Foto: Pete Linforth / pixabay

Weht der Geist durch Bits und Bytes?

Das gleichlautende Buch von Pater Maurus Runge lädt zu einer spannenden Entdeckungsreise über „Glaube in digitalen Zeiten“ ein und bietet zudem einen interessanten Blick hinter Klostermauern.

Die Ausgangslage ist nicht einfach. „Innerhalb der Kirche (…) herrscht gerade in den oberen Reihen der Hierarchie noch immer eine tiefsitzende Skepsis gegenüber digitaler Kommunikation. Das sei eigentlich keine ‚reale‘ Kommunikation, weil sie nur ‚virtuell‘ stattfinde (…)“. Aber nicht nur die Tagung „Kirche im Web“ (www.kirche-im-web.net) im März 2021 zeigt, es tut sich was. Sie bewegt sich doch: Die Kirche im Netz. Im gleichen Monat erschien auch dieses Buch über digitalen Glauben.

Denn die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: „(…) Wenn die Kirche immer dorthin gehen soll, wo die Menschen wohnen, so muss sie heute kraft ihrer Sendung ins Internet gehen, dort präsent sein. (…) Kirche als Communio, als Gemeinschaft konstituiert sich von unten, eben dort, wo Menschen sich zusammenfinden, um miteinander ihren Glauben zu leben und zu bekennen, um miteinander zu beten und den Glauben zu feiern.“

„Es ist meine feste Überzeugung, dass wir auch im Netz (…) Erfahrungen des Geistes machen können, dass also der Geist durch Bits und Bytes weht“, betont Pater Maurus Runge in Anlehnung an die vom Theologen Karl Rahner beschriebenen „Erfahrungen des Geistes“.

Der in der Abtei Königsmünster lebende Benediktinermönch beschreibt in seinem Buch*, dessen Titel an das im Johannes-Evangelium beschriebene „Geist Gottes, der weht, wo er will“ angelehnt ist, dass in der digitalen Welt der Bits und Bytes „Gotteserfahrungen“ im Geiste von Karl Rahner erlebt werden können. Besonders bei Ritualen. Denn „(...) Kombinationen von Ritualen in physischer und virtueller Welt gehör[en] für viele Menschen zu ihrem Alltag und geben ihnen Orientierung.“ Trotz der Öffnung in die (digitale) Welt, in der Gott im Sinne der Offenbarung 3,20 „bei uns eintreten möchte“ und bei uns „zu Gast sein will“ verweist Pater Maurus Runge darauf: „Ich muss den heiligen Raum in mir, in dem ich allein sein kann – mit mir selbst, und vielleicht auch mit Gott – pflegen.“

„Vom hohen Ross der Kanzel herabsteigen und sich wirklich den Menschen aussetzen“


Das Buch benennt auch die Herausforderungen, vor denen die (kath.) Kirche steht: „Dazu muss die Kirche jedoch ihre angestammten Räume, in denen sie sich gut auskennt, verlassen, vom hohen Ross der Kanzel heruntersteigen und sich wirklich den Menschen aufsetzen (…).“ Kirche im Netz sollte aus Sicht von Pater Maurus Runge dabei vor allem „unaufdringlich, begleitend, einladend“ sein. Denn „Glaubwürdigkeit, Authentizität ist das Gebot der Stunde.“ Nie war dieser Satz passender als in der aktuellen Vertrauenskrise der (kath.) Kirche. Durch einen „dialogischen Kommunikationsstil“ und ein „auf Augenhöhe Kommunizieren“, das nicht nur als (Marketing-) „Schlagwort“ verwendet wird, kann die Kirche ihren Teil dazu beitragen, „das Netz menschlicher zu machen.“ „Dies ist für mich die schönste Maxime meines Handelns“, beschreibt Runge, der bei Twitter als „@pmaurus“ bekannt ist.

Fazit:

Das Buch gibt mit seinen 19 „Unterbrechungen“ (nach Johann Baptist Metz) gute Denkanstöße, wie sich die Kirche im „Neuland“ (Zitat Angelika Merkel vom 19. Juni 2013) des world wide web authentisch einbringen und vor allem in den Social Media auf die Interaktion und den Dialog setzen sollte. Pater Maurus Runge bietet zudem auch interessante Einblicke hinter die Klostermauern.

Das Hardcover-Buch (125 Seiten) ist kurzweilig und verständlich geschrieben, aber dennoch auch tiefgehend, besonders wenn es um die Grundsatzfragen von Gotteserfahrungen, Ritualen und Seelsorge in der digitalen Welt geht. Ein mutmachendes Buch aus der Praxis, den „ureigensten Auftrag der Kirche: Die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen – oder da präsent zu sein, wo die Menschen sich aufhalten“, (endlich) auch in Bits und Bytes umzusetzen. Und zugleich lesenswert für alle Leserinnen und Leser, die mehr über das Thema „Glauben in digitalen Zeiten“ erfahren wollen.

Pater Maurus Runge ist Missionsprokurator in der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede (Nordrhein-Westfalen). Als zertifizierter Social Media Manager betreut er die Website und Social Media-Accounts der Abtei. Weitere Informationen im Web auf: https://koenigsmuenster.de.

Eine Rezension von Christian Schnaubelt (CS)
freier Journalist mit den Schwerpunkten Kirche, Medien, Datenschutz und digitale Lebenswelten,
Twitter: @cschnaubelt – Web: www.kommwirt.de

Aufmacherfoto: Pete Linforth / pixabay

*Das Buch ist im „Vier Türme Verlag“ erschienen, weitere Informationen hier:
„Weht der Geist durch Bits und Bytes – Glaube in digitalen Zeiten“
Maurus Runge, Vier-Türme-Verlag, März 2021

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Kategorie: Digitalisiert

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