorie: Verstehen

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