Milliarden Neuronen sind in der Lage, den Entwicklungssprung zu ermöglichen, dass wir nicht nur durch Einsatz der Intelligenz immer überlebensfähiger werden, Covid-19 unter Kontrolle bringen, zum Mond fliegen und die Ränder des Universums abtasten können. Zu diesen Fähigkeiten kommt noch das Ich-sagen können hinzu, das mein Gehirn mir ermöglicht. Daran hängt meine Freiheit: Ich steuere mein Leben und erkenne die Verantwortung, die ich damit für die Jahre, die ich hier lebe, übernommen habe.
Dieses Ich existiert nicht einfach, so wie ein Baum da ist. Nur weil "Ich" wissen will, was aus mir nach dem Tod wird, kann so etwas wie Leben nach dem Tod vorgestellt werden. Könnten wir uns nicht in eine solche andere Welt hineindenken, würde so etwas wie Ostern in der menschlichen Geschichte nicht vorkommen. Diese Idee, dass einer nicht nur die Dämonen in Schach gehalten, sondern den Tod selbst besiegt hat, setzt ja voraus, dass wir geistig nicht an diesen Kosmos gebunden sind, sondern mein Ich auch in einer anderen Welt existieren könnte. Unsere germanischen Vorfahren wurden nicht durch die Hingabe Jesu am Kreuz vom Christentum überzeugt, sondern durch Ostern. Deren Götterwelt war durch die Riesen bedroht. Nach der Edda unterliegen die Götter den Riesen. Welche Helle hat das Christentum in die dunkel gezeichnete religiöse Welt unserer Vorfahren mit einem Erlöser gebracht, der den Tod überwunden hat. Sieg über den Tod, was keine Medizin versprechen kann. Der Tod nicht als Versiegen der Lebenskraft, so dass eine Embolie, ein Infarkt, ein Krebs den Zerfall nur noch beschleunigt, sondern Übergang in eine andere Existenz. Was lebt dann weiter und kann man das hier, in der auf ein zeitliches Ende hin programmierten Welt schon ausmachen. Dazu fünf nachprüfbare Beobachtungen:
Es gibt keine Sehnsucht nach dem Tod?
Ich sehne mich nicht nach dem Tod, auch der Mensch, der, indem er selbst Hand an sich legt aus dem Leben scheidet, sehnt sich nicht nach dem Tod, sondern will diesem Leben entrinnen. Die Verliebten, die sich gemeinsam umbringen, wollen ihre Liebe festhalten, um sie nicht dem Abrieb durch die Zeit zu überantworten. Hat uns die Evolution diese Sehnsucht nach einer anderen Welt eingegeben? Oder kommt diese Vorstellung, dass der Tod nur ein Umwandlungsprozess ist, von dem, was Physik und Biologie beschreiben können? Kann Materie, aus der wir ja letztlich bestehen sollen, uns eine solche Vorstellung eingeben? Bei Ausgrabungen von Frühmenschen-Funden werden Spuren eines Totenkultes als eindeutiges Indiz gewertet, dass es bei ihnen religiöse Vorstellungen gab.
Verantwortlich handeln
Ich erwarte im Zusammenleben, dass der andere mich gelten lässt, mich achtet, mir nicht ständig in mein Leben reinredet, mich in meiner Entfaltung nicht behindert. Ich selbst spüre in mir die Verpflichtung, mich auch an diese Vorgaben zu halten. Doch wird mir das von anderen nicht selten schwer gemacht. Denn jedes Mal, wenn andere das Zusammenleben nicht mittragen, sondern mich ausnutzen, mich übervorteilen, mich als Konkurrenten ausschalten, sogar körperliche Gewalt gegen mich einsetzen, bringen sie mich in die gleiche Verhaltensebene. Ich bin versucht, mein Gewissen auszuschalten und ebenso zu handeln. Wenn ich mich weiter an die 10 Gebote halte, wird das nicht unbedingt geschätzt. Viele Lebensläufe werden durch Gewissen-loses Handeln anderer zunichte gemacht. Die Beobachtung zeigt: Sittliches Verhalten "lohnt" sich in diesem Leben nicht notwendig. Die Logik des menschlichen Zusammenlebens braucht zwar die 10 Gebote, belohnt aber deren Befolgung nicht immer. Wenn sich sittliches Verhalten "lohnen soll", dann muss es eine Welt geben, die so gebaut ist, dass aus sittliches Verhalten Glück folgt. Diese Logik, die Kant Postulat, also eine Forderung nennt, hat Holm Tetens neu ins Gespräch gebracht.
Die Idee ist vor der Materie
Wenn wir Physik u.a. Naturwissenschaften betreiben, dann zählen wir nicht nur, was da ist, sondern suchen in Form von Naturgesetzen die Idee hinter dem, was wir messen und wiegen. Haben wir die Idee verstanden, können wir mit ihr Maschinen bauen. Die Entdeckung des Zellkerns, auf dessen Genfäden alle Vorgänge im Körper programmiert sind, gibt uns seit einigen Jahren die Möglichkeit, sogar in die lebendigen Vorgänge einzugreifen. Es steckt eine Idee hinter einem Fischschwarm, dem Biss eines Raubtiers, dem Flug der Zugvögel in ihre Winterquartiere. Alles, was funktioniert, braucht eine funktionierende Idee, ob die vom Menschen gebaute Maschine oder der Ameisenstaat. Haben sich frühere Generationen die Entstehung der Welt und des Lebenden als Schöpfung eines Handwerkers vorgestellt, bieten Evolutionstheorie und Genetechnik anspruchsvollere Modelle, also sehr viel ausgefeiltere Ideen. Hegel ist der Philosoph, der Entwicklung als von Ideen geleitete Vorgänge versteht. Das ist die Voraussetzung dafür, das wir etwas als schön empfingen:
Wir leben in einem geistigen Raum, der das Physikalische und Biologische übersteigt:
Wenn wir etwas als schön erleben wollen, müssen wir die Idee erkennen, die sich darüber hinaus auch noch als gelungen beobachten lässt. Hegel betont, dass jede Idee ihren Ausdruck finden will. Deshalb brauche ich für mich selbst eine Idee, die mein Leben gestaltet. Will ich andere verstehen, will ich erfahren, dass er, dass sie etwas vorhaben. Wir gehen davon aus, dass der andere etwas vorhat, der Vorstellung folgt, die er verwirklichen will. Unser Interesse wird sofort geweckt, wenn wir beobachten können oder uns erzählt wird, wie der andere sein Vorhaben umgesetzt hat. Nur weil wir selbst die Idee für unser Leben als Vorhaben gegen viele Hindernisse verwirklichen wollen, funktionieren Romane und Filme, die zeigen, wie die Heldin, der Held die Hindernisse überwunden hat. Das ist der Kern der Erzähltheorie von Paul Ricœur und zeigt, was unser Interesse weckt. Person heißt dann nicht nur, Menschenwürde und Freiheit, sondern dass der andere eine Idee für sein Leben hat, die sich im Lieblichen, im Materiellen eine Ausdrucksgestalt sucht. Weil der andere eine einmalige Gestalt gefunden hat, bewahren wir ihn im Gedächtnis.
Friedhöfe machen Sinn
Wir gehen zu den Gräbern, um den Verstorbenen näher zu sein. Wir tun dasselbe wie in den Jahren, als wir sie noch besuchen konnten. Corona hat noch deutlicher gemacht, dass körperliche Nähe auch größere Nähe zur Person ermöglicht. Das Du ist durch seinen Körper präsent. Das erklärt bereits, warum wir Tote nicht einfach der Verwesung zu überlassen. Ostern bringt noch eine weitere Körpererfahrung hinzu. Die Toten zeigen sich körperlich. Über Jahrzehnte hinweg hat man die Erscheinungen Jesu das für eine Halluzination seiner Anhänger gehalten. Das war auch die Unterstellung im Jerusalems Hohen Rat. Dort sagte man "Seine Jüngeren haben seinen Leichnam gestohlen, um das Gerücht in die Welt zu setzen, er lebe.“ So nachzulesen bei Matthäus. Inzwischen melden sich immer mehr Menschen zu Wort, die ihren Toten "leibhaftig" begegnet sind oder selbst in einer Nahtoderfahrung von Verstorbenen aus einem Lichtglanz heraus angesprochen wurden. Ich habe, seitdem ich auf diese Phänomene aufmerksam gemacht wurde, fünf solcher Menschen getroffen. Niemand von Ihnen ist in esoterischen Gruppen aktiv noch vertritt jemand von ihnen die Wiedergeburtsthese. Eben Alexander, ein amerikanischer Neurochirurg, hat den eindrücklichsten Erfahrungsbericht dazu geschrieben.
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Die gotischen Kirchen sind vom Gewölbe her gebaut. Nicht mehr wie in der Romanik ein schweres Tonnengewölbe, sondern quadratisch, mit Kreuzrippe, in die leichte Steine gehängt werden können. Die Säulen werden so angeordnet, dass sie das Gewölbe tragen. Die „Gurte“ und „Rippen“ in den Gewölben werden als Dienste den Pfeilern vorgelagert und bis zum Boden geführt. Wie schon die Kuppeln der Romanik wird die Zahl Acht durch die Gurte dargestellt. Der achte Tag ist der Tag der Auferstehung, also Ostern, das eigentlich jeden Sonntag gefeiert wird. Ob Romanik oder Gotik, es sind vom Gewölbe her entworfene „Osterkirchen“.
Wenn das Paradies hier auf Erden zustande käme, bräuchte es kein Ostern, zumindest nach Karl Marx: Das Paradies: Im Himmel oder hier
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