In Brandburg hat die Linke 7,9 gegenüber 2014, die CDU 7,4, die SPD 5,7% ihrer Wähler verloren. Ebenso in Sachsen ist sie der größte Verlierer, 10,3%, die CDU 7,2%, die SPD 4,7%. In beiden Ländern hat die Linke ungefähr die Hälfte ihrer Wähler verloren. Das muss alle aufhorchen lassen. Denn ist nicht eigentlich die Linke das Bollwerk gegen nationale Engführung, Abgrenzung gegen Immigranten? Offensichtlich genügt das Soziale nicht, es muss einen Überbau von Kultur geben, Vorstellungen, für was ein Staat da ist, was die Parteien zu tun haben. Die Großinstitutionen wie Gewerkschaften, Kirchen, Kultureinrichtungen sind gefragt, denn die Parteien sind nicht zuständig, in welcher Kultur, in welchem Selbstverständnis die Bürger leben wollen. Eines wird deutlich: Das Phänomen AfD lässt sich nicht durch soziale Wohltaten auflösen. Das ist auch das Problem der SPD.
Die im Osten Gebliebenen suchen einen sicheren Rahmen
Die weitere Erhöhung der Sozialausgaben im Bundesetat hat das Wahlergebnis der SPD nicht verbessert. Ständige Forderungen der Linken gehen in die gleiche Richtung, haben aber die bisherigen Nichtwähler zur Stimmabgabe für soziale Wohltaten nicht gewinnen können, sondern eine Partei mit ganz anderen Versprechen – nationale Identität durch Abgrenzung, Leugnung der Klimakatastrophe, Widerstand gegen die Auflösung bisheriger Ordnungen. Da die der bewegliche Teil der Bevölkerung nur in Dresden, Leipzig und Berlin innovative Arbeitsplätze gefunden hat, sind viele, vor allem Frauen, in die westlichen Ballungszentren gezogen. Diejenigen, die mit der Nachwendezeit unzufrieden sind, haben wohl mit dem, was der Westen gebracht hat, weiterhin Schwierigkeiten. Die AfD gibt ihnen eine Stimme. Das wird auch an den Wählerstimmen für die FDP deutlich. Die Partei, die größtmögliche Wahlmöglichkeiten, geringe Regulierung durch den Staat, Forcierung des Individualismus verspricht, hat keine 5% der Stimmen bekommen. Auch die Grünen profitieren nicht von der hohen Wahlbeteiligung, +2,9 in Sachsen, mehr mit +4,6 in Brandenburg. Die Nachwirkungen der Nachwendezeit bestimmen wohl das Wahlverhalten
Am Anfang der Wende stand der Zusammenbruch
Kenner der ostdeutschen Befindlichkeiten sagen übereinstimmend, dass die nachkommunistische Ära mit einem Zusammenbruch der bisherigen Arbeitswelt und so mit großer Arbeitslosigkeit begann. Es scheint so, dass weniger die totale Kontrolle durch die STASI das empfindlichere Trauma ist, sondern die wirtschaftliche Unsicherheit. Auf diese Erfahrung war man als DDR-Bürger nicht vorbereitet. Zudem wirkt die Disziplin, die das System durchgesetzt hat, weiter. Was an Strukturen, an die man sich halten konnte, da war, wurde jedoch durch den Einfluss des Westens aufgelöst.
Die neue Welt, die dann noch von Westlern dirigiert wird, bietet viel weniger stützende Strukturen. Der größere Freiraum ist mit mehr Risiko behaftet, der Staat sorgt nicht so umfassend, Arbeitslosigkeit wird als demütigend erfahren und die Überheblichkeit vieler Wessis verstärken dieses Empfinden.
Es braucht demokratische Kulturarbeit
Alle Parteien sollten sich nicht zutrauen, dass sie die AfD einfach mit mehr sozialen Wohltaten wegblasen könnten. Der Staat kann es auch nicht richten, vielmehr sollten die Kulturinstitutionen, Kirchen und Gewerkschaften in die Pflicht genommen werden, ein Staatsverständnis aufzubauen. Demokratie muss als die Staatsform erkennbar werden, die dem einzelnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Die von den AfD-Wählern gewünschten stützenden Strukturen können nicht allein die politischen sein. Das Wohlfahrtsmodell, das die reichlich fließenden Steuereinnahmen verteilt, wirt auch für dne Westen nicht ausreichen. Denn die Künstliche Intelligenz wird die Berufswelt sehr viel tiefer umpflügen als der Kapitalismus die DDR-Wirtschaft, die herannahende Klimakatastrophe wird sehr viel Geld verschlingen. Deshalb braucht es ein anderes Staatsdenken, so wie es die Staaten aufbauen mussten, die von der Finanzkrise erfasst wurden. In Irland und Portugal ist das gelungen, in Griechenland wohl nicht so erfolgreich. Deshalb sind alle gesellschaftlichen Gruppen gefragt, Strukturen im vorpolitischen raum, Nachbarschaft, gegenseitige Solidarität aufzubauen. Was für die Flüchtlinge in großem Maß gelungen ist, brauchen wir bald für die Krisen, die die goldenen Jahre beenden werden.
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