Foto: Eckhard Bieger

Wie hilft der heilige Nikolaus Europa?

Am 9. Mai ist Europatag, denn am 9. Mai 1950 wurde der Schumannplan vorgestellt. In der Montanunion sollten die rüstungsrelevanten Kohle- und Stahlindustrien der früheren Kriegsgegner zusammengeführt werden, um einem erneuten Rüstungswettlauf vorzubeugen. Daraus hat sich die EU entwickelt. Ebenfalls am 9. Mai werden die Reliquien des Heiligen in Baris in eine Schiffsprozession verehrt. Nikolaus wird in Ost und West gleicherweise verehrt. Er ist Patron Russlands wie auch, Lothringens wie auch Serbiens und Kroatiens. Überall in West und Ost gibt es Kirchen, die ihm geweiht sind. Nikolaus war schon Schutzheilgier der ersten, europaweiten Handelsunion, der Hanse. Wie könnte er dem Europatag 2014 einen Akzent geben. Er hätte auch etwas zur Eurokrise zu sagen. Jetzt ist aber noch mehr eine Identifikationsfigur notwendig, die Ost und West zusammenhält

Am 9. Mai ist Europatag, denn am 9. Mai 1950 wurde der Schumannplan vorgestellt. In der Montanunion sollten die rüstungsrelevanten Kohle- und Stahlindustrien der früheren Kriegsgegner zusammengeführt werden, um einem erneuten Rüstungswettlauf vorzubeugen. Daraus hat sich die EU entwickelt. Ebenfalls am 9. Mai werden die Reliquien des Heiligen in Baris in eine Schiffsprozession verehrt. Nikolaus wird in Ost und West gleicherweise verehrt. Er ist Patron Russlands wie auch, Lothringens wie auch Serbiens und Kroatiens. Überall in West und Ost gibt es Kirchen, die ihm geweiht sind. Nikolaus war schon Schutzheilgier der ersten, europaweiten Handelsunion, der Hanse. Wie könnte er dem Europatag 2014 einen Akzent geben. Er hätte auch etwas zur Eurokrise zu sagen. Jetzt ist aber noch mehr eine Identifikationsfigur notwendig, die Ost und West zusammenhält

Eine höhere Macht benennen können

Was könnte so ein Mann aus dem 4. Jahrhundert tun, um Russland seinen Platz in Europa zu geben. Er könnte dem russischen Staatspräsidenten im Traum erscheinen, so wie er dem Kaiser Konstantin erschienen ist. Dieser hatte auf eine Intrige hin drei seiner Feldherren zum Tode verurteilt hatte. Es gab Leute, die behaupteten, die drei Stratelaten, so nannte man die Generäle, hätten mit dem Feind kooperiert. Diese und andere Legenden zeigen, was man dem Heiligen zutraute. Möglicherwiese hat er sogar auf den Kaiser eingewirkt, sie waren Zeitgenossen. Dass solche Legenden einen Sitz im Leben haben können, wäre sogar aus der Gegenwart und nicht nur aus der Geschichte abzuleiten. Wie kam es, dass trotz aller Konfrontationen zwischen Ost und West keine Atomrakete gezündet wurde. Es war nicht nur einmal nahe an einem atomaren Gegenschlag in der Zeit des Kalten Krieges. Russische Flugzeuge waren schon in der Luft, als sie zurückgerufen wurden. Bei den Amerikanern gab es sicher auch solche Vorfälle. Wer hat das Schlimmste verhindert? Nach menschlichem Ermessen hätte nicht nur die Kuba-Krise in einem Atomkrieg umschlagen können. Einmal waren es nur Luftspiegelungen, die in Russland den Alarm auslösten.

Man kann sich also vorstellen, dass man nach der Abwendung einer Krise eine himmlische Macht benennen wollte, die das Schlimmste verhindert hat. Aber es sind nicht nur nachträglich entwickelte Legenden, die eine Situation erklären. Johannes XXIII., gerade heilig gesprochen, hat durch eine Radioansprache in die Kubakrise eingegriffen. Der ebenfalls heilig gesprochene polnischen Papst hat ohne irgendein militärisches Druckmittel Diktatoren absetzt, so 1986 Baby Doc in Haiti. Dass er einen so großen Anteil an der Auflösung des kommunistischen Herrschaftssystems hatte, ist allerdings nicht allein seine Leistung, sondern noch mehr das messianische Selbstverständnis des polnischen Volkes, dessen „König“ er war.

 

Es ist die Resonanz im Volk, die Heilige „macht“

Da Heilige von der kirchlichen Hierarchie nicht „gemacht“ werden können, sondern das Volk sie auf den Altar der Verehrung hebt, kann man damit rechnen, dass Geschichten von dem neuen Heiligen auch wieder zu Legenden weiter entwickelt werden.

Hier liegt dann auch die Kraft dieser Personen, nämlich in den Geschichten, die über sie erzählt werden. Wenn Russland seine Identität nicht weiter in Abgrenzung von Europa suchen soll, dann könnte das gelingen, indem in ganz Europa die gleichen Geschichten über die schützende Macht erzählt werden. Angesichts der traumatischen Erfahrungen mit dem Westen, ob Napoleon oder Hitler und der weiter bestehenden Konfrontation mit den USA, eine dringende Aufgabe. Leider werden diese Geschichten in den USA wohl nicht entstehen, die Hollywood dann über die ganze Welt verbreitet. Es wäre eine Aufgabe der europäischen Filmindustrie. Und warum nicht an die große russische Filmtradition anknüpfen!

 

Europa hat schon im Mittelalter funktioniert – mit dem Heiligen aus Myra

Wie das schon einmal in Europa gelungen ist, soll ein kurzer Ausflug ins 11. und 12. Jahrhundert zeigen. Damals gab es eine initiative Gruppe, die einen Entwicklungsschub in Europa auslöste, die Fernkaufleute. Sie waren bis Nowgorod und Krakau unterwegs, ebenso in Skandinavien. Da sich westlich des Rheins keine Städte entwickelt hatten, sind diese Fernkaufleute die Initiatoren von Stadtsiedlungen. Das begann mit Siedlungen, die meist eine Nikolauskirche als Mittelpunkt hatten. Erforscht hat das der Leipziger Professor Karlheinz Blaschke. Es sind vor allem die Flussübergänge, an denen sich Nikolauskirchen finden. Die Kaufleute gaben mit dem Bau der Kirche und einer Siedlung den Handwerkern erste Aufträge. Sie hatten auch das Geld, um eine Brücke zu bauen, die sie mit dem Brückenzoll zu einer Einnahmequelle machten. Nikolaus wurde deshalb ihr Heiliger, weil es von ihm Reliquien im Westen gab und dieser Heilige bereits im Osten Patron der schiffs- und Handelsleute war. Kaufleute aus Bari hatten die sterblichen Überreste 1087 den Mönchen in Myra, heute Demre, gestohlen. Von Bari verbreitete sich die Verehrung des Heiligen im Westen aus. Vorher hatte die byzantinische Prinzessin Theophanu 972 Reliquien in ihrem Hochzeitsgepäck. Diese machten Worms zu einem der größten Wallfahrtsorte des Mittelalters. Auch Brauchweiler bei Köln erhielt etwas von diesen Reliquien. Wer sich zu einer Wallfahrt aufmachte, um die Reliquien zu berühren, wollte sich dem Heiligen angleichen, um mit ihm in den Himmel zu gelangen. Eine wohl wirksamere politische Bildung als die sechste Stunde an einer Realschule.

Nikolaus genoss mit dem beginnenden Hochmittelalter eine europaweite Verehrung. Die Fernkaufleute konnten davon ausgehen, dass dort, wo eine Nikolauskirche stand, die Prinzipien des Heiligen befolgt wurden. Er gilt bis heute als Schutzheiliger der Schiffsleute. Für Kaufleute war wahrscheinlich auch diese Legende überzeugend:

Bestrafung und Begnadigung eines Betrügers

 

Ein Christ lieh bei einem Verleiher Geld und versprach, es rechtzeitig zurückzuzahlen. Als er nicht zahlen wollte, Dieser Zahlungsverpflichtung kam er allerdings nicht nach, und schalteten sie ein Gericht ein. Um einen Meineid zu umgehen, ließ sich der Christ einen Trick einfallen: Er hatte das Geld bei sich, aber nicht in einem Beutel, sondern in einem hohlen Stock. Er gab dem Verleiher den Stock und könnte so schören, dass dieser das Geld in Händen halte. in einen hohlen Stock. Während des Schwurs bat er den Juden, den Stock so lange zu halten. Nichts ahnend gab der andere den Stock zurück Aber Nikolaus sah dem nicht tatenlos zu. Auf dem Heimweg wurde der Christ von einem Wagen überfahren und starb. Aber nicht nur das, denn zugleich wurde sein Stock zerbrochen. Der andere erkannte, dass er getäuscht worden war. Die Zeugen des Unfalls, die von ebenso vom Gericht auf dem Heimweg waren. Für sie hatte der Christ seine ihm gebührende Strafe erhalten. Der andere jedoch wusste, dass er mit dem Unfalltod seines Gegners nicht glücklich werden würde und erklärte: „Ich nehme das Geld nur, wenn der hl. Nikolaus den Betrüger wieder zum Leben erweckt.“ Da stand der Trickbetrüger wieder auf und ward allen, die bei Geldgeschäften einen Betrug planen, zur Warnung.

Diese und andere Legenden verleihen dem Heiligen eine virtuelle Gegenwart, mit der man vor allem dann zu rechnen hat, wenn man in die Nähe einer seiner Kirchen kommt.

Die besondere Gegenwart eines Werte-Trägers

Man konnte sich nicht sicher sein, ob Nikolaus, rettend oder strafend, einfach erschien – dem Kaiser im Traum, den bedrängten Schiffsleuten auf hoher See, dem Gastwirt, der drei Scholaren, die von zu Hause unterwegs zur bischöflichen Schule waren, um deren Schul- und Internatsgeld zu kommen.

Die Konfrontation in der Ukraine mobilisiert die besten Kräfte in Europa: Menschenwürde Freiheit, Selbstbestimmung der Völker, freier Handel, gemeinsame Wohlstandsmehrung. Wie immer es mit der Ukraine ausgeht, nicht nur für die Europaunion ist Russland die große Herausforderung. Wie in Europa werden sich die wirtschaftlichen Kräfte, ob im Verlegen von Gasrohren oder der Kooperation von Unternehmen, als zu schwach für die Integration erweisen. Es braucht Werte, die über den eigenen Vorteil hinausgehen. Dem Heiligen aus Myra wird auch in Russland die Kraft zugetraut, die Werte nicht nur im kalkulierenden verstand, sondern in den Gefühlen der Menschen zu verankern.

Eckhard Bieger S.J.

Für die Nikolausinitiative



Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Zum Seitenanfang