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Es wäre schrecklich, wenn Gott beweisbar wäre

Die Welt soll aus menschlicher Sicht berechenbar sein. Das ist noch nicht ganz erreicht, aber mit der Digitalisierung ist zumindest die Überwachung perfekt. Wenn Gott auch in dieses System berechenbar und damit beweisbar wäre, gäbe es für die Freiheit kaum noch eine Chance.

Ich soll vollständig berechenbar werden

Es werden nicht nur alle Daten gespeichert - wo ich mich aufhalte, mit wem ich telefoniere, für was ich mich im Internet interessiere, welche Reise ich gebucht, was ich gemailt habe. Inzwischen wissen sogar die Parteien, wer sie gewählt hat. Wenn dann wie in China und auch auf Plätzen in Deutschland Videokameras Tag und Nacht das Geschehen aufnehmen und KI mit Gesichtserkennung zum Einsatz kommt, gibt es nur noch Gott und die Engel, die nicht berechenbar bleiben.
Es bleibt jedoch nicht bei der Überwachung. Je mehr Daten über mich gespeichert sind, desto berechenbarer werde ich. Für die Lenkung meines Einkaufsverhaltens wird das längst praktiziert, auch wenn ich bei Facebook und den anderen Social Media kaum unterwegs bin. Selbst als Autor, der ich gerade noch schreiben kann, was ich selbst überlegt habe, werde ich durch ChatGPT ersetzt. Da ich nicht so viele Gedanken gesammelt habe wie dieser Chatbot, kann er bald besser schreiben als ich und dieses mit der "Schreibe“, die für mich typisch ist. Ich muss nur einige Artikel online stellen, damit der Algorithmus mein Vokabular übernehmen kann. Da ich nur einen sehr begrenzten Teil der vielen Themen bearbeite, hat ChatGPT in Sekunden die wenigen Begriffe und Verben herausgefiltert, die ich speziell verwende. Selbst im Sprachduktus von Shakespeare kann ChatGPT Gedichte schreiben.

Auch digital ist Gott nicht zu berechnen

Amerikaner und Japaner bauen Computer mit einer Leistungsfähigkeit, die bald reicht, um alle Sterne des Weltalls zu erfassen und in ihrem Lauf zu berechnen. Wenn die Computer ihre Rechenkapazität verdoppeln oder verdreifachen, wird es Philosophen geben, die behaupten, nicht nur den Menschen, sondern auch Gott berechnen zu können. Dieses Versprechen wird schon jetzt außer Kraft gesetzt, denn alle Beobachtungen und damit alles Berechenbare endet an den Grenzen dieses Universums. Zwar gelten die Grundregeln der Logik wie der Mathematik in jeder möglichen Welt und auch für Gott. Jedoch muss es etwas geben, was berechnet wird. Dieses, was gezählt und gemessen wird, müsste Gott unter ein Mikroskop bringen oder mit einer Weltraumsonde ausgemachen. Aber alles, was den Messinstrumenten des Menschen zugänglich ist, endet an den Grenzen dieses Kosmos. Denn mit der Allgemeinen Relativitätstheorie hat sich unsere Vorstellung von der Welt grundlegend geändert. Dieses Weltall ist nicht in einem schon vorhandenen Raum entstanden, sondern die Materie schafft sich sozusagen erst Raum und Zeit. Das Weltall schwebt nicht in einem ihn umgebenden größeren Raum. Damit bestätigen sich Ahnungen der Religion, dass Gott nicht der Zeit unterworfen ist. Wenn vom Himmel gesprochen wird, dann lokalisiert unsere Vorstellung zwar Gott in einer Sphäre über uns. Er ist jedoch nicht Teil dieser Welt. Er ist daher auch nicht entfernt von uns. Um seine Wirklichkeit zu erreichen, brauchen wir keine Rakete und auch keinen Teilchenbeschleuniger. Das rätselhafte Wort Jahwe, "Ich bin, der ich bin" lässt sich mit dem Weltbild des 20. Jahrhunderts besser einordnen. Nicht nur Mystiker können sagen: Gott ist ganz nahe und doch ganz anders.

Die Freiheit ist ganz nahe, aber nicht messbar

Was wir von der anderen Wirklichkeit sagen, die nicht räumlich und auch nicht zeitlich ist, gilt ähnlich von der Freiheit. Sie ist uns ganz nahe, in unserem Bewusstsein präsent und doch nicht so zu erforschen, wie ein Atom oder eine Nervenzelle. Deshalb ist sie auch nicht berechenbar, auch der effektivste Geheimdienst kann sie nicht aus einem Land zu vertreiben. Da sie jedoch in der Materie eingebettet ist und ein funktionierendes Gehirn braucht, wäre sie eigentlich berechenbar. Oder es gibt eine Wirklichkeit, die sie frei sein lässt. Das erfordert an eine entsprechend Vorstellung von Gott. Denn so oft die Prediger Gott als den obersten Regulator des Weltgetriebes darstellen, der strenge Gebote erlassen hat, er ist es nicht. Er will, anders als die als die Werbung oder die Gesetze des Staates unsere Freiheit. Er nimmt sie uns auch nicht, selbst, wenn wir Schlimmes damit anfangen. Denn dann würde auch das Gute, das wir hinbekommen, uns sozusagen enteignet. Die Juden haben das schon vor mehr als 2.000 Jahren begriffen. Für sie sind die 10 Gebote keine Last, von der der Mensch zumindest Abstriche machen muss, sondern ermöglichen jedem, sein Leben selbst zu gestalten. Die Gebote sind nämlich an mich adressiert, insofern ich mit anderen zusammenlebe. Das "Du sollst nicht ..." schützt die Freiheit des anderen. Ich selbst kann mich nur entfalten, wenn die anderen sich an die Gebote halten, mich nicht belügen, nicht ausbeuten, meine Partnerschaft und Freundschaften nicht infrage stellen, meinen Körper nicht schädigen, um mich lahmzulegen.

Kein Gegensatz zwischen Naturgesetzen und freier Entfaltung

Die Materialisten jeder Epoche sind immer, wenn sie ihr Konzept logisch zu Ende gedacht haben, bei der Unmöglichkeit von Freiheit angekommen. Das ist verständlich. Denn wenn die Materie der einzige Stoff ist, aus dem die Wirklichkeit besteht, dann läuft alles entsprechend den Naturgesetzen ab. Da die Freiheit irgendwie in den Nervenzellen sitzt und wenn es nur Materie gibt, folgt daraus, dass die Nervenzellen den Menschen steuern. Das kann man immer wieder lesen und hören. Die Materialisten behaupten sogar, dass das Hirn dem Ich vorspiegelt, es sei frei. Wenn ich "Ich" sage, sei das nur eine Illusion. Die Neuronen in meinem Hirn würden diese Illusion produzieren. Wenn man jetzt noch bei der Logik bleibt, dann heißt das, dass die Materie denken kann. Denn das Ich, wird es zur Illusion verführt, wäre dann, von Materialisten so behauptet, nur ein Gedanke. Die Milliarden Nervenzellen können denken, also kann die Materie denken. Das bestätigt sich dadurch, dass der Mensch mit seinen Nervenzellen die Naturgesetze aus den Beobachtungen herauslesen und den Regeln der Logik folgen kann. Was jeder und jede von uns "weiß": ich bin mit meinem Körper und meiner Freiheit da, ist nur ein Gedanke. Jedoch gibt es mich und ich treffe die Entscheidungen, deren Umsetzung von anderen beobachtet werden können. So materialistisch sind die Materialisten gar nicht. Die unerbittlich wirkenden Naturgesetze sind sogar notwendige Voraussetzung für die Entfaltung der Freiheit. Denn wenn sich die Gesetze, die die Natur steuern, sich wie die Gesetze des Staates ständig ändern würden, käme ich gar nicht zu meiner Freiheit, weil ich mich ständig an die neuen Gesetze anpassen müsste. Dieser Zusammenhang lässt sich am Staat beobachten. Es braucht keine Diktatur, mit etwa 17.000 Regelungen kann auch ein Parlament die Freiheit lahmlegen.  

Man kann intensiv die Natur erforschen und zugleich religiös sein. Denn die Naturgesetze gelten nur in diesem Kosmos. Die andere Wirklichkeit werden wir anders erleben.


Kategorie: Digitalisiert

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