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Pfarrer in der Nachmoderne - ein Versuch

Immer weniger katholische Pfarrer sind heute zuständig für mehrere zusammengelegte Pfarreien und damit Vorgesetzte von entsprechend mehr Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Ist das auf Säkularisierung oder auf die Institution Kirche in der Nachmoderne zurückzuführen? Eine Analyse:

Ein Blick auf die mittlere und jüngere Generation führt zu der Feststellung: immer weniger sind für die jetzige Kirchenstruktur zu gewinnen, ob als Gottesdienstteilnehmer oder als Priester. Für was wären sie aber ansprechbar? Von der Beantwortung dieser Frage bestimmt sich, für was Priester für die nachwachsenden Generationen da sein sollen. Oder sollten sie einfach abgeschafft werden. Hat sich die Säkularisierung vollständig durchgesetzt oder passt die Institution Kirche, in der Studierende der Theologie einmal tätig werden sollen, noch in die Nachmoderne?

Das andere Verhältnis zur Institution

Zuerst muss jedoch geklärt werden, worauf der empfindliche Rückgang nicht nur an Kandidaten für das Priesteramt, sondern auch der sog. Laientheologen und –Theologinnen, die in den Gemeinden arbeiten. Die Kirchenvertreter, ob Theologieprofessoren oder Bischöfe, führen das auf die Säkularisierung zurück. Der Zeitgeist zwingt der Kirche sozusagen eine solche Schrumpfung und das Ausbleiben des Nachwuchses auf. Man kann nichts machen, sondern muss die Strukturen so umbauen, dass man irgendwie durchkommt. Diese These wird durch das Fernsehen widerlegt. Pfarrerserien und die Nonnenserie waren Quotenhits. Die Gottesdienstübertragungen im ZDF sind die einzige Sendung, die ihre Zuschauerzahl nach Einführung der werbefinanzierten Sender schon in den neunziger Jahren verdoppelt hat. Es ist auch nicht der Einbruch durch die Missbrauchszahlen, der die Katholische Kirche erfasst hat. Diese haben nur einen Trend verstärkt, der die eine neue Einstellung gegenüber den Institutionen tiefgreifend verändert hat, so dass das Rollenbild des Priesters und unter diesen den Pfarrern ins Leere laufen lässt.
Die Katholische Kirche hat darauf, ermöglicht durch die noch vielen Geldmitteln wie andere Institutionen mit dem Ausbau ihrer Verwaltung reagiert. Da sie in Deutschland kaum noch mit Inhalten auftritt, ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit eine anonyme Verwaltung geworden. Darunter liegt ein tiefergehender Wandel, so dass die Kirchenkonzeption des 19. Jahrhunderts und dessen Konzil, das Erste Vatikanische, den Historikern überantwortet werden kann. Diese frühere Konzeption identifizierte die Institution mit der Glaubenswelt. Die Institution "glaubt". Garant für die Bewahrung war der Papst und vor Ort der Pfarrer. Man wuchs in dieser Institution auf, fühlte sich weniger als Gläubiger, der mit seiner Glaubensüberzeugung die Pfarrei mit trug. Denn die Pfarrei gab es auch ohne meinen Glauben. Weil die Institution den Glauben garantierte, brauchten sich die Katholiken nur einzuklinken. Diese Konzeption ist längst außer Kraft gesetzt, leitet aber noch die Umorganisation der Pfarreien. Als würden die Katholiken noch glauben, weil der Pfarrer glaubt, steht immer ein Pfarrer an der Spitze. Als wären diese Großpfarreien noch wie die frühere Pfarrei funktionieren - mit einer Kirche in der Mitte und direkt daneben ein Pfarrhaus. Die Pfarrei umfasst jetzt mehr als einen Stadtteil, in vielen Städten, auch größeren, gibt es nur noch eine Pfarrei mit mehreren Gottesdienstorten, also den früheren Pfarrkirchen. Konnte man früher noch davon ausgehen, dass Menschen sich einer Pfarrei zugehörig fühlten, ist das bei den Großpfarreien nicht mehr möglich.

Institutionen müssen nur noch funktionieren

Das die Institutionen nicht mehr für Werte und Überzeugungen stehen müssen, entspricht der Nachmoderne, in der die Menschen sich nicht mehr mit einer Institution identifizieren. In eine solche steigen sie sozusagen wie in einen großen Dampfer kaum noch ein. Die Institution muss nur funktionieren, sie ist nicht mehr der Ort, wo man leben will. Das heißt für die bisherige Pfarrerrolle, dass dieser nicht mehr die Institution vertritt und wohl auch nicht mehr vertreten muss. Nur noch einer ist Vorgesetzter, der das Finanzgremium leitet, das Personal für den Kindergarten einstellt, der also den Dampfer steuerte und noch alles im Blick haben soll. Eine entscheidendere Veränderung, die auch zur Auflösung der Pfarrei führt, ist das Verhältnis zur Religion. In der Nachmoderne wollen immer weniger Menschen einer Institution ihre Religion anvertrauen. Um im Bild des Schiffes zu bleiben, es wollen die Menschen nicht mehr einen Dampfer besteigen, der sie da hinbringt, wo der Pfarrer hinwill. Die einzelnen wollen sich lieber selbst das Boot bauen, mit dem sie durch ihre Leben steuern. Deshalb braucht es Werften für den Bau und die Reparatur der kleinen Boote. Also müssen Großpfarreien nicht mehr für den Glauben da sein. Das heißt jedoch nicht, dass die Menschen mit ihrer Religion alleine fahren, sondern so wie Paddelboote auf dem Rhein jeweils mit anderen zusammen unterwegs sind. Das gilt auch für die Lebensschiffe. Man will zwar nicht mehr in das große Schiff steigen, jedoch auch nicht alleine den Kurs halten müssen. Das knüpft an die Erkenntnis bereits der ersten christlichen Gemeinden an. Alleine hält man kaum gegen eine Gesellschaft stand, die sich in ihrer jeweiligen Form von Materialismus in dieser Welt verankern will.
Ob Konsum oder Diktatur, Religion soll darüber hinausführen. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ heißt es bereits in der Bibel. Denn mit ihrem Glauben sind sie nämlich meist unter Kollegen und Bekannten alleine. Für diese Glaubenden Priester, Seelsorgerin, Seelsorger zu sein, das sollte die Priester, die jetzt ihren Dienst tun, nicht nur herausfordern, sondern die von Jesus versprochene Freude am Jüngersein zurückgeben.

Priester für eine andere Form von Kirche

Das wird bereits diskutiert, aber in den Strukturen des 19. Jahrhunderts. Es ist eigentlich allen klar, dass mit dem Ende der Volkskirche sich auch die bisherige Pfarrerolle verändern wird. Er war über Jahrzehnte der einzige Theologe. Er vertrat die kirchliche Lehre und spendete die Sakramente. In diese, auch spirituelle Kirchenstruktur, konnten viele Menschen eingebunden werden. Deshalb ist die Organisationsform Pfarrei nicht schlechtzureden. Sie war in sich so gefestigt, dass sie den Diktaturen des 20. Jahrhunderts standhielt. Sowohl nach dem Ende des Nationalsozialismus wie des Kommunismus waren es Katholiken, die maßgeblich die neue Ordnung entwickelten. Die kirchliche Soziallehre erwies sich als die bessere Konzeption, nicht zuletzt mit dem Subsidiaritätsprinzip als Alternative zur Machtkonzentration der Diktaturen. Eine neue Struktur, die anstelle der Pfarrei und der bisherigen Vereine Menschen in der Nachmoderne zusammenführt, hat sich nicht herausgebildet. Das gilt für die ganze Gesellschaft. Was früher in Familienverbänden und Nachbarschaften geleistet wurde, ist vom Sozialstaat übernommen worden und wird durch immer mehr Versicherungen aufgefangen. Diese äußeren Strukturen benötigen viel mehr Geld und Personal. Das will kontrolliert werden. Deshalb sind die Verwaltungen gewachsen, währen die Zahl der Prieste rund jetzt der Theologiestudenten drastisch zurückgegangen.
Wie finden christliche Gemeinden zu einer Kirchenstruktur, die in einer nachmodernen Gesellschaft eine Glaubenspraxis überleben lässt? Erst wenn diese Struktur sich abzeichnet, wird sich die Priesterrolle für diese Kirche herausbilden können. Oder ist sie schon da? Um weiterzudenken, ein Rückblick auf die Entwicklungen seit 1968. Es zeigt sich, dass die Chancen für einen Neues wieder aufgegriffen werden sollten. 

Die Chance für die Religion: der Fortschrittsglaube hat sich aufgelöst

Der Motor für die Veränderung der Gesellschaft, der die Religion überflüssig machen sollte, war der Glaube an den Fortschritt. Es war, wie man jetzt sehen kann, nur ein Glaube. Zwar gab der Neomarxismus vor, den Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft genau zu kennen. Aber dass die Achtundsechziger ihn nicht gefunden haben, war bereits früh klargeworden. Die marxistische Weltsicht war wie das Christentum eine Religion. Auch das Christentum spricht von einem kommenden Reich Gottes und kennt den Weg, jedoch anders als die Achtundsechziger. Diese setzten auf die Veränderung der Strukturen bis hin zur Planwirtschaft. Das Christentum hat bereits vom Propheten Ezechiel und dann von Jesus eine andere Orientierung mitbekommen: Das Reich Gottes kommt mit der Bekehrung der Herzen. Ezechiel spricht von einem Herzen aus Stein, das in eines aus Fleisch verwandelt wird, Kapitel 36,26.
Die Achtundsechziger haben mit einem großen Versprechen den Umbau der Gesellschaft einfordern können: Der Fortschritt schien in ihrem Projekt besser zu erreichen als mit den leitenden Ideen der fünfziger Jahre. Die Überwindung des Kapitalismus versprach Frieden, die sexuelle Befreiung mehr Persönlichkeitsentwicklung und lebensfrohe Partnerschaften. Durch Bildung sollte diese Gesellschaft sich entwickeln. Ergebnis sind die ökologische Krise; 50% Singlehaushalte in Ballungsgebieten, ein hoher Reparaturbedarf, mangelnde Schulleistungen. Mit dem Ukrainekrieg ist der Fortschrittsglauben endgültig außer Kraft gesetzt. Das Fortschritts-Versprechen hat sich nur für den Konsum und das Auto erfüllt. Weil die Gesellschaft ihren Glauben verloren hat, ist nicht nur ihre Philosophie inhaltsleer geworden, Anpassung lohnt sich daher nicht mehr, zumal immer mehr Menschen ein großes Ungenügen an den Verhältnissen spüren. Warum sich da noch anpassen?

Anpassung ist kein christliches Konzept

Wenn "katholisch" Anpassung signalisiert, trifft das auf eine Stimmung des Ungenügens. Denn mit dem Zustand der Gesellschaft sind immer mehr Bürger unzufrieden. Es funktionieren zwar der Konsum und der Tourismus, als technische Zivilisation ist sie jedoch zu einem Reparaturbetrieb geworden. In dieser Zivilisation wird auch die Form der Religion, die einmal Rückhalt für Viele war, fraglich. Nicht nur die Religionskritik hat das bewirkt. Die Kirchen passen wie die Kaufhäuser und die bisherigen Vereine nicht mehr so wie früher in das Gefüge. Das liegt an einer völligen Veränderung der Ausganssituation.

Die vielen Weltanschauungen führen zu Zögerlichkeit

Die Nachmoderne hat nicht nur eine große Zahl von Autotypen, Computern und Milchprodukten hervorgebracht, sie gibt auch vielen Weltdeutungen eine Chance. Diese Vielheit macht es schwer, z.B. den Computer auszuwählen, der am besten die Arbeit erledigt. Nach dem Kauf bohrt die Frage weiter: Es könnte einen passenderen geben, der sogar weniger kostet. Noch schwerer ist es, aus der Vielzahl der Weltanschauungen eine auszuwählen. Man kann sich auch ganz zurückhalten. Während man einen Computer braucht und sich daher entscheiden muss, ist das für die Weltsicht nicht notwendig. Das schlägt sich in den Zahlen der Befragung zur Kirchenmitgliedschaft nieder. 33% kreuzen an, sie könnten mit Religion nichts anfangen, 29% haben nur eine vage Vorstellung von einer höheren Macht und 20% können keine der vorgegebenen Fragen ankreuzen. Es bleiben noch 19%, die das christliche Bekenntnis mittragen. Diese wenigen bilden eine kognitive Minderheit, die sich gegen eine Öffentlichkeit behaupten muss, in der die "Verächter der Religion" die Meinungshoheit haben.

Die kirchliche Perspektive: Den Charismen Raum geben

Im kirchlichen Verständnis eröffnet sich die Zukunft durch das Hören auf den Geist Gottes. Denn nach christlicher Überzeugung schenkt dieser die Charismen, die die Kirche aufbauen. Schon jetzt sind es die Religionslehrer und -Lehrerinnen, diejenigen, die eine Caritaseinrichtung oder einen Kindergarten leiten, die Gemeinde- und Pastoralreferentinnen, die Chorleiter und diejenigen, die in Gruppen und Verbänden sich engagieren. Es gibt eine Vielzahl von Charismen. Eine Erfahrung der ersten Gemeinden hat sich in der Überzeugung erhalten, Gott habe die Charismen bereits geweckt, die Gemeinde aufbauen und damit auch für heute die christlichen Glaubensüberzeugungen anderen eröffnen. Für diese Begabungen die Strukturen zu entwickeln, die den Charismen ihren Raum geben, ist Aufgabe der Kirche. Dass sich Neues herausbilden wird, ist durch die Minderheitensituation bedingt, denn die Mitgliedschaft in einer Kirche ist nicht mehr selbstverständlich.
Es ist der Heilige Geist, der diesen Glauben weckt, nicht die Institution, schon gar nicht eine Verwaltung.

Für welche Menschen wird man demnächst Priester:

Die große Umfrage der EKD zur Kirchenmigliedschaft gibt erste Anhaltspunkte:
Es sind 19%, die im Fragenbogen diese Antwortmöglichkeit ankreuzten:
„Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gibt.“
Das ist ein hoher Anspruch, der jedoch notwendig ist, um glaubend zu überleben. Motivierend ist, dass Jesus trotz der Kirchenkrise nicht in Verruf geraten ist. Aus der Geschichte kann die Einsicht übernommen werden, das eine neue Konzentration auf das Evangelium immer der Beginn einer Reform gewesen ist.
Im Blick auf die nächsten Jahre wird es wohl erst einmal bei dieser Zahl bleiben. Da 50% der evangelischen und 75% der katholischen Christen an einen Kirchenaustritt denken, werden beide Kirchen mit sehr viel weniger Geld auskommen müssen.

Umstellung: Theologie nicht mehr für die Institution

Und die Theologen und Theologinnen so ausbilden, dass sie die Institution vor Ort mit einem Kirchengebäude, einem von der Caritas getragenen Altenheim, einem Kindergarten präsent sind. Diese etwa 20% der Bevölkerung können nicht mehr in ihrer Glaubenspraxis bewahrt werden, wenn sie weiter auf eine Theologie treffen, die an der Institution orientiert ist, indem sie vorgibt, selbst zu glauben. Sie verwaltet nur. as Glaubenswissen der Institution vermittelt. Glauben geschieht immer weniger in der Institution, sondern mitten in der Gesellschaft. Dazu muss es eine neue Begründung des Glaubens geben. Diese für die nachmoderne formulierte Theologie richtet sich, zusammen mit den anderen Konfessionen, gegen eine Weltsicht, die sich allein auf das vom Menschen Gedachte und Gemachte stützt. Das triff auf einen spezifischen postmodernen Widerstand: Nicht wenige Menschen gehen, um sich nicht entscheiden zu müssen, dem Glaubensanspruch des Christentums aus dem Weg. Das wird immer daran deutlich, dass die Kirche kritisiert wird, die einen davon abhält, sich auf den christlichen Weg der persönlichkeitsweg zu gehen. Dazu schwiegen beide Kirchen weitgehend. Wenn Gott und nicht die Kirche im Fokus steht, gibt aus auch ernstzunehmende Einsprüche, die die philosophischen und theologischen Begründungen aushebeln sollen. Diesen Einsprüchen dürfen die Gläubigen nicht hilflos ausgeliefert werden.  

Es braucht ein gut begründete Weltanschauung

Spiritualität finden Viele auch in den Yogaübungen, im Zen- und andere Meditationsformen, Exerzitien und Kontemplation führen in den Raum einer christlichen Spiritualität. Im katholischen Religionsverständnis kommt die im Denken gefunden Zugänge zum Menschen und seinem größeren Horizont entscheidend hinzu. Beides passt erst einmal nicht zusammen, Es scheint aus Sicht der spirituellen Angebote vielleicht auch plausibel, nicht aus der Meditation ins Abstrakte der Begriffe überzuwechseln. Sobald die Teilnehmer allerdings den Raum der Meditation verlassen, werden sie konfrontiert. Nicht weil sie meditieren, davon kann man im Kollegenkreis eher erzählen als vom sonntäglichen Gottesdienstbesuch. Gegen die Einwände braucht es ein solides Gerüst, vergleichbar dem Fachwerk, das einem Haus Stabilität gibt. Dieses Gerüst ist auch die Voraussetzung, das Zusammenleben zu ordnen, zu guten Gesetzen zu kommen, Gerechtigkeit aus den Sonntagsreden herauszuholen und in die Praxis umzusetzen. Denken ist zur Auseinandersetzung mit den Einwänden notwendig, die im gesellschaftlichen Raum Religion fragwürdig machen. Es sind zumindest drei Argumente, die ins Feld geführt werden:

  1. Die Wissenschaft ist an die Stelle der Religion getreten, sie wird schrittweise auf die Fragen Antworten finden, die die Religion nur mit unsicheren Thesen beantworten konnte.
  2. Die Evolution zeigt, dass sich alles aus der Materie entwickelt hat.
  3. Wenn der vom Christentum postulierte Gott wirklich existiert, dann müsste er die Ungerechtigkeit und die Grausamkeiten abstellen. Jeder Missbrauch, jeder Mord zeigt, dass es den vom Christentum behaupteten Gott nicht geben kann.

Es scheint so, dass die Philosophie wie die Theologie diesen Einsprüchen kaum etwas entgegensetzen kann. Das hat Konsequenzen nicht nur für die Kirchenmitgliedschaft. Denn warum einer Weltsicht vertrauen, die sich in die Ecke der Sprachlosigkeit drängen lässt. In diesem Umfeld zur christlichen Weltanschauung zu kommen, verlangt vielmehr neue Wege. Da die Einwände gegen die christliche Weltsicht eher philosophisch formuliert werden, ist es dringend, den von den Päpsten geforderte Ausbau der Philosophie nicht nur durch Einrichtung von weiteren Lehrstühlen umzusetzen.

Meditation + Philosophie

Wer seine Weltsicht aktiv vertreten will, kann gegen die oben formulierten und die weitere Einwände nicht mit Hinweis auf Meditation antworten. Da die Einwände schlussfolgernd formuliert werden, brauchen sie weiterührendes Denken. Es geht nicht darum, die Einwände zu widerlegen, sondern aufzuzeigen, dass die Religion diese in einen größeren Horizont stellt. Im Moment vermittelt die wissenschaftliche Theologie eher den Eindruck, diese weiterführenden Gedanken nicht zu finden. Diese Außenwirkung ist auch ein Grund, warum Abiturienten nicht mehr Theologie studieren. Dadurch gehen Abiturienten mit einer philosophischen Begabung der Kirche verloren. Dies wurden früher noch Priester. Die Theologie, die sich selbst nicht auf Spiritualität, sondern auf Argumente stützt, würde sehr viel mehr Anklang finden, wenn sie auf die aktuellen, philosophisch formulierten Einwände einginge. Im Rückblick kann man allein durch das Verschwinden der meisten Kulturzeitschriften sehen, woran des der Katholischen Kirche mangelt. Als diese noch Leser fanden, war die Katholische Kirche eine kulturelle Größe, die nicht nur eine gute Ausbildung zu bieten hatte, sondern auch viele Arbeitsfelder, in denen eine solche Begabung gefragt war und heute dringender zum Gepäck durch die Nachmoderne gehören muss.

Das Neue muss nicht in allem neu erfunden werden
Die Kirche in Westdeutschland sollte sich an der der ehemaligen DDR orientieren. Die Katholiken, sowieso eine Minderheit, haben sich in kleinen Gruppen als Familienkreise getroffen. Um der Stasi-Beobachtung zu entgehen, kamen sie in den Wohnungen der Familien zusammen. Aus diesen Kreisen kam eine Kraft, die am Ende der DDR nicht vom System aufgesogen worden war. Das erste Kabinett in Thüringen wurde zu einem großen Teil von den Mitgliedern eines Familienkreises gebildet. Auch waren die Priester durch das Studium in Erfurt auf ein Umfeld vorbereitet, welches sich als antireligiös verstand.Aus dem geschichtlichen Rückblick und dem Verschwinden der Institution „Kirche“ können bereits einige Elemente herausgelesen werden, die den Priesterberuf zukünftig leiten:

  • Es braucht den Pfarrer in seiner früheren Funktion nicht mehr. Die Menschen sorgen selbst für ihren Glauben. Dafür brauchen sie Spiritualität und Philosophie    
  • Die Gläubigen brauchen Gruppen, Kleine Christliche Gemeinschaften. Die Hauptamtlichen sollten beim Aufbau helfen, aber nicht mehr leiten. Die Diözesen Afrikas haben das Konzept schon eingeführt.
  • Die Charismen der Gläubigen und nicht Amtsträger werden die neuen Gemeinden aufbauen.
  • Der Priester wie die Theologen und Theologinnen sind neben der spirituellen Begleitung als soöche gefragt, die die christliche Sicht „Schöpfung-Erlösung-Auferstehung“ begründen kann.

Diese Überlegungen sind erst nur Gehversuche. Ich bin an jeder Rückmeldung, weiteren Ideen und an der Korrektur bzw. an Ergänzungen der Zeitanalyse sehr interessiert. Ich komme auch gerne zu einem Gespräch. Der Text ist frei zum Weitergeben. e.bieger%gmx.de

LINK:  Die persönliche Glaubensentwicklung, die den subtilen Infragestellungen der Nachmoderne standhält, hat Jutta Mügge beschrieben: Die Kirchenkrise ist eine Freiheits- und damit eine Gotteskrise


Kategorie: Analysiert

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