Nun ist sie also endgültig da, die Zeitenwende. Deutschland allein will mindesten 500 Milliarden zusätzlich in den nächsten Jahren für Verteidigung aufbringen. Doch Geld alleine reicht nicht, Menschen müssen bereit sein, eine Waffe in die Hand zu nehmen; Nicht zu vernachlässigen ist die Infrastruktur.
Die USA werden in der allgemeinen Wahrnehmung nicht mehr als verlässlicher Partner, eher als künftiger Gegner gesehen. Währende der neue US Außenminister Rubio sich genötigt sieht zu versichern, dass die Vereinigten Staaten Russland und Putin nicht unterstützen werden (NTV Meldung vom 11.3.2025), will die Europäische Union als Gemeinschaft 800 Milliarden Euro für Verteidigung ausgeben, die Nationalstaaten planen nochmals eigene Programme.
Militärausgaben waren auf historischem Tiefstand
Nachdem während des Aufbaus der Bundeswehr Mitte der fünfziger Jahre bis Ende der sechziger Jahre jeweils 4 bis 5 % des BIP für die Militärausgaben verwendet wurden, sanken sie von Ende der sechziger bis 1990 auf 2,7 bis 3,8 Prozent. Geht man noch weiter zurück, sieht man auch für das deutsche Kaiserreich in Friedenszeiten etwa 3,5 bis 4 % an Militärausgaben (u.a. Bundeszentrale für politische Bildung bpb 2.6.1984) Doch dann setzte eine ungewöhnliche Entwicklung ein. Nachdem schon während der neunziger Jahre die Ausgaben erheblich reduziert wurden, waren es Anfang der zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts nur noch wenig mehr als 1 % des BIP (u.a. Pressmitteilung 104 vom 9. März 2022 des Statistischen Bundesamtes). Hier wurde Friedensdividend kräftig abgeschöpft und die Bundeswehr entsprechend ausgezehrt.
USA fordern nicht erst jetzt mehr Anstrengung
Diese Entwicklung wurde schon seit Jahrzehnten von verschiedenen US Präsidenten kritisiert, aber von der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland wohl nicht erst genommen, zumindest bis Trump kam. Die Art und Weise seines Vorgehens wird wohl die meisten Beobachter vor den Kopf stoßen, aber Biden , Obama und George W. Bush wurden eben nicht genügend ernst genommen.
Mittlerweile ist die Situation so angespannt, dass über einen Ausstieg der USA aus der Nato spekuliert wird. Selbst über einen Verzicht auf die bestellten F35 Kampfflugzeuge seitens Deutschlands wird jetzt nachgedacht, da das System nur mit Support aus den USA einsatzfähig ist. Ein eigenes Satellitensystem der Europäer ist im Aufbau und über eine nukleare Abschreckung wird mit Frankreich wird schon verhandelt.
Die USA werden nicht mehr als verlässlicher Bündnispartner wahrgenommen. In den Augen vieler Beobachter wird durch die gegenwärtige US Administration ein Wechsel von einer regelbasierten zu einer Macht basierten Weltordnung angestrebt. Kleinere Staaten sollen und müssen hier die Vorgaben der Großmächte akzeptieren.
Berufsarmee oder Wehrpflichtigen-Armee?
Um eine möglichst eigenständige Politik zu ermöglichen, wollen Europa und die Einzelstaaten ihre Verteidigung erheblich stärken. Je nach Aufgaben einer Armee ergeben sich auch unterschiedliche Notwendigkeiten hinsichtlich der Anzahl der Militärangehörigen, der erforderlichen Bewaffnung und damit der vorzunehmenden Ausbildung. Die Bereitstellung der finanziellen Mittel ist hier aber nur ein Teil der Lösung. Es muss auch genügend Personal vorhanden sein, um den Herausforderungen der neuen Weltordnung gerecht werden zu können.
Eine mögliche Lösung wäre die Wiederinkraftsetzung der allgemeinen Wehrpflicht. Damit wären zwar genügend Wehrpflichtige vorhanden, aber es wären nur junge Männer, die einberufen würden. Möglicherweise wäre die Auswahl aber sehr selektiv, also nur wenige Prozente eines Jahrgangs würden eingezogen, sodass dies zusätzliche Gerechtigkeitsprobleme mit sich bringen würde. Zudem können die Wehrpflichtigen nicht gleichzeitig arbeiten und Wehrdienst leisten, sodass auch hier erhebliche, sogenannte Opportunitätskosten entstehen, zumal die Ausbildung der Wehrpflichtigen wegen der komplexen Waffensysteme längere Zeit in Anspruch nehmen würde und entsprechende Kosten für Unterbringung und Verpflegung, sowie Verwaltung mit sich bringt.
Die wichtigste Frage bei einer Wehrpflicht wäre aber, ob diese überhaupt akzeptiert wird. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis vom Staat zu seinen Bürgern in den westlichen Ländern sehr verändert. Selbstverwirklichung und die rechtliche Stärkung des Individuums gegenüber dem Staat und seinen Anforderungen spielt eine immer größere Rolle. Es scheint das Bewusstsein abgenommen zu haben, dass der Staat an Voraussetzungen gebunden ist, die die Bürger stemmen müssen, um seine Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Es ist also nicht davon auszugehen, dass eine Wehrpflicht einfach durchzuführen wäre. Möglicherweise wäre erheblicher Zwang nötig. Es spricht also einiges dafür, dass eine Berufsarmee von Vorteil wäre. Wie kann heutzutage aber genügend freiwilliges Personal eingestellt werden? Die Beantwortung dieser Frage wird noch wichtiger, wenn man außer rein militärischen auch andere Gesichtspunkte in den Blick nimmt
Infrastruktur und ziviler Katastrophenschutz werden wichtiger
Wie ein Blick auf die Landkarte Europas zeigt, kommt man kaum an Deutschland mit seinen neuen Landesgrenzen vorbei, wenn man von West nach Ost, oder von Nord nach Süd will. Deswegen ist eine gute Verkehrsinfrastruktur sowohl für die Wirtschaft, als auch für die NATO so wichtig. Aber auch der Schutz der digitalen Infrastruktur als auch der Schutz der zivilen Bevölkerung im Katastrophenfall mit medizinischer Versorgung, Schutzräumen und Nahrungsmitteln muss gewährleistet sein. All diese Maßnahmen erfordern einen riesigen Personaleinsatz und einen gewaltigen finanziellen Aufwand.
Schulden alleine werden nicht reichen
Eine extrem hohe Schuldenaufnahme wird auf Dauer zu einer galoppierenden Inflation und oder der Handlungsunfähigkeit des Staates führen. Es müssen daher auch andere Wege gesucht und gefunden werden, um all die Aufgaben, die der Staat leisten muss zu bezahlen. Mittelfristig wird man nicht um Steuererhöhungen, etwa bei der Erbschaftssteuer, und Leistungskürzungen des Staates in vielen Bereichen, etwa beim kostenlosen Studium und auch im sozialen Bereich herumkommen. Um genügend Personal für Militär um Zivilschutz zu finden, müssen nicht nur höhere Gehälter bezahlt werden, es können aber auch andere Anreize geboten werden. Etwa der Verzicht auf Studiengebühren, eine Minderung der Erbschaftssteuer, wenn man Wehrdienst oder Dienst im Katastrophenschutz geleistet hat. Bei der Einstellung in den Staatsdienst sollten bei gleicher Qualifikation Menschen bevorzugt werden, die für den Staat Dienst geleistet haben. Selbst eine günstigere Versteuerung des Einkommens oder höhere Sozialleistungen im Bedarfsfall wären durchaus machbar. Der Staat würde damit diejenigen belohnen, die bereit sind, sich für ihn einzusetzen.
Diese Überlegungen sind nach langen Jahrzehnten, in denen ständig neue Ansprüche an den Staat gestellt werden konnten und vieles mit Schulden oder Vermögensverzehr des Staates bezahlt worden ist, unausweichlich. Eine Alternative könnte noch teurer werden.
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