Weil sie jedoch nicht da sind, kennt die Gottesdienstgemeinde sie nur über ihre eigene Familie. Wie stehen sie in ihren Familien und zur religiösen Praxis ihrer Großeltern?
es sind die Kinder der Generation X. Sie gelten, weil für Eltern, Lehrer, Ausbilder und die Personaler in den Unternehmen und Institutionen schwer verstehbar, als geheimnisvoll. Wenn man sie fragt, wie sie die Welt erleben, dann muss man keinen Schleier des Geheimnisvollen zur Seite ziehen. Denn sie reagieren nur auf das Wertegerüst, das für sie als Kinder und Jugendliche so viele Annehmlichkeiten bereithielt. Sie genießen das weiter, wissen aber, dass es so nicht weitergehen kann. Das müssen sie nicht mühsam herausfinden. Es wird ihnen von denselben Erwachsenen erzählt, die vor lauter Arbeit keine Zeit für sie hatten.
Reaktion auf die Arbeitsorganisation der Eltern
Da sie eine fertige Welt vorfinden, mit Eigenheim, Handy, Auto, Großbildschirm und Tourismuszielen auf der ganzen Welt, sehen sie da keine Herausforderung, sondern wie jede nachwachsende Generation die Mängel. Mit ihrem kritischen Blick fragen sie: “Für was die viele Arbeit?” Sie haben die Zuneigung der Eltern erlebt und zugleich eine anonyme Macht, die die Eltern daran hinderte, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Das will die Generation X nicht weiterführen. Denn für diese Erwachsenengenration war die Bewährungsprobe nicht wie bei den Boomern noch, eine tragfähige Partnerschaft, ein lebendiger Freundeskreis. Denn sie hatten nur noch wenig Energie, ihr Familienleben zu gestalten, weil der Erfolg im Beruf viele Überstunden verlangte. Die beruflichen Pflichten hatten immer Vorrang. Daher mussten Partnerschaft und Familie wie von selber laufen.
Die Reaktion der Generation Z ist nicht rebellisch. Sie fragen, wie Arbeit und in Beziehungen leben ihre Zeitanteile ausbalanciert werden. Aus der Sicht nicht nur der Arbeitgeber ist das eine unzulässige Frage, vor allem, wenn sie gleich zu Anfang gestellt wird.
Die Elterngenration war mit Stellenmangel konfrontiert
Aber haben die Jungen nicht recht. Denn nicht wenige erleben an ihren Eltern, also der Generation X zwischen Ende 40 bis Ende 50, dass die Partnerschaft von innen her leer geworden ist und nur nicht selten Trennung als Zukunftsperspektive hat.
Die Elterngeneration kann diese Forderung nach weniger Arbeitszeit auch deshalb schwer verstehen, weil sie, als sie auf den Arbeitsmarkt drängten, nur unter großen Schwierigkeiten eine Anstellung finden konnten. Denn die Arbeitslosenquote stieg bis 2005. Das hat die Generation Y, die vor der Jahrhundertwende geboren wurde, noch erlebt, diese, Millennials genannt, sehen daher Beruf anderes als die Generation Z. Letztere erlebten nicht mehr, dass Arbeit das sichere Fundament für die Familie ist. Das hat Folgen für das gegenseitige Verstehen. Wenn die eigenen Kinder die Anerkennung in ihrer Freundesgruppe suchen und dieser daher viel Zeit widmen, zweifelt die Generation der Eltern und ihrer Soziologen, ob mit dieser Work-Life-Balance das Leben gelingen kann. Der Bestseller über die Zwanzigjährigen klebt der Generation Z das Etikett “arbeitsunfähig” auf den Rücken, während diese gelingende Beziehungen als Leitbild hat.
Allerdings widerspricht dieser Einschätzung die Shell-Jungendstudie. In der Werteskala wird „fleißig und ehrgeizig sein“ 2002 von 76% der Altersgruppe 12-25 Jahre bejaht, er erreicht 2024 bei den jetzt 12-25-Jährigen 83% Zustimmung.
Da die Frage nach der Arbeit nicht im Sinne der Generation Z gestellt wird, sondern aus der Sicht der Fünfzigjährigen, kommt das Neue, das die jungen Erwachsenen einbringen wollen, erst gar nicht in den Blick. Denn sie bejahen Arbeit und sehen sie als Voraussetzung, damit Familien und Freundschaften gelebt werden können.
Die Kirchen
Obwohl Beziehung gestalten der zentrale Wert der christlichen Gemeinde ist und Communio - Verbundenheit als die Basis für Gottesdienst, Caritas und Unterweisung gesehen wird, docken die jungen Erwachsenen nicht bei den Gemeinden beider Kirchen an. Kirche wird als irrelevant eingeschätzt. Ähnlich wie die Eltern bedauert werden, weil sie das nicht leben konnten, für das sie so viel Arbeit investiert haben, blicken sie eher mitleidig auf die Hauptamtlichen der Kirchen. Die vielen Religionsstunden, die Erstkommunion- und Firmvorbereitung haben nach ihrem Urteil keine religiöse Praxis begründet. Religiosität, so ihre Beobachtung, bietet den Ehepaaren, nicht selten den eigenen Eltern. keine Hilfe, das Auseinanderbrechen ihrer Partnerschaft aufzufangen.
Für den Wert “Freundschaft” brauchen sie die christliche Gemeinde nicht. Das gilt für beide Kirchen, so dass nicht der Missbrauch die Hauptursache ist, sondern für katholische Jugendliche hinzukommt. In unseren Interviews wurde nicht Missbrauch als Vorbehalt genannt, sondern das Theodizee-Problem.
- Bei katholische Jugendlichen ist das „Vertrauen in die Kirche“ von 38% 2002 auf 21% 2024 zurückgegangen
- Bei evangelischen Jugendlichen im gleichen Zeitraum von 31% auf 25%
- „Sehr wenig Vertrauen“ ist bei katholisch auf 47% bei evangelisch auf 42% gestiegen
Was haben die Groß-Kirchen Falsch gemacht?
Die Zahlen sagen erst einmal, dass sich beide Unternehmen vom Markt verabschiedet haben, zumindest gilt das für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Keiner und Keine der Befragten berichten, dass eine Kirche auf sie zugekommen isst. Katholischerseits wird man hören, dass das ein vorübergehendes Tief wegen des sexuellen Missbrauchs sei. Es ist aber nicht der Missbrauch selbst, sondern wie die Verantwortlichen damit umgegangen sind. Da die evangelische Kirche im Vertrauen ähnlich unter 30% gesunken ist, müsste es weitere Ursachen geben. Aus den Interviews können drei Bemerkungen weiterführen:
- Die, die uns unterrichtet haben, waren nicht sonderlich glaubhaft. Sie haben sozusagen nur den Stoff abgeliefert.
- Die Einschätzung der Bibel: Wenn es nur ein Buch mit schönen Geschichten ist, wie andere Bücher und Filme auch, dann kann sich daraus nicht etwas Entscheidendes ergeben.
- Das Klima in den Teams und Gruppen: Ob Unternehmen oder Kirche, die jungen Leute legen auf die Arbeitsatmosphäre genauso viel Gewicht wir auf die Sinnhaftigkeit des Ganzen. Es werden wohl eher Abstriche gemacht, was die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen betrifft als bei der Atmosphäre. Die Dauer-Konflikte, angefangen bei der Bischofskonferenz und der im Streit absolvierte Synodale Weg, erzeugen eine Ausstrahlung, für die die Generation Z eine besondere feine Wahrnehmung entwickelt hat. Es könnte sein, dass da, wo eine kommunikative Ausstrahlung spürbar wird, auch eher junge Erwachsene sich angesprochen fühlen.
Der Kern des Religiösen wird von Umfragen nicht erreicht
Die Ergebnisse der Befragung von 2.500 Jugendlichen misst nur die Zustimmung der von den Kirchen repräsentierte Religiosität, jedoch nicht die Religiosität derer, die sich nicht in der Vorstellung von Gott, wie sie die Kirchen vorlegen, wiederfinden. Sie sprechen von einer „Macht über mir“, „Etwas Größerem als ich“. Und finden dann Religionen und Weltanschauungen vor, die versprechen, dieser Macht ein Gesicht zu geben. Sie müssten das Angebot sichten um sihc dann für einen Weg zu entscheiden.
Die Frage, welcher Religion oder Weltanschauung sie folgen sollen, wird als sehr aufwändig erlebt, so dass oft keine Entscheidung für einen religiösen Weg zustande kommt. Die Religionen mit ihren Konfessionen sowie weitere Weltanschauungen fordern jedoch eine intensive Beschäftigung, ehe man sich entscheiden kann. Da es keine Kriterien gibt, die eine Entscheidung ermöglichen, bleibt die Frage offen. Das Christentum hat seine selbstverständliche Plausibilität verloren. Auch die Bibel wird nicht als Offenbarung verstanden, sondern als Sammlung guter Geschichten. Es bleibt die vage Vorstellung einer höheren Macht.
Was haben wir falsch gemacht?
Als Hauptamtlicher fordert mich das Wertebewusstsein der Generation Z heraus. Wir sind diesen Werten nicht gerecht geworden. Wir haben auch auf Arbeit vertraut. Hat mich die von mir vertretene Theologie und Spiritualität oder das Handwerk der Vermittlung an den nachwachsenden Generationen vorbeigeführt? Wir müssen schwerwiegende Fehler gemacht haben, wenn unser Einsatz kaum Spuren hinterlassen und eher Mitleid geweckt hat. Von den Protagonisten der digitalen Medien werden die Social Media als Weg zu den jüngeren Generationen angemahnt. Mi Sicherheit kann man sagen, dass schon die vorausgehende Generation Y nur digital erreichbar ist. Wie stellen die jungen Erwachsenen die Funktion dieser Medien dar:
Facebook&Co
Es geht um das Gleiche, was in der analogen Kultur für den Einzelnen entscheidend ist: Anerkennung zu finden, einen Platz zu haben, der mir von Anderen nicht genommen wird. Bei Instagram oder Tiktok habe ich diesen Platz, ich finde nicht nur vor Ort, sondern weltweit Freunde und Freundinnen. Wenn meine Posts gelesen und dann noch geliked werden, spüre ich Akzeptanz. Der neue Gott hat sich in den Social Media inkarniert. Die Nutzung bleibt nicht ohne Reflexion bei den Älteren. Diese fragen sich nach der menschlichen Realität, die sich hinter den immer positiv erscheinenden Fotos und Texte verbirgt. Da sie bei den Älteren die gleiche Mediennutzung wie in ihrer Generation beobachten, fühlen sie ihre Mediennutzung als „normal“ und nicht in einer besonderen Welt, in der Erwachsen nicht auch unterwegs wären.
Ein Weiteres wird an der Attraktivität von Instagram und Tiktok deutlich. So lange sich ein junger Mensch von der Anerkennung durch andere abhängig fühlt, findet er diese leichter in den Social Media. In diese Lücke stoßen die Provider mit ihren Belohnungsstrategien vor. Wird diese Zughörigkeit im Analogen nicht gefunden, motivieren die Sozialen Medien nicht, diese im Nahbereich zu suchen, denn sie wird ja bereits digital erlebt. Um die große Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsenen zu erreichen, die Akzeptanz in den Social Media suchen und denen dort ihr Platz nicht streitig gemacht wird, brauchen beide Kirchen eine Strategie. Das erwarten die jungen Leute zwar nicht, aber wenn man sie erreichen will, dann über die Social Media.
Die eigene Freundesgruppe sichern die Messengerdienste den Zusammenhalt. Man braucht den Gruppenraum oder einen anderen Treffpunkt nicht mehr, den früher die Jugendverbände gesichert haben. Die digitale Vernetzung ermöglicht schnelle Absprachen, wo man sich trifft. Die Gruppe erlebt sich öfter unterwegs als die Gruppen vor den Social Media. Sie sind öfter unterwegs zu Events, nicht nur ins Fußballstadium oder zur Eröffnung der Karnevalssaison.
Neben den medialen Erreichbarkeiten ist wohl ein Kriterienkatalog notwendig. Der hilft, die Religionen und Weltanschauungen zu beurteilen.
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