Die Hand Gottes überdem Kreuz, San Stephano in Rotondo, Rom Foto: hinsehen.net E.B.

Gott wirkt wie das Gewissen

Gott müsste eingreifen, wenn der Mensch den Klimakollaps nicht abwenden kann. Er müsste den Syrien- wie den Ukrainekrieg beenden. Er greift aber nicht ein, obwohl Viele zu ihm flehen und seine Leugner ihn herausfordern. Er ist allenfalls präsent im Gewissen, nur leise, damit für Viele nicht auf göttliche Weise.

Von menschlichen Chefs erwarten wir, dass sie eingreifen, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Deshalb ist die Erwartung verständlich, dass Gott, wenn er der Urheber und nicht nur der Lenker der Welt ist, ebenso tätig wird, um das Schlimmste abzuwenden. Was den Lenkern dieser Welt nicht gelingt, müsste doch dem, der Urheber des Ganzen ist, möglich sein. Oder ist Gott mit dem Menschen überfordert? Die Menschen, die mit Willkür und Gewalt konfrontiert sind, reagieren mit Verzweiflung, Viele halten ihn für nicht existent, ihn gebe es nur in der Vorstellung der Menschen. Zudem hat er den Menschen das Gesetz gegeben.  Müsste Gott nicht in denen, von denen sein Gesetz so missachtet wird, auf der Einhaltung der Gebote bestehen. Er scheint er zu schweigen.

Zumindest hält Gott am "Du sollst nicht töten" fest

Auch in den schlimmsten Gefängnissen und Straflagern bleibt die Geltung "Du sollst nicht foltern," "Du sollst nicht töten" bestehen. Es gibt immer Menschen, die Unrecht auch "Unrecht", wie auch Verbrechen "Verbrechen" nennen. Was wir Gewissen nennen, kann in Menschen gerade dann erwachen, wenn es nicht um sie selbst geht, sondern die Würde und das Existenzrecht eines anderen verletzt wird. Dieses Erwachen fürchten die Diktatoren am meisten. Die Angst vor dem erwachenden Gewissen führt zu der grotesken Anweisung, einen Krieg nicht "Krieg" nennen zu dürfen. Als wollten die Russen diesen Krieg, wenn er schon angefangen worden ist, nicht auch gewinnen. Die meisten Russen realisieren nicht, dass sie gegen ihr Brudervolk in den Krieg ziehen. Diesen Widerspruch, dass sie ja eigentlich gegen sich selbst Krieg führen, überbücken sie, indem sie ihrer Propaganda folgen. Diese sagt, dass Russland nicht gegen die Ukrainer kämpft, sondern diese von einer Fremdherrschaft befreit. So als müsste die wiedergekehrten Nationalsozialisten vertrieben werden, verkörpert in einem jüdischen Präsidenten. Diese Propaganda wirkt außerhalb Russlands nur bei wenigen.

Das Gewissen behält das letzte Wort

Wir gehen davon aus, dass die Wahrheit sich durchsetzt, auch gegen die Staatspropaganda, der die Mehrheit der Russen zu folgen scheinten.
Es ist zwar erst einmal ein eigenartiges Phänomen, dass die Russen der Propaganda ihrer Staatsmedien glauben, der Rest der Welt aber diese als Fakenews einordnet. Nicht nur in der Berichterstattung der Medien gibt es keinen Zweifel, dass Russland einen Angriffskrieg führt. Auch zögernde Regierungen werden von ihrer Bevölkerung gezwungen, die Ukraine zu unterstützen und sich am Embargo gegen Russland zu beteiligen. Die meisten westlichen Firmen haben sich nicht aus der Ukraine, sondern aus Russland zurückgezogen. Die Ukrainer fliehen auch nicht nach Russland, sondern nach Polen, mit dem ihr Land eigentlich eine konfliktreiche Geschichte hat. Wir selbst zweifeln nicht daran, dass wir wissen, wie der Krieg verläuft. Irgendeine Instanz scheint für uns zu garantieren, dass diese Wahrheit sich auch irgendwann in Russland gegen die Staatspropaganda durchsetzen wird. Wir können beobachten, dass das Gewissen bei vielen Menschen, auch bei Russen intakt bleibt.
Wir sprechen von einer Stimme, die nicht unsere ist. Wenn diese Stimme auch für Viele nicht eindringlich genug ist, um deren Handeln zu beeinflussen, es gibt in jeder Generation Menschen, die diese Stimme deutlich hören und das Gehörte auch den anderen mitteilen. Greta Tumberg hat sich innerhalb eines Jahres weltweit Gehör verschafft. Wenn also genügend Menschen wissen, was in Sachen Klimabedrohung oder Ukraine zu tun ist, muss Gott doch nicht anstelle der Menschen handeln.

Gott muss nicht eingreifen, wenn der Mensch weiß, was zu tun ist

Gott achtet die Würde des Menschen. Denn würde Gott eingreifen, um das zu bewirken, was Menschen bewirken könnten, dann würde er den Menschen klein machen und ihn in dem Kreislauf von Machtmissbrauch, Ausbeutung, von Verachtung des Armen und Kranken festhalten. Gott wäre nicht mehr von Diktatoren und Superreichen zu unterscheiden. Wenn sich wirklich etwas zum Besseren hin entwickeln soll, dann muss das in den Herzen der einzelnen eingepflanzt sein und sich durch Diskutieren und daraus folgendem Handeln weiterentwickeln. Wird es dem Menschen von außen aufgezwungen wird, muss er sich dagegen wehren. Denn was der Mensch zusammen mit anderen für das Zusammenleben entwickelt, soll sein Werk sein. Ansonsten würde er nur zusehen, was jemand anderes für ihn macht. In diesem Zusehen haben wir uns leider inzwischen in den Demokratien eingerichtet. Die Politiker behaupten seit der Achtundsechziger-Revolution mit immer neuen Versprechen, dass sie die Probleme lösen können. Sie können mit diesen unerfüllbaren Zusagen auch immer wieder Wahlen gewinnen. Damit die Politiker, so erklären sie uns das, endlich umsetzen können, was uns zum Besten ist, sollen wir uns zurücklehnen und sie machen lassen. Auch die Kirchen sind zu Institutionen geworden, in denen die Hauptamtlichen sagen: Christentum ist nicht so anstrengend, wie Eure Großeltern Euch das eingetrichtert haben, ihr müsst uns nur machen lassen. Kaum noch jemand geht hin. Weil wir uns nicht mehr grundsätzlich von den Russen unterscheiden, was diese nicht dürfen, machen wir bereits freiwillig schon nicht mehr, sind wir unzufrieden mit dem Leben.

Gott achtet unsere Freiheit mehr als wir selbst

Wie im Kleinen gilt es auch für die Gesellschaft insgesamt: wer nicht aus der Energie der eigenen Freiheit sein Leben in die Hand nimmt, endet in Missmut und einer Unzufriedenheit, die er nicht mehr loswird. Wenn Gott also einfach nicht eingreift und den Menschen nicht aus seiner Verantwortung entlässt, dann achtet er ihn in seiner Freiheit und den daraus folgenden Konsequenzen. Denn eine Freiheit, die nicht für die Folgen ihrer Entscheidungen einstehen muss, wäre nur ein Phantasiegebilde. Freiheit wird ja nicht im „Könnte“ Wirklichkeit, sondern nur, wenn Einzelne, wenn Gruppen, Firmen, Staaten ihre Entscheidungen auch umsetzen. Die Freiheit muss in unsere Handlungen wandern oder sie bleibt etwas Unwirkliches. Deshalb müssen die Russen die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen. Damit daraus aber Besseres wird, braucht es eine letzte Instanz, die dafür einsteht, dass die Würde des Menschen unantastbar bleibt und die deshalb den Menschen nicht in der Weise vereinnahmt, wie es die Russen mit sich machen und uns ohnmächtig zuschauen lassen.

Wenn diese Überlegungen zutreffen, dann folgt daraus, dass der Patriarch von Moskau, der ja den Willen Gottes den Gläubigen erklären sollte, Schlimmeres tut als Putin. Im Vaterunser beten wir „und führe uns nicht in Versuchung“. Das macht er doch geraden mit den orthodoxen Christen und seine Bischofskollegen lassen das zu. Dazu folgt ein eigener Beitrag


Kategorie: Analysiert

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