#Herz-Jesu-Verehrung #Trinitarisch #Marxismus #Barmherzigkeit #Orthodoxie #Sünde

aus Scivias der Hildegard v. Bingen

Herz Jesu Verehrung und die Theologie der Barmherzigkeit

Wenn eine Herz-Jesu-Kirche in einer Straße steht, dann ist das mit Sicherheit ein von Katholiken erbautes Haus. Herz Jesu Statuen finden sich in vielen Kirchen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, auch wenn sie Maria oder dem Hl. Josef geweiht sind. Katholische Orden, die mit dem Aufbruch des Katholizismus Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, tragen häufig "Herz Jesu" in ihrem Namen. Es gibt eigene Lieder und damit verbunden eine besondere Prägung der Frömmigkeit. Diese Form hat sich in denletztenJahren verflüchtigt, gewinnt aber mit der Theologie der Barmherzig eine neue Tiefe.

Wenn eine Herz-Jesu-Kirche in einer Straße steht, dann ist das mit Sicherheit ein von Katholiken erbautes Haus. Herz Jesu Statuen finden sich in vielen Kirchen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, auch wenn sie Maria oder dem Hl. Josef geweiht sind. Katholische Orden, die mit dem Aufbruch des Katholizismus Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden, tragen häufig "Herz Jesu" in ihrem Namen. Es gibt eigene Lieder und damit verbunden eine besondere Prägung der Frömmigkeit. Diese Form hat sich in denletztenJahren verflüchtigt, gewinnt aber mit der Theologie der Barmherzig eine neue Tiefe.

Das Herz als emotional-personales Zentrum des Menschen erhält im Johannesevangelium einen Bezug zum Kreuzestod Jesu. Denn es wird im 19. Kapitel des Evangeliums berichtet, dass mit einem Lanzenstich in das Herz der zuständige Soldat den Tod Jesu feststellte, während die mit ihm Gekreuzigten noch lebten. Ihnen wurden die Gebeine zerschlagen. Dann heißt im Evangelium: "Es flossen Blut und Wasser aus der Wunde." Aus dem Text ist zu entnehmen, dass der Evangelist das Wasser in Beziehung zur Taufe setzt und das Blut zur Eucharistie. Für die frühen Theologen der Kirche führte der Lanzenstoß zur Geburt der Kirche, die durch die Taufe ihre Kinder geschenkt bekommt und in der Eucharistie ihre Lebensmitte hat. So wird in jeder Eucharistiefeier das Geschehen auf Tod und Auferstehung Jesu zurückgeführt. Die Verehrung des Herzens Jesu gilt der Bereitschaft zum Leiden, um dem Sohn Gottes, der mit dem Kreuz die Sünden der Menschen auf sich genommen und im Kreuz überwunden hat, nahe zu sein.

Die Ausprägung der Herz Jesu Verehrung im 17. Jahrhundert

Die Verehrung des Herzens Jesu lässt sich durch die Frömmigkeitsgeschichte verfolgen. Sie gewinnt durch eine Ordensfrau eine besondere Ausprägung. Margareta Maria Alacoque prägte eine Form dieser Verehrung, die dann ab Mitte des 19. Jahrhunderts, gefördert durch Papst Pius IX., zu einer breiten Strömung wurde. Das wurde auch dadurch ermöglicht, dass die Ordensfrau dieser Frömmigkeitsform eine praktikable Form gab. Jeweils am Donnerstag vor dem ersten Freitag eines Monats wird in einer Andacht des verzweifelten Gebets Jesu im Garten Gethsemane gedacht. Jesus war sich seiner bevorstehenden Gefangennahme bewusst und rang mit der Todesangst. Die Gläubigen können durch das Gebet an diesem Leid Anteil nehmen. So ist dann auch der Sühnegedanke in das Zentrum dieser Form der Herz-Jesu-Verehrung gerückt. Wegen der Sünden der Menschen muss der Unschuldige leiden. Die Herz-Jesu-Verehrung konfrontiert den Beter mit der Tatsache, dass trotz des Leidens Jesu immer noch die Sünde die Geschichte und den Lebensweg des einzelnen beherrscht. Mit Jesus sich gegen diese Übermacht zu stemmen, dieser Impuls geht von der Solidarität der Beter und Beterinnen mit dem leidenden Christus aus.

Das Konzil verändert die katholische Grundstimmung

So sehr die Katholiken im 19. und 20. Jahrhundert das Leben genießen, im Karneval sich einer ausgelassenen Stimmung hingeben konnten und natürlich Weihnachten und Ostern als Anlässe zur Freude feierten, sie wussten durch die Herz-Jesu-Verehrung, dass Freude und Hoffnung durch die Überwindung des Bösen unter großen und Schmerzen von ihrem Heiland "erkauft" worden war. Das prägte noch die Frömmigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem 1965 zuende gegangenen Konzil änderte sich nicht nur die Liturgie. Durch die Beschlüsse der höchsten Versammlung der Kirche fühlten sich die Laien ausgewertet und wurden Religionsfreiheit und Ökumenismus voll anerkannt. Aber es waren nicht nur die Veränderungen der Rollen und Strukturen, es wich auch die Strenge. Im Vordergrund steht seitdem nicht mehr das tiefe Bewusstsein, dass mit der Sünde der Mensch in seiner Zukunftsperspektive getroffen ist, denn die Sünde führt in die Vernichtung des Lebens, verbaut die Zukunft und kann eigentlich nur von Gott in ihrer letzten Konsequenz aufgehalten werden. Die tiefergehende Veränderung, die das Konzil bewirkte, nahm Gott, der für die Sünden sühne verlangt die Strenge. Milde und Barmherzigkeit Gottes traten mehr in den Vordergrund. Ein Weiteres, das sich unmittelbar auf die Herz-Jesu-Verehrung auswirkte, war eine andere Sicht der Sünde. Die Schuld wird nicht mehr zuerst beim einzelnen gesehen, sondern in den gesellschaftlichen und vor allem in den Wirtschaftsstrukturen festgemacht. Nicht mehr der Sünder, sondern der Arme, der unter Ungerechtigkeit Leidende steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Diese Veränderung der Perspektive wurde auf der Basis der katholischen Soziallehre vollzogen. Sie gewann dadurch an Dynamik, als die Umsetzung der Weichenstellungen, die das Konzil eingeleitet hatte, mit der Renaissance des Marxismus durch die Achtundsechziger Bewegung zusammenfiel. So geriet die Herz-Jesu-Verehrung in die Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts und fand sich plötzlich mit dem Etikett "konservativ" bezeichnet. Irgendwie war sie nicht fortschrittlich genug.

Die zurückgehende Herz-Jesu-Verehrung hatte auch unmittelbar Auswirkungen auf die Beichtpraxis. Denn wenn die Sünde in den Strukturen lokalisiert wird, dann müssen die Strukturen verändert und geheilt werden. Das Bewusstsein des persönlichen Versagens tritt in den Hintergrund. Weil die Umsetzung des Konzils mit einer neomarxistischen Welle in den westlichen Ländern parallel lief, gerieten diejenigen, die an dieser Frömmigkeitsform festhielten, in Abseits. Denn sie ließen sich kaum für Veränderungen der Strukturen und den Abbau „repressiver Autoritäten“ begeistern. Da „links“ auch deshalb als moralisch überlegen schien, weil die Armen in den Mittelpunkt gerückt wurden, wurden die „Konservativen“ auch deshalb negativ bewertet, weil sie sich nicht für gerechtere Gesellschaftsstrukturen einsetzen, sondern sich mehr auf das Individuum konzentrierten.

Die Barmherzigkeit Gottes

Die Tiefenströmung, solidarisch mit dem leidenden Christus zu sein, ist jedoch nicht versiegt. Es gibt das tiefere Wissen: Gott hat ein Herz für die Menschen, er überlässt sie nicht der Ausweglosigkeit, in die die Menschheit sich manövriert hat. Trotz der vielen Hässlichkeiten, übler Nachrede, trotz Mobbing und der nicht enden wollenden Kriege, Gott bleibt bei den Menschen. Barmherzigkeit ist die tiefste Absicht Gottes mit den Menschen. Es ist der Vater, der barmherzig ist. Das weiß schon der jüdische Glaube, in den Erzählungen und den Psalmen kommt diese Erfahrung immer wieder zum Ausdruck. Das Neue des Evangeliums ist die noch größere Nähe, die Gott zu den Menschen, zu allen Menschen sucht. In dem Jesus, in dem der Glaubende den ewigen Sohn Gottes erkennt, hat die Barmherzigkeit des Vaters das Gesicht eines Menschen, eines Menschenbruders bekommen. Barmherzigkeit ist in Jesus Ereignis geworden, durch seine Predigt, seine Heilungen, durch das Ertragen des ihm aus Missgunst zugefügten Leides, sein Sterben und die Überwindung des Todes. Mit ihm ist auch ein neuer Geist gekommen, der die Herzen wirklich verändern kann. Jesu Worte und sein Vorbild werden im Geist von innen her zugänglich. Was erst einmal nur außen ist, vom Menschen beobachtbar und mit seiner Urteilsfähigkeit einzuschätzen, das bringt ihm der Geist von innen nahe.

Mit der Theologie der Barmherzigkeit weitet sich die bisherige Verehrung des Herzens Jesu, sie bezieht den Vater als den Ursprung ein, von dem die Rettung der Menschheit ausgeht, Sie erkennt das Wirken des Geistes, wenn Worte und Vorbild Jesu von innen her zugänglich werden. In den Sakramenten ist der Geist wirksam.

Die Öffnung der Herz Jesu Verehrung auf das Wirken der drei göttlichen Personen hin bringt die katholisch geprägte Frömmigkeit wieder näher an die Orthodoxie. Diese, dem frühen Christentum näher gebliebenen Tradition, ist der Gefahr entgangen ist, einzelne Heilsereignissen so sehr herauszuheben, das das Ganze nicht mehr mitschwingt. Die Frömmigkeit ist nicht einseitig auf Jesu hin orientiert oder, wie bei den Pfingstkirchen, auf den Heiligen Geist, sondern auf den Dreieinigen Gott, den Vater als den Ursprung, den Sohn als den Menschgewordenen und den Geist, der die Beter mit Gott und den anderen verbindet.

Hier zum Beitrag Herz-Jesu-Fest - nicht mehr typisch katholisch?


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