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50: das letzte Drittel des Arbeitslebens beginnt

Wer die 50 überschreitet, kann für das letzte Drittel des Arbeitslebens Entscheidungen treffen. Möglichst früh in Rente gehen oder Stunden reduzieren. Nicht wenige Fragen stellen sich: Die finanziellen Möglichkeiten, der gesundheitliche Zustand, die familiäre Situation.

Kann man es sich überhaupt leisten im Beruf kürzer zu treten oder gar ganz aufzuhören? Gilt dies auch für den Fall, dass man selbst oder nahe Angehörige krank werden? Wird die Entscheidung, sich beruflich zu verändern, auch vom Lebenspartner, der Lebenspartnerin mitgetragen? Wenn man sich für einen früheren Ausstieg entscheidet, muss nicht nur die finanzielle Basis bedacht werden.

Altersarmut statt ewigen Urlaubs

Wer früh in Rente gehen will, sollte unbedingt klären, ob die finanziellen Möglichkeiten dies hergeben, Wer eine Rente erwarten kann, sollte bei der Rentenversicherung ein Beratungstermin buchen, um die Höhe der Rente und die Belastung durch Krankenversicherung und Steuerzahlungen einschätzen zu können. Das besonders, wenn vor dem offiziellen Start der Rente mit 67 Jahren in den Ruhestand gehen will. Steuerzahlungen, Krankenkassenbeiträge und die Wirkungen der Inflation werden oft falsch bewertet und führen dann in die Altersarmut, vor allem wenn die Betroffenen länger leben als die durchschnittliche Lebenserwartung von 30 weiteren Jahren, die eine 50-jährige Person in Deutschland heute hat. Auch Pflegebedürftigkeit seiner selbst oder des Lebenspartners führen zu Belastungen, die in diesem Fall gestemmt werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit, zum Pflegefall zu werden, ist zu hoch, um ignoriert werden zu können. Die Zahl der Pflegefälle stieg von 2,5 Millionen 2011 auf über 5 Millionen 2023. Im Jahr 2050 werden es wohl über 7,5 Millionen sein. Es ist fraglich, ob die Gesellschaft in Zukunft noch die Möglichkeiten hat, das Pflegerisiko so zu finanzieren, wie dies heute noch der Fall ist.
Andererseits fallen in der Rente auch Kosten weg, wie etwa Fahrtkosten zur Arbeit, Versicherungen, die man dann nicht mehr braucht. Die Immobilie ist vielleicht abbezahlt, es wurde möglicherweise geerbt, die Kinder sind schon aus dem Haus. Generell wird in der Literatur davon ausgegangen, dass im Ruhestand etwa noch 80 Prozent des Nettoeinkommens gebraucht wird, das man während der Arbeit hatte. Jeder hat aber andere Bedürfnisse, der Schritt in Rente zu gehen sollte finanziell daher realistisch geplant werden.
Der finanzielle Aspekt ist aber im Fall des völligen Renteneintritts ohne weitere Beschäftigung nur ein Teil der Wahrheit. Es ist eben nicht der ewige Urlaub, sondern es sind jede Woche 7x24 Stunden die Woche, die ausgefüllt werden müssen. Auch das ist eine Facette, die von vielen nicht realistisch eingeschätzt wird. Altersmelancholie und depressive Stimmungen schleichen sich sich dann ein.

Die Stundenzahl reduzieren

Wenn man es sich nicht leisten kann oder nicht ganz aus dem Beruf auszusteigen will, kommt auch eine Stundenreduzierung in Betracht. Die Lage von älteren Menschen auf dem Arbeits­markt hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Die Erwerbs­beteiligung der 60- bis 64-Jährigen nahm nach Angaben des statistischen Bundesamtes, so stark zu wie in keiner anderen Alters­gruppe: Sie hat sich in den letzten zehn Jahren von 50% (2013) auf 65 % (2023) gesteigert. Sie dürfte noch weiter steigen, denn die Belastungen der über 60-Jährigen wird zunehmen, weil einfach nicht mehr so viele junge Menschen im Arbeitsleben stehen, um das Sozialsystem zu finanzieren. Es ist aber auch für immer mehr Menschen wichtig, möglichst lange beruflich aktiv zu bleiben, um weiterhin voll am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Stundenreduzierung wird auch deswegen genutzt, um eine Nebenbeschäftigung aufzunehmen, die probeweise für einen Umstieg auf eine völlig andere Tätigkeit gesehen wird. Wird eine Zweitbeschäftigung aufgenommen, ist zu beachten, dass nur ein Minijob oder eine kurzfristige Beschäftigung beitragsfrei sind. Sonst muss bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 5512,50 Euro Monatseinkommen der Krankenkassenbeitrag bezahlt werden. Freiwillig Versicherte, z.B. Selbständige, müssen auch auf Kapitalerträge Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Nichtbeachtung dieser Vorschriften kann sehr teuer werden und möglicherweise Strafprozesse nach sich ziehen.

Mit dem Arbeitgeber zurechtkommen

Wenn Stunden in der Hauptbeschäftigung reduziert werden sollen, muss der Arbeitgeber zustimmen. Bei zunehmenden Fachkräftemangel wird dies öfter als bisher abgelehnt werden. Der Paragraph 8 im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)  regelt Ansprüche des Arbeitnehmers. Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Es ist die Schriftform zu wahren und der Antrag muss drei Monate vor der beabsichtigten Reduzierung gestellt sein. Der Arbeitgeber kann aber aus betrieblichen Gründen ablehnen, vor allem, wenn weniger als 15 Mitarbeiter beschäftigt werden. Ein erneuter Antrag kann dann erst wieder nach zwei Jahren gestellt werden. Am besten ist es, bei Stundenreduzierungen zunächst die grundsätzliche Bereitschaft des Arbeitgebers zu sondieren und sich bei Kollegen zu erkundigen, die schon Erfahrungen mit dem Arbeitgeber gemacht haben. Es gibt zwar die Möglichkeit, die Entscheidung des Arbeitgebers juristisch anzufechten. Dann ist allerdings das Arbeitsverhältnis belastet.
Wer 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann mit 63 Jahren bei Abschlägen von 3,6 % für jedes der 4 Jahre bis zum 67. Lebensjahr in den Vorruhestand gehen. Dann ist eine Beschäftigung in einem anderen Berufsfeld problemlos möglich.

Im Rentenalter weiter arbeiten

Um ältere Arbeitnehmer im Berufsleben zu halten, lässt sich der Gesetzgeber einiges einfallen. Ab Januar 2026 dürfen Rentner, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und freiwillig weiterarbeiten, bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen. Dieses Einkommen wird, ohne die Steuer zu erhöhen, zusätzlich zur regulären Altersrente ausgezahlt. Die Beschäftigung von Menschen, die das Rentenalter erreicht haben, wird weiter zunehmen. Schon 2023 waren die Zahlen verblüffend hoch, nämlich bei 20 % der 65 bis 69-Jährigen, mehr als 1,6 Millionen Menschen. Für 643.000 von ihnen war das Arbeitseinkommen nach Angaben des statistischen Bundesamtes die Haupteinnahmequelle. Das zeigt, wie wichtig eine frühzeitige Planung und Ansparphase für die Lebensgestaltung im Alter ist.

Arbeiten im Alter ist also schon heute für Millionen kein Fremdwort. Es ist aber nicht immer der Geldmangel die Motivation, eine Beschäftigung aufzunehmen. Arbeiten im Renten­alter kann auch bedeuten, länger aktiv am gesell­schaft­lichen Leben teil­zuhaben. Es müssen ja nicht die 40 Stunden pro Woche im selben Betrieb oder im selben Beruf sein, den man jahrzehntelang ausgeübt hat. Mit ein bisschen Glück findet sich auch das, was man immer schon machen wollte, das dann weitere Lebensjahre bereichern kann.

Eine frühzeitige finanzielle Absicherung empfiehlt Ulrich Lehmann in: Alter: finanziell handlungsfähig bleiben


Kategorie: Analysiert

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