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USA, die Taliban und die Ukraine

Die USA will Weltmacht bleiben. Deshalb steht sie an der Seite der Ukraine, nicht nur aus Verpflichtung, weil sie 1994 im Budapester Manifest mit England und Russland die Grenzen von Belarus, Kasachstan und der Ukraine garantiert hat. Es geht in der Ukraine nicht nur um Russlands Großmachtstellung. Am Beispiel des Einmarsches in Afghanistan können Europäer dem strategischen Denken der USA näherkommen.

Afghanistan – Beobachtungsposten mitten in Mittelasien

Für die USA war es 2001 nicht allein das Flugzeugattentat auf das World Grade Center und das Pentagon, das zu einem Einmarsch in Afghanistan motivierte. Das Land ist ein idealer Platz, um von dort aus selbst Spionage zu treiben. Es hat Grenzen zu Persien, zu ehemaligen Sowjetstaaten, zu China und war die Basis, von wo das Sowjetreich zum Einsturz gebracht wurde - von den Taliban, die für die größte Stammesgruppe des Landes stehen, den Paschtunen. Mit diesen verbindet die USA eine Geschichte. Als Russland Afghanistan besetzt hatte, unterstützten die USA die Taliban. Als Paschtunen gehören sie zum sunnitischen Islam, daher sind sie gegen das schiitische Persien einsetzbar. Nach 2001 versorgten die Russen diese Kämpfer mit Waffen. Konnten die Amerikaner wissen, dass die Taliban keine dauerhaftem loyalen Partner sein werden?

Die Taliban sind eher Söldner als Guerillas

Morteza Jafary bejaht das. Er ist im Westen Afghanistans groß geworden, hat in Deutschland Asyl erhalten, weil seine Eltern umgebracht worden waren und war dann noch einmal mit der Bundeswehr in seinem Herkunftsland. Die Paschtunen haben seine Volksgruppe, die mit den Persern verwandt sind, unterworfen. Seine Einschätzung:
Die Taliban, die sich heute weitgehend aus den Paschtunen rekrutieren, haben keine politische Idee, die über den Islamismus hinausgeht. Sie haben auch keine Vorstellung, was sie mit dem an Bodenschätzen reichen Land machen. Sie wenden sich jeweils anderen, stärkeren Herrschern zu, ob Qatar, den USA oder jetzt wohl China. Letztlich entscheidet das Geld. So habe ein Talibankämpfer mehr verdient als ein GI.
Ein politisch - militärischer Faktor kommt hinzu: Als Gebirgsland und mit einer einsatzerprobten Guerilla ist Afghanistan nicht einzunehmen. Die USA haben wahrscheinlich die Konfliktsituation im Land verschärft, weil sie die Bevölkerung in Unterstützer und Gegner gespalten haben.
Die Taliban sind jedoch nicht der einheitliche, an einem Ziel orientierte Verband, sondern zerfallen in Gruppen, die jeweils auf den eigenen Vorteil schauen. Oder warum kooperieren die tief im Islam verwurzelten Kämpfer mit China, obwohl dieser Staat die Glaubensbrüder, die Uiguren, massiv unterdrückt. Auch für die Schiiten, aus der Sicht der Sunniten Häretiker und die am meisten bekämpfte Gruppe, können die Taliban mit Anschlägen beauftragen, wenn ordentlich bezahlt wird.

Die fehlende Bildung

Die Taliban schicken ihre Kinder nicht in die Schule. Es reicht der Koran. Diese fehlende Bildung verunmöglicht, dass sich die Einzelnen selbst ein Urteil bilden können. Die vom Westen betriebene Demokratisierung ohne ein entwickeltes Bildungssystem musste misslingen. Die Koranschulen der Taliban werden im Nordosten Pakistans betrieben. Aus dieser Region sind die Paschtunen in den Süden Afghanistans eingedrungen. Allerdings halten sich die Kinder der Taliban-führer im westlichen Ausland, auch die Töchter

Die Unterdrückung der Frauen

Sie sperren die Frauen ein. Sie geben diesen keine Möglichkeit, das Land mit zu gestalten. Die Frauen fallen daher als Friedensfaktor aus. Ob die schiitischen oder die sunnitischen Islamisten, das System braucht Unterlegene. Es sind die Frauen, die als Gegner behandelt werden. Die Politologen sollten diese Konstellation "Macht durch Unterdrückung" entschlüsseln, sonst bleibt eine feministische Außenpolitik ein Mädchentraum. Denn wenn die Frauen das Haus nicht verlassen dürfen, können sie auch keine politische Kraft aufbauen.

Motiv für Terroranschläge
Jihadisten folgen folgender Vorstellung: Kämpfer für den Islam kommen direkt in den Himmel. Auf die Frage, was die Terroristen bewegt, Menschen umzubringen, verwies mein Gesprächspartner auf diese Lehrmeinung: Wer fünf Ungläubige umgebracht hat, kommt direkt in den Himmel. Es ist gleich verdienstvoll, Schiiten zu töten. Ich fragte nach, ob das wirklich so einfach sei. Ich erhielt nur ein einfaches Ja als Antwort.

War alles umsonst?

War der Einsatz der NATO ganz umsonst: die USA haben sich den falschen Partner gewählt, einen Volksstamm, der sich wie eine Söldnertruppe verhält und letztlich nur mit Geld gelenkt werden kann. Wie andere Jihadisten lehnen sie jede Form von Demokratie ab. Sie wechseln den Auftraggeber, wenn anderswo ein Vorteil winkt. Allerdings stehen die Taliban inzwischen vor der Weltöffentlichkeit da, ob sie einen Staat regieren können. Sie brauchen jetzt für ihr Land mehr Geld als für den Kampf gegen die NATO. So wenig der militärische Einsatz der Nato gebracht hat, die Investitionen in Bildung in den letzten 20 Jahren tragen ihre Früchte. Die Generation, die die Schule durchlaufen konnte, geht mit einem anderen Bewusstsein durchs Leben.

Die Ukraine im Vergleich zu Afghanistan

Die USA können sich nicht mit eigenen Kampftruppen in der Ukraine engagieren. Sie unterstützen jedoch ein Land, dessen Bevölkerung sich für die Demokratie entschieden hat und dessen Kämpfer nicht bezahlt werden müssen. Auch besteht nicht die Gefahr, dass das Militär sich mit dem Gegner gegen die USA verbündet. Der Krieg scheint auch zu bewirken, dass die Korruption, das nach Aussage von Ukrainern Übel mit den schlimmsten Folgen für das Land, unter Kontrolle gebracht werden kann. Das gelang in Afghanistan nicht. Der entscheidende Unterschied ist wohl der Bildungsstand, Voraussetzung, dass mehr Menschen Verantwortung übernehmen.
In Bezug auf den Islam zeigen die Milliarden, die die USA in Afghanistan investiert haben, dass diese Summen nur dann Erfolg bringen, wenn das Bildungssystem den größeren Teil der Bevölkerung erfasst.


Kategorie: Analysiert

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