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Gemeinschaften sind Corona-resistenter

Corvid-19 wird uns weiter auf Abstand halten. Weil das Virus wahrscheinlich Nachfolger finden wird, wird sich unser Zusammenleben anders strukturieren. Wir alle werden uns darauf einstellen. Dafür sind die Seniorenwohnstifte Vorreiter. Ihre Bewohner gehören zur Risikogruppe und pflegen ein intensives Zusammenleben. Im Folgenden einige Konturen einer Lebensform, die uns Corona aufzwingt. Aus einem Gespräch mit der Direktorin des Augustinums in Bad Neuenahr, Caroline Hillesheim .

Etwa 400 Mitglieder der Risikogruppe für Corona leben in Appartements auf 15 Stockwerken, sie werden von 150 Angestellten versorgt. Der Lockdown war einschneidend. Die Mahlzeiten wurden vor die Tür des einzelnen Appartements gestellt. Die Bewohner sollten ihre Räumlichkeiten möglichst nicht verlassen. Das alles mit den Bildern aus Italien und Spanien in der Unsicherheit, wie ansteckend das Virus sein würde. Verwandte, Gäste, Postbote und andere Dienstleister durften das Haus nicht betreten. In dieser monatelangen Ausnahmesituation hat Corona gezeigt, wie stark der Mensch auf soziale Kontakte angewiesen ist. Der Wunsch nach Nähe sucht neue Formen - in virusbedingtem Abstand.

Es bleiben Maske, Händewaschen, keine Umarmung und doch Nähe

Wenn der Zustand, der jetzt erreicht ist, gehalten werden kann, dann gibt es gemeinsame Mahlzeiten im Speisesaal, Gottesdienste, Musik, Theater, Gartenfeste, jeweils mit größerem Abstand und begrenztem Platzangebot. Angehörige und Gäste werden wie früher am Eingang empfangen, jetzt mit Desinfektionsspray und Glaswand, die den früher offenen Empfang abschirmt. Bleiben wird das latente Gefühl, dass etwas "in der Luft liegt", das bedrohlich werden kann. Corvid-19 oder ein anderer Erreger wird das Verhalten beeinflussen. Die Zeit nach Corona wird sich anders anfühlen als die Jahre vorher. Sie fühlt sich in den Räumen des Wohnstifts auf jeden Fall sicher an. Man spürt, dass in diesem Haus alles getan wurde, um Ansteckung zu unterbinden.

Wird es geschlossenere Gemeinschaften geben?

Das Augustinum ist, trotz der Nähe, die das gemeinsam bewohnte große Gebäude mit sich bringt, mit dem Virus fertig geworden. Es ist anders als in einem Bahnhof oder einem Zug. Der Anspruch, durch mein Verhalten andere nicht zu gefährden, wird leichter befolgt, weil man sich kennt und sich wieder begegnen wird. Wenn das Virus zurückkommt oder ein anderes ihm folgt, wird es nicht mehr die Leichtigkeit im Kontakt geben. Werden dann die Menschen Schutz in überschaubaren Gemeinschaften suchen? Das hat es immer wieder gegeben. Im Mittelalter zogen sich die Menschen auf Berge zurück, bauten Burgen oder Mauern, weil ständige Fehden zu bedrohlich geworden waren. Als die Nationalstaaten den Waffenbesitz stärker reglementierten (in Europa), die Straßen und Stadtviertel effektiver kontrolliert wurden, konnten die Stadtbefestigungen in Parks umgewandelt werden. Doch die Nationalstaaten umgaben sich mit Grenzsicherungen. Diese konnten für Europa Schritt für Schritt abgebaut werden. Der Tourismus und die globalisierte Wirtschaft ermöglichten es, dass jeder fast in jedes Land reisen konnte. Genau damit waren dem Virus die Bahnen geebnet, sich weltweit zu verbreiten. Die Mauern, die möglicherweise neu aufgerichtet werden, sind nicht mehr aus Stein und auch nicht mehr durch Grenzsteine und Polizei gebildet, sondern durch Testlabore und Durchlasskontrollen, für die man Bescheinigungen zum Gesundheitszustand braucht. Oder man muss, wie in Neuseeland, 14 Tage in einer Unterkunft in Flughafennähe ausharren, Quarantäne als Einreiseprozedur. Sicherheit verspricht eine Gemeinschaft, in der sich die Mitglieder an die Hygienevorschriften halten. Wenn der andere sich an die Regeln hält, bin auch ich geschützt. Diese, durch eine gewisse Disziplin erreichte Sicherheit, könnte zu neuen Wohnformen und sogar zur stärkeren Abgrenzung von Stadtvierteln führen. Es könnte sogar in den Zügen die Verteilung auf 1. und 2. Klasse verändern, nämlich dass die Plätze je nach dem elektronischen Gesundheitsausweis verteilt werden. Ein Wohnstift ist seit Covid-19 nicht mehr bloß als seniorengerechter Aufenthaltsort einzustufen, sondern würde mit als erstes die Formen des Zusammenlebens entwickeln, die die Gesellschaft dann übernehmen kann. Dass solch eine Wohngemeinschaft einer Pandemie nicht ausgeliefert ist, sondern sich schützen kann, ist ein beruhigendes Zeichen.

Augustinum Bad Neuenahr


Kategorie: Orte

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