Foto: hinsehen.net E.B.

Schönes Wochenende

Wir wünschen uns ein schönes Wochenende. Das sollten wir auch beherzigen. Auf Schönheit können wir allerdings nicht einfach warten, denn sie entsteht erst, wenn wir hinsehen, nämlich die Natur, die Menschen, die Kunstwerke anschauen

Schönheit braucht jemanden, der etwas anschaut. Denn schön ist etwas erst, wenn es sich zeigt.  Gäbe es niemanden, der hinsieht oder hinhört, bliebe es bei vertrocknetem Laub, einer Ansammlung von Steinen, Wassertropfen in Gasform, Töne ohne Melodie. Wer sich schön anzieht, will gesehen werden.

Alte Mythen begründen den Sonntags-Blick

Die jüdische Bibel lässt am 7. Tag Gott sein Werk anschauen. Diese mythische Vorstellung haben die Juden aus ihrem Umfeld übernommen. Weil es ein Mythos ist, hat er keine Vergangenheit. Er kann sich jede Woche neu ereignen. Deshalb ziehen wir uns am Sonntag nicht nur leger an, sondern "machen uns schön"; wir Deutschen inzwischen weniger als unsere Nachbarvölker. Auf jeden Fall wollen wir Schönes erleben. Deshalb gehen wir "in die Natur", schauen uns eine Ausstellung an, hören ein Konzert. Unsere Aufmerksamkeit ist jeweils gefordert.

Warum wird etwas erst schön durch den Betrachter?

Man kann es sich an den Farben klar machen. Eigentlich unterscheiden sich Farben physikalisch nur durch die Wellenlänge. Erst unsere Sinne sehen das Rot oder das Blau. Erst unsere Wahrnehmung formt aus einer Tonfolge eine Melodie. Die Bewegung eines Pferdes gewinnt erst Schönheit, weil wir aus der Bewegung einen Rhythmus herauslesen. Wir erkennen das Zusammenspiel der Farben, die Melodie in der Tonfolge, den Rhythmus in der Bewegung. Ohne unser Zusammenfügen würden die Elemente nebeneinander isoliert bleiben. Unser Auge wie unser  Gehör können in Beziehung setzen und damit Schönheit wahrnehmen. Dieses Zusammenfügen komponiert, so dass aus Elementen Schönheit wird. Dafür müssen wir unsere Augen und Ohren schulen. Denn es geht darum, möglichst alle Elemente einzubeziehen und die Verbindungen zu entdecken, die aus dem Zusammenspiel der Elemente Schönheit herausliest bzw. heraushört.

Vom Anfang wie vom Ende her die Welt anschauen

Beginnen wir mit dem Sonntag die Woche oder schließen wir sie ab? Im Mythos über die Entstehung des Kosmos braucht es die Hervorbringung der Elemente, der Gestirne, der Pflanzen, der Tiere des Menschen, damit der Schöpfer darauf blicken kann, um es als gelungen zu beurteilen. Es muss dem Empfinden der Schönheit die Vielheit der Dinge und Lebewesen vorausgehen, um die gelungene Komposition zu erkennen. Also endet die Woche mit dem Sonntag. Es gibt in der Bibel auch einen anderen Mythos über die Entstehung der Welt. Er beginnt mit der Erschaffung des Menschen, um den dann alles andere, auch die Pflanzen und Tiere gestellt werden. Der Mensch soll sich aus diesen Wesen eine Partnerin auswählen, findet jedoch keine. So formt Gott aus der Rippe, zugleich symbolisch die Mondsichel, die Gefährtin des Mannes.
Ist im ersten Mythos der Mensch, als Mann und Frau geschaffen, die Krönung der Schöpfung. Im zweiten Mythos werden die Welt und die Lebewesen für den Menschen geschaffen. Also würde hier mit dem Sonntag die Woche beginnen. Beides gilt für uns, aus der uns umgebenden belebten Welt die Schönheit des Zusammenspiels herauszulesen. Zugleich damit die belebte Welt als für den Menschen gemacht zu erkennen.

Beides ist Schönheit

Wir können uns selbst als Abschluss der Schöpfung betrachten. Der Mensch scheint nicht überbietbar. Damit haben wir eine besondere Aufgabe, nämlich mit den Augen Gottes wohlwollend auf all das zu blicken, was um uns ist. Es heißt in dem Mythos sogar, dass der Mensch wie eine Statue allen Lebewesen als Vertreter Gottes gegenüber steht.

Der zweite Mythos setzt den Menschen an den Anfang. Das trifft zwar entwicklungsgeschichtlich nicht zu, jedoch vom Ziel her. Wenn die Evolution auf den Menschen hinläuft, dann ist ja alles im Hinblick auf den Menschen geschaffen. Das kann man sich an den gotischen Domen klar machen. Sie sind um das Sakrament des Brotes und Weines gebaut, um im Sakrament die Gegenwart des auferstandenen Jesus zu erfahren. Nimmt man die Hostien aus dem Tabernakel, zerfallen die Bauidee und dann auch das Gebäude. Ähnlich verliert das ganze Weltall seinen Sinn, würde man den Menschen herausnehmen. Denn der Sinn erfüllt sich erst, wenn ein Wesen das Weltall, den Sternenhimmel, die Lebewesen anschaut. Es ist die Schönheit, die den Sinn aufscheinen lässt. Um diese wahrzunehmen, wünschen wir uns ein schönes Wochenende.

Die beiden Schöpfungsmythen findne sich in den beiden ersten Kapiteln des Buches Genesis


Kategorie: Entdecken

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