Quadrat-Museum in Bottrop, Foto: Th. Holtbernd

Drinnen und Draußen: Museumsarchitektur

Museen sind Orte oder Räume, in die man eintritt und sich dann auf ausgestellte Objekte konzentriert. Es gibt aber auch Museen, die darauf angelegt sind, dass die Übergänge verschwimmen. Der Architekt David Chipperfield plante das Folkwang-Museum in Essen und öffnete mit großen Fenstern den Blick auf das, was draußen ist. Das Museum „Quadrat“ in Bottrop ist sogar ein Museum, das als Ensemble von Gebäude und Gartenlandschaft geschaffen wurde. Bei einem aktuell anstehenden Erweiterungsbau muss dieses Zusammenspiel erhalten bleiben. Beide Museen sind vielleicht nicht zufällig in einem Ballungsraum zu finden, der von seiner Industrie bestimmt war.

Eine Region, die stark von Kohleabbau und Montanindustrie bestimmt war, deren Bevölkerung weniger zum gehobenen Bürgertum gezählt werden kann, muss intensiver darum kämpfen, die hohe Kultur den Menschen nahezubringen. Vielleicht sind gerade deshalb im Ruhrgebiet so vielfältige Formen kultureller Bemühungen entstanden. Museen, bedeutende Opernhäuser, Theater wie das in Bochum haben für die gesamtdeutsche Kulturszene eine hervorragende Bedeutung. Das Bottroper Quadrat wird zu den 111 Orten gezählt, die man in seinem Leben gesehen haben muss. Das Aalto-Theater ist nicht nur wegen seiner Architektur weltweit bekannt. Landmarken bestimmen das Bild im Ruhrgebiet. Um Kultur wird jedoch nicht so ein großes Aufhebens gemacht. Das würde zum Feeling im Ruhrgebiet nicht passen. Wie kommt dann Kultur zu den Menschen: Kunstwerke als Landmarke

Kulturelle Räume

Ein abgeschlossener Raum für Kultur, in dem Kulturgüter gepflegt werden, kann wohl nur dort entstehen, wo das kulturelle Bemühen zur selbstverständlichen Lebenswelt einer bürgerlichen Gesellschaft gehört. Man geht ins Theater, in die Oper oder ins Museum, begibt sich in eine Welt, die dem Geiste dient. In Städten wie München oder Berlin scheint dies auch zu gelingen, weil dort die bürgerliche Schicht groß genug ist und eine Tradition besteht, die konservativ oder innovativ weitergeführt werden muss. In einem Ballungszentrum wie dem Ruhrgebiet müssen größere pädagogische Anstrengungen erbracht werden, um den Wert kultureller Einrichtungen zu rechtfertigen. Die Kultur hat dort nur Bestand, wenn sie Teil des Alltags und der täglichen Lebenswelt ist. Kultur leuchtet – und das im wahrsten Sinne des Wortes – auf den Halden, die deutliches Zeichen der Arbeitswelt sind. Skulpturen werden zu einem gewohnten Blick, wenn man über die Autobahnen im Revier fährt. Die kulturellen Räume sind Alltagswirklichkeit. Die Kunstwerke etwa von H. A. Schult in Köln sind „schmückendes Beiwerk“, sie gehören zum Stadtbild und fallen vielen Kölnern wahrscheinlich schon gar nicht mehr auf. Die Landmarken im Kohlenpott bestimmen dagegen nicht das städtische Bild, sie sind außerhalb der Orte, die bewohnt sind. Und auch der Herkules von Markus Lüpertz auf dem Förderturm der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen ist eine Landmarke. Diese Kunstwerke auf den Halden und dem Förderturm wirken wie zugehörig. Es ist nichts „Besonderes“, nichts, was einer besonderen Erklärung zugänglich wäre. Es gehört zu den Halden, dass irgendein Kunstwerk dort steht. Kunst hat sich mit der Landschaft, der Region als eine Einheit verbunden. Die kulturellen Räume sind ein natürlicher Bestandteil und nicht herausgehoben.

Anfrage an Kultur

Viele Bottroper, die ihr Quadrat kennen, weil sie um eines in Bottrop geborenen und aufgewachsenen Bürgers wissen, verstehen wahrscheinlich wenig von dem, was Josef Albers mit seinen Quadraten künstlerisch aussagen wollte, doch das Museum und die Außenanlagen sind ihnen bekannt. Die Frage an Kultur ist hier fundamental gestellt: Muss man Kunst verstehen oder geht es darum, sich als eine Gesellschaft zu verstehen, zu der unverständliche Kunst und allgemein Kultur gehören? Möglicherweise ist für den „einfachen Arbeiter“ Kunst als elementarer Bestandteil einer Gesellschaft viel selbstverständlicher als für den kritischen Intellektuellen, der sich in Kunstkritik ergeht und den Wert von Kultur mit seiner kritischen Auseinandersetzung eher schwächt. Museen, die den Nimbus eines Kulturtempels aufgegeben haben, indem man von außen hineinschauen kann und von innen die Welt dort draußen immer gegenwärtig hat, sind wahrscheinlich mehr kulturprägend als die abgeschlossenen Orte des typischen Bildungsbürgertums, die unter sich sein wollen und den anderen eine fehlende Bildung unterstellen. Die prägende Kraft für die Gesellschaft haben möglicherwiese eher die verstanden, die sich nicht klug über Kultur äußern können, aber irgendwie spüren, dass so etwas wie Kultur wichtig ist.


Kategorie: Gesehen

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